Lexikon der Oeko-Irrtuemer
erlaubt. 6 Der Zufluß von Schadstoffen aus Rhein, Weser und Elbe ist geringer geworden. 7 Forscher fanden 1997 in der Nordsee deutlich weniger mißgebildete Fische als früher. 8
Ganz ähnlich verläuft die Entwicklung in der Ostsee. Dieses kleine Meer ist besonders bedroht, denn es wird fast gänzlich von Festland eingerahmt und kann sein Wasser nur etwa alle 35 Jahre erneuern. Schlimmstes Problem war und ist die Eutrophierung (Überfrachtung mit Nährstoffen), die vor allem auf den übertriebenen Einsatz von Gülle und Mineraldünger in der Landwirtschaft zurückzuführen ist:
Die Nordsee leidet unter der Landwirtschaft
Die Überdüngung ist das ökologische Hauptproblem der Nordsee: Stickstoff und Phosphor gelangen über die Flüsse im deutschen Einzugsgebiet der Nordsee ins Meer. Der schlimmste Verursacher beim Stickstoff ist mit großem Abstand die Landwirtschaft. Obendrein kamen 1995 noch über 1,4 Millionen Tonnen Stickstoff aus der Atmosphäre hinzu (Verursacher: Verkehr, Landwirtschaft, Industrie, Kraftwerke). Gegenüber den achtziger Jahren geht die Nährstofffracht jedoch zurück. (Quelle: Umweltbundesamt 1996)
So gelangen große Mengen Phosphat und Stickstoff ins Meer. Der Meeresgrund verfault, viele Lebewesen sterben ab. 1993 war ein Fünftel des Ostseebodens tot.
»Gegenwärtig zeichnet sich sowohl im küstennahen als auch im küstenfernen Bereich der Ostsee eine eher abnehmende Nährstoffbelastung ab«, schreibt der Meeresforscher und Ostsee-Experte Dietwart Nehring. Toxische Schwermetalle (wie zum Beispiel Cadmium) und chlororganische Verbindungen (zum Beispiel PCB) haben ebenfalls stark abgenommen. 5 Ende der neunziger Jahre ging auch die Ölverschmutzung deutlich zurück. 10 »Wir trauten uns nicht, die positiven Signale gleich rauszuposaunen«, gestand Nehring der Journalistin Regine Halentz. 11
Eine Weltbankstudie hat die 130 schlimmsten Belastungsquellen der Ostsee aufgezeigt. 90 Prozent davon liegen in ehemaligen Ostblockstaaten. Bis zum Jahre 2012 sollen sie saniert werden, an einigen Standorten ist dies bereits geschehen. »Jede Mark, die Sie in der Rigaer Bucht investieren«, sagt Gotthilf Hempel, Leiter des Instituts für Ostseeforschung in Warnemünde, »ist für den Umweltschutz zehnmal mehr wert, als wenn sie bei uns in die vierte Reinigungsstufe gesteckt wird.« 12
1 Die Zeit vom 5.3. 1998. 2 WWF-Journal Nr. 3/1993. 3 European Environment Agency, Europes Environment, 1995. 4 Mare Nr. 1/1997. 5 Bundesumweltministerium, Der Schutz unserer Gewässer, 1995. 6 Bundesumweltministerium, Auf dem Weg zu einer nachhaltigen Entwicklung in Deutschland, 1997. 7 Die Zeit vom 23. 9. 1994. 8 Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 26. 3. 1997. 9 Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 3. 9. 1996. 10 die tageszeitung vom 2. 4. 1997. 11 Die Woche vom 14. 3. 1997. 12 Die Zeit vom 23. 9. 1994.
»Die große Ölkatastrophe vor Alaska hat die Küste dort für immer zerstört«
Am 24. März 1989 ereignete sich das spektakulärste Umweltdesaster in der Geschichte Nordamerikas. Der Tanker »Exxon-Valdez« lief auf ein Riff im Prinz-William-Sund an der Westküste Alaskas. 41 Millionen Liter Rohöl sprudelten aus dem Bauch des Schiffes. Bald bedeckte ein 260 Quadratkilometer großer Ölteppich den Fjord, der durch Landzungen und Inseln fast völlig vom offenen Meer abgetrennt ist. Helfer fanden mehrere tausend Kadaver: zirka 30000 Seevögel 1 , 300 Weißkopfseeadler 2 und 900 Seeotter 3 . Der Kapitän mußte sich vor Gericht verantworten, und der Exxon-Konzern bezahlte 2,5 Milliarden Dollar für eine gewaltige Reinigungsaktion. 4 Die Bilder der Exxon-Valdez-Katastrophe wurden weltweit zum ökologischen Menetekel und riefen in Nordamerika einen Sturm der Entrüstung hervor. Die Vereinigten Staaten zogen Konsequenzen aus den Umweltschäden in Alaska: Seither sind nur noch Tanker mit Doppelboden in ihren Gewässern zugelassen. Inzwischen wurde aus dieser Sicherheitsvorkehrung international eine bindende Bestimmung für Tankerneubauten. 5
Als ob das Geschehene nicht schlimm genug wäre, wurde die Exxon-Valdez-Katastrophe ins Unermeßliche übertrieben. Irgendwie konnte das Unglück gar nicht groß genug sein. Berichterstatter sprachen von bis zu 500000 toten Seevögeln. In medienwirksamen Schnelldiagnosen hieß es, daß ganze Brutkolonien vernichtet worden seien. 6 Der Prinz-William-Sund sei für immer zerstört und könne sich nie wieder erholen, berichteten die Reporter. Ein
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