Lexikon der Oeko-Irrtuemer
Bewässerungstechnik könnte viel erreicht werden, denn im globalen Durchschnitt kommt weniger als die Hälfte des Wassers bei den Ackerpflanzen an. 7 Der Rest versickert sinnlos in der Erde oder verdunstet schon vorher, was zusätzlich zur Bodenversalzung führt. Obwohl es als sehr wahrscheinlich gilt, daß der Kampf um die knappe Ressource Wasser sich in manchen Gebieten zunächst verschärft, ist kaum zu erwarten, daß Wasser langfristig und global knapp wird. Denn das Wasser des Planeten bildet einen geschlossenen Kreislauf; man kann es brauchen, aber nicht verbrauchen. Neue Techniken machen weitere Wasservorkommen nutzbar. So wurde die Effizienz der Meerwasserentsalzungsanlagen in den neunziger Jahren weiter gesteigert. Andere neue Techniken ermöglichen es, Wasser aus Luftfeuchtigkeit zu gewinnen oder salztolerante Futterpflanzen anzubauen, die direkt mit Meerwasser bewässert werden können.
Umweltgruppen halten den Deutschen immer wieder ihren hohen Wasserverbrauch vor. Tatsächlich ist der Konsum des wichtigsten Lebensmittels seit vorindustriellen Zeiten drastisch angestiegen. 8 Doch wer in Deutschland aufs Duschen verzichtet, ändert an dem globalen Problem nichts. Denn die Natur hat das Süßwasser ungerecht über die Erde verteilt. Ein Bewohner der regenreichen norddeutschen Tiefebene darf mit gutem Gewissen aus dem Vollen schöpfen. Sparappelle bedienen lediglich die protestantische Verzichtsethik des Bildungsbürgertums. Sie sind ungefähr so sinnvoll wie der Hinweis auf den Hunger in Afrika, wenn Kinder nicht aufessen wollen. Aber was generell für Deutschland stimmt, gilt noch lange nicht für jede Gemeinde. In manchen Gebieten ist es völlig berechtigt, wenn Umweltschützer und Behörden zum Wassersparen aufrufen.
Im gesamten Bundesgebiet ging der Wasserverbrauch in den neunziger Jahren zurück. Zwischen 1990 und 1996 verringerte er sich um zwölf Prozent auf 128 Liter pro Person und Tag. Zusammen mit Belgien weist Deutschland den niedrigsten Wasserverbrauch in der EU auf (und den höchsten Wasserpreis 5 ). Einer der Gründe für den sinkenden Bedarf sind moderne Geräte und Armaturen, die mit weniger Wasser auskommen. 10
Doch die musterhafte Sparsamkeit führt zu neuen Problemen. Seit der Wasserkonsum zurückgeht, steigt der Verbrauch an Rohrreinigungschemikalien. Die deutsche Spülkanalisation droht zu verstopfen. Damit das nicht passiert, läßt man aus Spritzkanonen große Mengen Wasser durch die Abflußrohre sausen. Das macht einen guten Teil des Spareffektes wieder zunichte. 11
1 J. Simon, The State of Humanity, 1995. 2 Deutsche Stiftung Weltbevölkerung, Newsletter, Nr. 1/1998. 3 ebd. 4 ebd. 5 Die Zeit vom 5. 3. 1998. 6 R. Bailey (Hrsg.), The True State of the Planet, 1995. 7 Die Zeit vom 5. 3. 1998. 8 Landesbund für Vogelschutz, Presseinformation, Wasser ist Leben, 22. 3. 1998. 9 Wirtschaftsbild Nr. 47/1997. 10 Die Tageszeitung vom 5. 11. 1997. 11 Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 8. 7. 1997.
»Überschwemmungen sind eine Folge der Bodenversiegelung«
Nach jedem Hochwasser wird diese These von Zeitungen, Radio und Fernsehen verbreitet. Unbestreitbar gibt es einen Versiegelungseffekt: Straßen und Gebäude blockieren die Schwammwirkung des Bodens; dadurch versickert der Regen nicht mehr zum Grundwasser, sondern fließt über Rohre und Bäche direkt in die Flüsse. Bei den großen Überschwemmungen der neunziger Jahre wurde dies immer wieder als Ursache genannt. Besonders als im Winter 1994/95 die Städte an Rhein und Mosel unter Wasser standen, waren die Schuldigen schnell gefunden: Asphalt, Beton und Pflaster, die allerorten die Erde abdichten. Eine Sprecherin des BUND behauptete 1997, daß asphaltierte Garageneinfahrten in Freiburg und Heidelberg zu Überflutungen in Koblenz und Köln beitrügen. 1 Doch kann der Versiegelungseffekt alleine zu solchen Überschwemmungen führen?
Deutschland ist zwar im globalen Vergleich extrem dicht besiedelt, trotzdem reicht die asphaltierte Fläche nicht aus, um Regengüsse in Überschwemmungen zu verwandeln. Zirka zwölf Prozent der Bundesrepublik sind mit Gebäuden, Industrieanlagen, Straßen und Freizeiteinrichtungen bebaut. 2 Doch das bedeutet nicht, daß diese Areale völlig befestigt sind. So ist beispielsweise nur ein geringer Teil der statistischen Wohngebietsfläche tatsächlich von Häusern, Garagen und Zufahrten versiegelt, da Gärten, Parks und andere offene Landstücke mitgerechnet werden. 3
Ein
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