Lexikon der Oeko-Irrtuemer
Einwegverpackungen“
»Müllverbrennungsanlagen sind eine Bedrohung für die Gesundheit“
»Immer mehr Plastik vermüllt unsere Umwelt“
»Plastik läßt sich nicht vernünftig recyceln“
»Der Mensch ist aufs Wegwerfen programmiert«
Perspektiven
Oft gehört, gern geglaubt
Ist von Müll die Rede, schreibt der Öko-Duden eine feste Verknüpfung mit den Attributen »Berg«, »Flut« oder »Lawine« vor. Warum soll es dem Abfall auch semantisch besser ergehen als etwa Kindern in Entwicklungsländern, die im Grünsprech vornehmlich als »Geburtenschwemme« oder »Bevölkerungsexplosion« geführt werden. Unser armes Land, so warnen zahlreiche Broschüren und Presseberichte, ersticke unter dem Gewicht wachsender Müllberge und stehe kurz vor der finalen Vergiftung aus Müllverbrennungsanlagen, die politisch korrekt »Dioxinschleudern« genannt werden. Wo immer eine solche gebaut werden soll, entsteht sogleich eine Bürgerinitiative, welche die Volksgesundheit und die Stabilität der Grundstückspreise für gefährdet erklärt.
Um die totale Wegwerfgesellschaft durchzusetzen, treiben böse Brauereien und gewissenlose Getränkehersteller das Proletariat in die Dosenkultur, bis das deutsche Mehrwegsystem im Sixpack-Rausch der trinkenden Massen untergeht. Gastronomiebetriebe, die Cola in Dosen oder Buletten in Pappschachteln anbieten, werden regelmäßig von den jungen Pionieren der Umweltverbände heimgesucht, die die »Wegwerfkultur« anprangern.
Ex-Umweltminister Klaus Töpfer erkannte die Zeichen der Zeit, paukte die Verpackungsverordnung und später das Kreislaufwirtschaftsgesetz durch und brachte das Duale System, im Volksmund »Grüner Punkt« genannt, auf den Weg. Doch kaum hatte er die Forderung nach Recycling politisch umgesetzt, stand er schon wieder mit dem Rücken zur Wand. Der »Grüne Punkt«, schimpften Umweltverbände und Medien, sei ein mieser Trick, damit clevere Unternehmer aus Müll das einzige machen können, was noch schlimmer ist als Müll: Profit. Und da Unternehmer bekanntermaßen immer mehr Profit machen wollen, sorgen sie dafür, daß die Müllflut immer weiter ansteigt. Verbraucher und Kommunen werden vom Dualen System »grün abgezockt« (»Spiegel«), die »sinkende Müllmenge nur vorgegaukelt« (BUND) und »Deutschland von Dosen überrollt« (»taz«). Da bleibt nur ein Trost: Das Duale System liegt in den »letzten Zuckungen« (»taz«, 1993). Warum, fragen wir uns, sind wir immer noch nicht unter der Müllawine begraben worden?
»Der Müllberg wächst und wächst«
Ganz im Gegenteil, er wird flacher. Seit Anfang der neunziger Jahre sinkt in Deutschland das Abfallaufkommen - und zwar in allen Bereichen: Siedlungs-, Gewerbe- und Sondermüll. Nur bei Bauschutt stieg die Menge bedingt durch den Bauboom in den neuen Bundesländern vorübergehend an. Statt der angedrohten Müllawine ist ein Mülloch entstanden. »Sie reißen sich um jede Tonne«, betitelte der »Spiegel« 1996 einen Report über die neue Lage an der Müllfront. Darunter heißt es: »Der Müll wird knapp.
Die deutsche Abfallbiianz
Seit Anfang der neunziger Jahre wird der Abfallberg in Deutschtand immer flacher. Besonders in der Industrie wird ein Großteil der Produktionsabfälle wiederverwertet. Im Gegensatz zur Gesamttendenz stieg das Aufkommen an Bauschutt durch den Bauboom in Ostdeutschtand Anfang der neunziger Jahre an. Der Begriff »Bergematerial« steht für Abraum aus Bergwerken und Tagebau. (Quelle: Statistisches Bundesamt 1996)
Verbrennungsanlagen laufen leer, Deponien können nicht gefüllt werden. Industrie und Kommunen prozessieren um jeden Dreck. Schuld an dem Mangel sind immer perfektere Recycling-Verfahren - und der Eifer der Deutschen beim Müllsortieren.« 1
Mülldeponien wurden geschlossen und kaum noch neue gebaut. 1997 existierten in Deutschland 54 Müllverbrennungsanlagen; sechs waren im Bau. 2 Noch in den achtziger Jahren hatten Experten prognostiziert, daß allein in den alten Bundesländern 75 bis 100 dieser Anlagen benötigt würden. 3 Das Aufkommen an Gewerbe- und Hausmüll in den Beseitigungsanlagen sank von 1990 bis 1993 um 16 Prozent auf 252 Jahrestonnen. 4
»Die stehen vor meinem Schreibtisch«, berichtet Bärbel Höhn, grüne Umweltministerin von Nordrhein-Westfalen, »und fragen: Wo kriegen wir den Müll her?« Viele Müllverbrennungsanlagen leiden unter »Rohstoffmangel«. In Augsburg fehlen 75000 Tonnen Müll im Jahr, Krefeld ist
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