Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lewis, Michael

Lewis, Michael

Titel: Lewis, Michael Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: The Big Short
Vom Netzwerk:
Schicksal beide Seiten wetteten, dabei nicht.
Schon seltsam, aber sie gab es im Grunde nur, damit auf ihr Geschick spekuliert
werden konnte.
    Der
Markt für »synthetische« Instrumente beseitigte sämtliche Hemmungen, was das
Ausmaß von Risiken anging, die mit der Vergabe minderwertiger Hypotheken
verbunden waren. Wer eine Wette über 1 Milliarde US-Dollar abschließen wollte,
der brauchte dazu keine realen Hypothekendarlehen über 1 Milliarde US-Dollar
mehr. Er musste auf dem Markt nur jemanden auftreiben, der bereit war, dagegen
zu wetten.
    Kein
Wunder also, dass Goldman Sachs Mike Burry plötzlich so bereitwillig Credit
Default Swaps in mächtigen 100-Millionen-Dollar-Tranchen verkaufte oder dass es
dem Anleihenhändler von Goldman Sachs so überraschend gleichgültig war, gegen
welche Subprime-Anleihen Mike Burry wettete. Die Versicherung, die Mike Burry
kaufte, wurde in ein synthetisches CDO integriert und an AIG weitergegeben. Die
von AIG an Goldman Sachs verkauften Credit Default Swaps über rund 20
Milliarden US-Dollar bedeuteten für Goldman Sachs risikolose Gewinne in Höhe
von rund 400 Millionen US-Dollar. Pro Jahr. Die Transaktionen liefen so lang
wie die zugrunde liegenden Anleihen, und deren erwartete Lebensdauer betrug
sechs Jahre. Daraus ließ sich für den Händler von Goldman ein Gewinn von 2,4
Milliarden US-Dollar hochrechnen.
    Diese
neueste Methode der Wall Street, den Rentenmärkten Gewinne abzuringen, hätte
ein paar Fragen aufwerfen sollen. Warum ließen sich die angeblich so versierten
Händler bei AIG FP auf so etwas ein? Wenn es sich bei Credit Default Swaps um
Versicherungen handelte, warum unterlagen sie dann nicht den
Regulierungsvorschriften für Versicherungen? Warum musste AIG dafür
beispielsweise kein Eigenkapital vorhalten? Und warum waren Moody's und
Standard & Poor's eigentlich bereit, 80 Prozent der fragwürdigen Hypothekendarlehen
mit demselben AAA-Rating zu benoten, das sie den Schuldtiteln des
US-Schatzamtes verliehen? Wieso stand bei Goldman Sachs niemand auf und sagte:
»Das ist doch unanständig. Die Ratingagenturen, die am Ende die Preise all
dieser Subprime-Hypotheken beeinflussen, verstehen eindeutig nicht, welche
Risiken damit verbunden sind. Durch ihr Unwissen ist die Katastrophe
programmiert.« Ganz offensichtlich stand für die Markt-Insider eine ganz andere
Frage im Vordergrund: Wie kann ich selbst nachmachen, was Goldman Sachs da tut?
Vor allem der Deutschen Bank war es anscheinend fast peinlich, dass Goldman
Sachs als erstes Unternehmen auf diese Goldader gestoßen war. Neben Goldman war
die Deutsche Bank führender Marketmaker für abstruse Hypothekenderivate.
Düsseldorf spielte auf dem neuen Markt eine gewisse Rolle. Wenn es dumme
Deutsche gab, die bereitstanden, um minderwertige US-Hypothekenderivate aufzukaufen,
hätte die Deutsche Bank diese als Erste ausfindig machen müssen.
    Greg
Lippmann machte sich darüber offenbar keine Gedanken. Schließlich war nicht er
für das CDO-Geschäft des Instituts zuständig, sondern ein Kollege namens
Michael Lamont. Lippmann war bloß ein Trader, dessen Aufgabe im Kauf und
Verkauf zweitklassiger Hypothekenanleihen und im weiteren Sinne auch von Credit
Default Swaps auf Subprime-Hypothekenanleihen bestand. Doch angesichts der
geringen Zahl von Investoren, die klar gegen den Markt für Subprime-Anleihen
wetten wollten, beknieten Lippmanns Vorgesetzte ihn, sich zu opfern, de facto
als Double für Mike Burry einzuspringen und explizit gegen den Markt zu
spekulieren. Wenn Lippmann Credit Default Swaps von der CDO-Abteilung der
Deutschen Bank kaufte, könnte sie ebenfalls solche Transaktionen mit AIG
tätigen, bevor AIG wach wurde und ausstieg. »Greg musste CDOs shorten«, meinte
ein ehemaliges leitendes Mitglied des CDO-Teams der Deutschen Bank. »Ich sage,
er musste, aber in Wirklichkeit lässt sich Greg zu nichts zwingen.« Es gab
einiges Gezerre mit den Leitern des CDO-Geschäfts seines Unternehmens, doch
Lippmann fühlte sich mit seiner Short-Position in Subprime-Hypothekenanleihen
letzten Endes nicht wohl.
    Aber
Lippmann hatte zumindest einen guten Grund, nicht auf die Barrikaden zu gehen:
Der Markt, der darauf wartete, geschaffen zu werden, versprach fantastische
Gewinne. Die Finanzmärkte sind ein Meer von Meinungsverschiedenheiten. Je
weniger transparent der Markt und je komplexer die Wertpapiere, desto mehr
können die Handelsabteilungen der großen Wall-Street-Unternehmen an diesen
Meinungsverschiedenheiten

Weitere Kostenlose Bücher