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Lewis, Michael

Lewis, Michael

Titel: Lewis, Michael Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: The Big Short
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die
Dummköpfe in Deutschland, Wing Chau und ähnliche CDO-Manager, auch wenn nicht
ganz klar war, mit wessen Geld sie diese Wertpapiere gekauft hatten. Die Ambac
Financial Group und MBIA Inc., die lange vor allem Kommunalobligationen
versichert hatten, waren in diese Sparte eingestiegen, als AIG ausgestiegen
war, und waren jeweils mit etwa 10 Milliarden US-Dollar engagiert. Tatsächlich
war weder abzuschätzen, wie groß die Verluste waren, noch bei wem sie lagen.
Klar war lediglich, dass jedem Wall-Street-Unternehmen, das stark auf dem Subprime-Markt
unterwegs war, wahrscheinlich weitaus höhere Verluste drohten, als es zugab.
Bear Stearns war massiv auf dem Subprime-Markt engagiert. Auf jeden US-Dollar
Eigenkapital hatte die Bank 40 US-Dollar auf ihre Subprime-Hypothekenanleihen
spekuliert. Die Frage lautete nicht, ob Bear Stearns je bankrott gehen, sondern
wie die Bank überleben könnte.
    Als
Steve Eisman seine kleine Rede beendete und auf dem Rückweg an seinen Platz an
Bill Miller vorbeikam, klopfte er ihm beinahe mitleidig auf den Rücken. In der
folgenden kurzen Fragestunde wies Miller darauf hin, dass ein Bankrott von Bear
Stearns unwahrscheinlich sei, weil große Wall-Street-Investmentbanken bisher
nur Konkurs gegangen seien, nachdem man sie bei kriminellen Handlungen
erwischt habe. »Es ist erst fünf nach zehn. Warten Sie es ab«, platzte Eisman
heraus. Davon abgesehen blieb er nahezu höflich. Am anderen Ende des Saales
empfanden Danny und Vinny jene seltsame Mischung aus Erleichterung und
Enttäuschung, die sich einstellte, wenn ein Tornado knapp an der Großstadt
vorbeizog.
    Nicht
Eisman, sondern ein junger Mann in den hinteren Reihen brachte die Stimmung im
Saal zum Kippen. Er wirkte wie Anfang 20 und hatte wie alle anderen ständig auf
seinem BlackBerry herumgetippt, während Miller und Eisman gesprochen hatten.
»Mr. Miller, seit Sie gesprochen haben, sind Bear-Stearns-Aktien um über 20
Punkte gefallen«, rief er. »Würden Sie jetzt noch mehr kaufen?«
    Miller
wirkte verdutzt. »Er hatte eindeutig keine Ahnung, was passiert war«, sagte
Vinny. »Er antwortete bloß: >Ja, sicher würde ich noch mehr kaufen.<«
    Danach
eilten die Männer aus dem Saal, offenbar um ihre Bear-Stearns-Aktien zu
verkaufen. Als Alan Greenspan eintraf, um seine Rede zu halten, war kaum noch
jemand da, der hören wollte, was er zu sagen hatte. Das Publikum war
verschwunden. Bis zum Montag war auch Bear Stearns verschwunden, für 2
US-Dollar pro Aktie an J. P. Morgan verkauft.*
     
    * Später wurde der Preis auf 10 US-Dollar pro Aktie
revidiert.
     
    Die
Leute, die in New York um 6.40 Uhr aus dem U-Bahn-Eingang an der Nordostecke
der Madison Avenue und der 47. Straße kamen, verrieten eine Menge über sich,
wenn man wusste, worauf man achten musste. So arbeitete vermutlich jeder, der
um diese Zeit dort war, an der Wall Street. Die Leute, die aus den
U-Bahn-Eingängen in der Umgebung der Penn Station kamen, in die Vincent
Daniels Zug gerade einfuhr, waren nicht ganz so einfach einzuordnen. »In Vinnys
Morgenzug sind nur 55 Prozent Finanzleute, weil da die Bauarbeiter ankommen«,
erklärte Danny Moses. »In meinem sind es 95 Prozent.« Für ungeübte Beobachter
bildeten die Fahrgäste, die aus den Vororten in Connecticut an der Grand
Central Station eintrafen, eine undifferenzierte Masse, aber Danny bemerkte in
dieser Menge viele kleine, aber bedeutende Unterschiede. Klebten sie an ihren
BlackBerrys, waren sie vermutlich bei einem Hegdefonds tätig und informierten
sich gerade über ihre Gewinne und Verluste an den asiatischen Märkten.
Schliefen sie im Zug, waren sie wahrscheinlich im Verkauf, vermutlich Broker,
die bei diesem Spiel nichts zu verlieren hatten. Wer eine Aktenmappe oder
Tasche trug, hatte höchstwahrscheinlich nichts mit dem Verkauf zu tun, denn
eine Tasche brauchte man allenfalls, um Makleranalysen mit sich
herumzuschleppen, und Broker lasen ihre eigenen Berichte nicht - zumindest
nicht in ihrer Freizeit. Wer die New York Times bei sich hatte, arbeitete vermutlich als Anwalt, in
der Verwaltung oder in der Finanzbranche, ohne mit den eigentlichen Märkten zu
tun zu haben.
    Auch
die Kleidung verriet viel. Die Leute, die Geld bewegten, waren angezogen, als
gingen sie zu einem Baseballspiel der Yankees. Da bei ihnen nur die finanzielle
Performance zählen sollte, erregte es Misstrauen, wenn sie sich zu gut
kleideten. Sah man einen Vertreter der Kaufseite im Anzug, bedeutete es in der
Regel, dass er in

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