Lewyn - Die Halbelbin: Reise durch Garnadkan (German Edition)
weiteren Teil meiner Fähigkeiten. Keineswegs zu früh.“
„Verzeih mein Zweifeln. Aber du schienst die Grenze bereits überschritten zu haben. Dies war wohl auch deine Ansicht. Du tatest einen unglaublichen Schritt.“ In Erinnerung dessen, wie sie sich das Messer ins Fleisch getrieben hatte, schüttelte er wieder und wieder mit dem Kopf. Sie hätte tot sein müssen. „Es ist schön, dass dir die Ye’uschel helfen konnten. Ashnorog war sich da nicht so sicher.“
„Ich weiß. Es war nicht nur das Feuer des Lebens, das mich zurückkehren ließ.“ Dann wandte sich die junge Magierin dem Mann zu, der bis jetzt schweigend und doch glücklich lächelnd an der Seite gestanden hatte. Nun überbrückte er den knappen Abstand. Als er direkt vor ihr stand, schloss er sie in seine Arme. Er hatte eine weitere Chance erhalten, seine Tochter begleiten, schützen und kennen lernen zu dürfen. Ein leichtes Zittern lief durch seinen Körper. Gleich darauf wich er jedoch erschrocken zurück. Vor lauter Freude hatte er vergessen, dass sie seine Nähe noch immer nur schwer akzeptieren konnte.
„Verzeih, ich bin zu weit gegangen. Aber du lebst, bist nicht tot!“ Er hatte geglaubt, sie würde ihn von sich stoßen, vielleicht erneut nach den Waffen greifen. Aber dergleichen geschah nicht. Sie war ruhig stehen geblieben. Selbst ein leichtes Schmunzeln schien sich um ihren Mund zu legen. Beinahe verlegen reagierte er darauf.
„Ich freue mich auch, euch wiederzusehen, euch beide. Meine Erwartung dahingehend war sehr gering. Doch jetzt sollten wir schnell eine große Distanz zwischen uns und dieses Dorf bringen. Es beherbergt zwei dunkle Magier. Ich bin froh, ihren Fängen entkommen zu sein. Zudem erwarten sie ihren Herrn. Ich hoffe sehr, dass es nicht Osgh oder Whengra ist. Ich wäre ihnen derzeit nicht annähernd ebenbürtig.“
„Nun, deine Kräfte sind schon wieder beträchtlich. Ich konnte es in der Siedlung sehen. Aber du hast Recht, wir sollten reiten. Denn tauchen die beiden Halunken gemeinsam auf, wird uns auch meine Stärke nicht ewig helfen.“
„Du warst da? Warum hast du nicht geholfen? Ich wäre für Unterstützung äußerst dankbar gewesen. Auch könnten wir jetzt schon weit weg von hier sein.“ Hatte Lewyn ihren Vater gerade noch mit freundlichen Blicken bedacht, so war dies nun vorbei.
„Dadurch weißt du aber, wie weit dir deine Fähigkeiten wieder zur Verfügung stehen. Du darfst mir nicht zürnen. Es war notwendig, dich dies weitestgehend allein durchstehen zu lassen. Doch war ich immer an deiner Seite. Ich hätte jederzeit eingreifen können.“ Wieder wagte er ein zaghaftes Lächeln. Ebenso leicht beantwortete es seine Tochter.
„Natürlich. Du hast Recht. So aber wirst du mit den Folgen deines Abwartens leben müssen.“ Sie grinste ihn jetzt breit an. „Ich habe ganz gewaltigen Hunger. Und wenn du mir keinen Proviant mitgebracht hast, musst du mein Magenknurren ertragen, bis du für Abhilfe gesorgt hast.“ Nun lachten auch die Männer. Der Hunger war ein gutes Zeichen. Das letzte Ziel würde sicher bald erreicht sein.
Es war bereits später Abend, als sich über dem kleinen Dorf Halkareg eine mächtige Gewitterfront zusammenzog. Schnell war nicht mehr auch nur der geringste Lichtschein zu erkennen. In den starken Regen hatten sich bald riesige Hagelkörner gemischt. Der Boden war rasch von ihnen bedeckt. Ein Blitz jagte den anderen, wobei der Nachfolgende immer gewaltiger schien als sein Vorgänger. Im Nu stand das angrenzende Wäldchen in Flammen. Dort waren mehrere Bäume von den gleißenden Lichtbällen getroffen. Unter starkem Getöse brachen sie auseinander und entließen schließlich das Feuer aus ihren Wunden. Es dauerte einige Zeit, bis das Schlimmste vorüber war. Und da weder Jahreszeit noch gegenwärtige Bedingungen auf ein solches Unwetter hatten schließen lassen, waren sich die Bewohner sicher, dass ihr Herr sich ankündigte. Allerdings würde sein Empfang anders verlaufen, als sie es sich gedacht hatten. Ängstlich warteten die Einwohner auf seine Ankunft. Aber entgegen seiner früheren Eintreffen, tauchte er in dieser Nacht nicht plötzlich in ihrer Mitte auf. Auf herkömmlichem Wege kam er, umgeben von mehreren tausend seiner verhornten stinkenden Bestien. Das Feuer im Wald fand schon keine Nahrung mehr, als sich das gleichmäßige Marschieren aus dieser Richtung vernehmen ließ. Zu erkennen war aber vorerst nichts. Dicker Nebel drang langsam durch die qualmenden Überreste des
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