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Lewis, Michael

Lewis, Michael

Titel: Lewis, Michael Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: The Big Short
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davon abhängig gewesen, in wessen Nähe man ihn gelassen
hatte. Am 14. März 2008 ließ man ihn nun in die Nähe eines der größten und
berühmtesten Investoren in Wall-Street-Banken und des illustren ehemaligen
US-Notenbankpräsidenten. An den Märkten ging es hektisch zu - es gab Gerüchte,
dass Bear Stearns in Schwierigkeiten sein könnte -, aber wenn sie die Wahl
hatten, die Märkte zu beobachten oder Eismans Auftritt mitzuerleben, brauchten
Danny Moses, Vinny Daniel und Porter Collins nicht lange zu überlegen. »Seien
wir mal ehrlich«, sagte Vinny. »Es ging uns um die Unterhaltung. Es ist wie Ali
gegen Frasier. Wieso sollte man sich das nicht anschauen wollen?« Also fuhren
sie zu dem Schlagabtausch, setzten sich aber in die letzte Reihe und stellten
sich darauf ein, sich wenn nötig zu verstecken.
    Eisman
saß an einem langen Tisch mit dem legendären Bill Miller. Miller erklärte drei
Minuten lang, warum seine Investition bei Bear Stearns klug sei. »Und nun zu
unserem Bären«, kündigte Mike Mayo an. »Steve Eisman.«
    »Dazu
muss ich aufstehen«, sagte Eisman.
    Miller
hatte seine kurzen Ausführungen im Sitzen gemacht. Die Veranstaltung war eher
als Podiumsdiskussion denn als Abfolge mehrer Reden gedacht, aber Eisman ging
zum Rednerpult. Er bemerkte seine Mutter in der dritten Reihe, nicht aber seine
Partner hinten im Saal oder die 20 Leute, die sie mobilisiert hatten (freier
Eintritt bei Ali gegen Frasier!), und schickte sich an, das US-Finanzsystem mit
unbarmherziger Logik auseinanderzunehmen. »Warum es dieses Mal anders ist«
lautete der Titel seiner Rede, obwohl immer noch nicht klar war, ob er
überhaupt eine förmliche Rede halten sollte. »Wir erleben gerade das größte
Deleveraging in der Geschichte der Finanzdienstleistungen, und es geht immer
weiter«, erklärte er. »Es gibt keine andere Lösung als die Zeit. Zeit, sich
die Mühe zu machen...«
    Als
Eisman aufgestanden war, hatte Danny sich instinktiv tiefer in seinen Sessel
verkrochen. »Es besteht immer die Möglichkeit, dass es peinlich wird«, sagte Danny.
»Aber es ist, wie wenn man einen Autounfall sieht. Man kann einfach nicht nicht hinschauen.« Um ihn herum
beugten sich Männer über ihre BlackBerrys. Sie wollten zwar hören, was Eisman
zu sagen hatte, aber die Börse lenkte sie von der Show ab. Um 9.13 Uhr, als
Eisman gerade seinen Platz auf dem Podium eingenommen hatte, hatte Bear Stearns
bekannt gegeben, dass die Bank einen Kredit von J. P. Morgan erhalten habe.
Neun Minuten später, als Bill Miller erklärt hatte, warum es gut sei,
Bear-Stearns-Aktien zu besitzen, hatte Alan Schwartz eine Presseerklärung
abgegeben, die mit den Worten begann: »Bear Stearns war vielfältigen Gerüchten
über unsere Liquidität ausgesetzt«. Liquidität. Wenn ein Manager erklärte, seine Bank habe genügend
Liquidität, bedeutete das immer, dass es nicht so war.
    Um
9.41 Uhr, also etwa um die Zeit, als Eisman ans Rednerpult trat, verkaufte
Danny einige Bear-Stearns-Aktien, die Eisman seltsamerweise am Abend zuvor für
53 US-Dollar pro Stück gekauft hatte. Obwohl sie ein paar Dollar verdient
hatten, war rätselhaft, warum Eisman sie gegen die Einwände aller anderen
gekauft hatte. Ab und an tätigte Eisman in geringem Umfang ein kurzfristiges
Geschäft, das ihren sämtlichen Überzeugungen völlig zuwiderlief. Danny und
Vinny vermuteten, dass in diesem Fall Eismans Affinität zu Bear Stearns dahintersteckte.
Eisman identifizierte sich mit dieser meistgehassten Wall-Street-Bank, die vor
allem deshalb berüchtigt war, weil es ihr völlig gleichgültig war, ob ihre
Konkurrenten eine gute Meinung von ihr hatten. »Er sagte immer, niemand könnte
jemals Bear Stearns übernehmen, weil die Firmenkultur sich nie in eine andere
integrieren ließe«, erklärte Vinny. »Ich glaube, er fand ein Stück von sich
selbst darin wieder.« Eismans Frau Valerie hatte ihre eigenen Vermutungen: »Es
ist für ihn ein merkwürdiges Gegengift gegen seine Theorie, dass die Welt
zusammenbrechen wird. Immer mal wieder taucht er zu Hause mit einer total
abstrusen Long-Position auf.«
    Welche
psychologischen Hintergründe Eismans plötzlicher Drang, am Nachmittag des
Vortages einige Bear-Stearns-Aktien zu kaufen, auch gehabt haben mochte, Danny
war nur froh, sie los zu sein. Eisman erklärte gerade, warum die Welt
zusammenbrechen würde, aber seine Partner hörten nur mit halbem Ohr zu ... denn
die Finanzwelt brach gerade zusammen. »In dem Augenblick, als Steve zu reden

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