Lexikon der Oeko-Irrtuemer
48/1997. 2 Greenpeace-Magazin Nr. 2/1996. 3 Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 30. 7. 1997. 4 Stern Nr. 48/1997. 5 BUND-Presseinformation, 4. 2. 1997. 6 G. Sohn, Die Ökopharisäer, 1995.
»Der ›Grüne Punkt‹ hat nichts gebracht«
Der »Grüne Punkt«, das Erkennungszeichen des Dualen Systems, klebt nur auf Verkaufsverpackungen, also den Verpackungen, die die Endverbraucher mit nach Hause nehmen. Verkaufsverpackungen machen jedoch nur einen Teil des Verpackungsmülls und einen winzigen Teil des gesamten Abfalls aus (siehe »Wir leben in einer Wegwerfgesellschaft«). Die Verpackungsverordnung, die den Anstoß für die Gründung des Dualen Systems gab, enthält daher noch andere Recyclingvorgaben, zum Beispiel für Transportverpackungen.
Anteil der Verpackungen am gesamten Abfall
Verpackungen machen nur einen geringen Teil des gesamten Abfallaufkommens aus. Noch niedriger fällt der Anteil der Verkaufsverpackungen aus, die die Käufer aus den Geschäften mit nach Hause nehmen und um die allein es beim »Grünen Punkt« geht. (Quelle: Duales System 1998)
Anfang der neunziger Jahre machten Firmen des Dualen Systems immer wieder durch Skandale von sich reden. Einige wurden dabei erwischt, als sie Kunststoffmüll ins Ausland abschoben, anstatt ihn zu recyclen. Doch solche kriminellen Schiebereien sind nicht der Maßstab, an denen das ganze - sicherlich nicht perfekte - Duale System gemessen werden sollte.
Die Recyclingquoten des Dualen Systems können sich sehen lassen: Aus dem gesammelten Material werden Aluminium zu 81 Prozent, Weißblech (Getränkedosen!) zu 81 Prozent und die verrufenen Verbundstoffe zu 79 Prozent wiederverwertet. 1996 gingen von 186000 Tonnen Getränkekartons 115000 Tonnen ins Recycling. Die viel geschmähten Verbundverpackungen bestehen überwiegend aus Papierfasern, die von den anderen Komponenten abgetrennt und zu Wellpappen verarbeitet werden. 1
Was ist eigentlich das »Duale System Deutschland«? Das DSD ist eine Aktiengesellschaft (AG), die laut Satzung keinen Profit machen darf. Diese AG organisiert das Recycling der Verkaufsverpackungen. Sie kassiert Lizenzentgelte von Herstellern ein, die dafür den »Grünen Punkt« auf ihre Verpackungen drucken dürfen (was die Firmen natürlich über den Produktpreis an die Verbraucher weitergeben): 1997 waren das 4,2 Milliarden Mark. 2 Das DSD schließt Verträge mit den sogenannten Garantiegebern, zumeist Repräsentanten der jeweiligen Industriesparten (zum Beispiel Papier, Glas), die für die Verwertung der verschiedenen eingesammelten Stoffgruppen garantieren. Für das - vom Bundeskartellamt tolerierte - Privileg einer monopolartigen Stellung muß das Duale System eine flächendeckende Wertstoffsammlung sicherstellen.
Eine viel geäußerte Kritik am DSD lautet: Während das Recycling von Glas, Papier, Getränkekartons und Dosen gut funktioniere, sei das Einsammeln und Sortieren der Leichtverpackungen aus Kunststoff zu teuer. Rechnet man die Kosten für das Sammeln und Sortieren (1999: 2400 Mark) und das Recycling (1000 Mark) zusammen, kommt die Entsorgung der Kunststoff-Leichtverpackungen auf 3000 Mark pro Tonne, schrieb der Fachjournalist und DSD-Kenner Gunnar Sohn. 3 Kritische Stimmen fordern daher, diesen Teil des Plastikmülls zu verbrennen (siehe auch »Plastik läßt sich nicht vernünftig recyceln«).
Vielleicht wäre mehr Konkurrenz unter den Sammlern und Sortierern ganz belebend. Als Quasi-Monopolist versucht das DSD, sich unliebsame Konkurrenten vom Leib zu halten. So mahnt Clemens Reif, Vorstandschef der Vereinigung für Wertstoffrecycling AG in Köln: »Der Staat sorgt durch immer neue Verordnungen dafür, daß private Monopole gut verdienen, die ihrerseits aufs engste mit Politikern verbandelt sind. Der Grüne Punkt mit seinen überhöhten Lizenzentgelten soll sich endlich dem fairen, marktwirtschaftlichen Wettbewerb stellen.« 4 Doch der »Grüne Punkt« und »Töpfer's Law«, wie die Verpackungsverordnung weltweit genannt wird, haben ihr Klassenziel erreicht: Der gesamte Verpackungsverbrauch ging zwischen 1991 und 1995 von 13 auf 11,7 Millionen Tonnen zurück. 5 Die Umweltpolitiker in Frankreich, Österreich, Belgien, Luxemburg, Spanien und Portugal finden die deutsche Wertstofferfassung so überzeugend, daß sie ähnliche Systeme einrichten. Auch Japan will mehr in Recycling investieren.
Die Haltung der Umweltverbände zum Dualen System ist widersprüchlich. So rief der BUND im Februar 1997
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