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Lewis, Michael

Lewis, Michael

Titel: Lewis, Michael Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: The Big Short
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Geschenkfür
euch.
    Die
institutionellen Investoren wussten - zumindest eingangs - nicht so recht, was
sie von ihm halten sollten. »Ich glaube, er leidet an einer Art narzisstischer
Persönlichkeitsstörung«, sagte ein Kapitalverwalter, der sich Lippmanns
Argumente zwar angehört, aber dann doch nicht zugeschlagen hatte. »Er hat uns
eine Höllenangst eingejagt«, berichtete ein anderer. »Er taucht aus dem Nichts
auf und schildert sein raffiniertes Manöver. Und es klingt alles sehr vernünftig.
Das Risiko für uns war: Wenn wir es durchziehen und es funktioniert - was
dann? Wie steigen wir aus? Er kontrolliert den Markt. Er ist eventuell der
Einzige, an den wir verkaufen können. Und er sagt: >Aus diesem Schwimmbecken
kann nur ich euch wieder heraushelfen. Und wenn ihr um ein Handtuch bittet,
reiße ich euch die Augäpfel raus.< Er hat tatsächlich gesagt, dass er uns
die Augäpfel herausreißen will. Der Kerl war komplett unverstellt.«
    Die
Idee gefiel ihnen zwar, die Aussicht auf die Augapfelentfernung allerdings
nicht. »Gegen Greg sprach«, sagte der betreffende Fondsmanager, »dass er zu
offen war.«
    Lippmann
bekam die üblichen Einwände zu hören, die jeder Anleihenkunde an der Wall
Street jedem Anleihenverkäufer entgegen hielt. Wenn das so ein gutes Geschäft
ist, warum bieten Sie es dann mir an? Er hörte aber auch andere, nicht so übliche Einwände.
Wer Credit Default Swaps (CDS) erwarb, zahlte vielleicht jahrelang Versicherungsprämien,
während er darauf wartete, dass amerikanische Hausbesitzer ihre Raten nicht
mehr bedienen konnten. Rentenmarktinvestoren hatten aber wie Rentenmarkthändler
eine tief verwurzelte Abneigung gegen Transaktionen, bei denen sie für den Einstieg
bezahlen mussten. Sie interessierten sich instinktiv für Trades, bei denen der
Rubel schon rollte, wenn sie morgens ins Büro kamen. (Ein gewichtiger
Rentenmarktinvestor taufte seine Yacht Positive Carry - positiver Übertrag.)
Geschäfte, bei denen sie über 2 Prozent pro Jahr berappen mussten, um sich
daran beteiligen zu können, waren ihnen ein Gräuel. Andere Investoren fanden
andere Einwände. »Ich kann meinen Anlegern Credit Default Swaps nicht
erklären«, war eine gängige Reaktion auf Greg Lippmanns Verkaufspräsentation.
Oder: »Ich habe einen Cousin, der arbeitet bei Moody's und meint, das Zeug
[Subprime-Hypothekenanleihen] ist wirklich gut.« Oder: »Ich habe mit Bear
Stearns gesprochen, und dort hält man Sie für verrückt.« Mit einem
Hedgefondsmanager verbrachte Lippmann 20 Stunden und dachte schon, der Deal sei
unter Dach und Fach, als dieser mit seinem Zimmergenossen aus dem College
telefonierte, der bei einem Eigenheimbauer arbeitete, und seine Meinung prompt
änderte.
    Doch
die häufigste Antwort, die Lippmann von Investoren im Verkaufsgespräch bekam,
war: »Sie haben mich überzeugt. Sie haben bestimmt recht. Aber es ist nicht
meine Aufgabe, auf dem Subprime-Markt short zu gehen.«
    »Genau
deshalb hat sich diese Chance aufgetan«, entgegnete Lippman dann. »Niemand
sieht das als seine Aufgabe an.«
    Auch
Lippmanns Aufgabe war es nicht. Er sollte lediglich als Mautstelle fungieren
und allen Käufern und Verkäufern, die durch seine Trading-Bücher gingen, einen
kleinen Obolus abzwacken. Doch inzwischen hatte er zu seinem Markt und zu
seinem Arbeitgeber eine andere, hintersinnigere Beziehung. Man mochte ihm die
Short-Position aufgezwungen haben, doch Ende 2005 war er so überzeugt davon,
dass er sie auf 1 Milliarde US-Dollar aufgestockt hatte. 16 Stockwerke tiefer
im Gebäude der Deutschen Bank an der Wall Street kauften mehrere hundert
hochbezahlte Mitarbeiter Subprime-Hypothekendarlehen, verschnürten sie zu
Anleihen und verkauften sie. Eine andere Gruppe verpackte die am wenigsten ansprechenden,
unverkäuflichen Tranchen dieser Anleihen und CDS auf die Anleihen zu CDOs. Je
mehr Lippmanns Short-Position anwuchs, desto ausgeprägter wurde seine
implizite Verachtung für diese Menschen und ihre Branche - eine Branche, die
sich rasch zum rentabelsten Geschäftszweig der Wall Street entwickeln sollte.
Die laufenden Kosten in Form der Prämien, die Lippmann zahlte, beliefen sich
auf zig Millionen US-Dollar pro Jahr, und seine Verluste wirkten sogar noch
größer. Der Käufer eines Credit Default Swaps verpflichtete sich zur Zahlung von Prämien über
die gesamte Lebensdauer der zugrunde liegenden Hypothekenanleihe. Solange sich
die Basisanleihen in Umlauf befanden, mussten Käufer und Verkäufer von

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