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Lexikon der Oeko-Irrtuemer

Lexikon der Oeko-Irrtuemer

Titel: Lexikon der Oeko-Irrtuemer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk und Miersch Maxeiner
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strengen Fütterungsvorschriften der Bio-Verbände einhalten. Solche Erzeuger sind eine unliebsame Konkurrenz für hundertprozentige Bio-Bauern, da sie Fleisch und Eier billiger verkaufen können. (Die schwierigen Bio-Futterregeln verteuern die Aufzucht erheblich.) Vielen Verbrauchern jedoch ist es wichtiger, daß die Tiere anständig behandelt werden, als daß das Futter - wie bei den Bio-Verbänden vorgeschrieben - aus biologischem Anbau stammt und mindestens zur Hälfte vom eigenen Betrieb. Preisgünstige Produkte, die ohne Tierquälerei, wenn auch nicht nach Bio-Norm erzeugt wurden, könnten so endlich die Käufer erreichen, die sich bisher Öko-Ware nicht leisten konnten. Daher wäre ein friedliches Nebeneinander von »bio« und »nicht ganz bio, aber tiergerecht« hilfreich und erfreulich.
    Auch bei den Tierhaltungssystemen wird es in Zukunft vermutlich Abstriche von der reinen Lehre geben. Denn es wäre völlig unmöglich, die vielen Millionen Schweine und Hühner in Deutschland auf die grüne Wiese zu entlassen. Ganze Landschaften müßten der Nutztierzucht geopfert werden. Glücklicherweise haben Wissenschaftler längst Stallsysteme entwickelt, die mit wenig Raum auskommen und den Tieren dennoch das Ausleben ihrer Verhaltensimpulse erlauben (zum Beispiel Volierenhaltung für Hühner oder das Nürtinger-System für Schweine). Solche Kompromisse zwischen Tierschutz und Wirtschaftlichkeit sind vermutlich zukunftsfähiger als ein romantisches Festhalten an der Freiland-Idylle.
    Wenn wir an dieser Stelle einmal einen politischen Rat erteilen dürfen: Ein Politiker, der die Quälerei in den Tierfabriken ernsthaft bekämpft, würde sich ein paar tausend Feinde unter Großmästern, Züchtern, Vieh- und Fleischhändlern einhandeln. Aber es würden ihm Millionen Herzen (und Wählerstimmen) zufliegen.
      
    1 Der Spiegel, Nr. 11/1998.

Wald
      
    Oft gehört, gern geglaubt
      
    »Die Wälder sind weltweit in Gefahr“
    »Der deutsche Wald stirbt“
    »Saurer Regen zerstört die Wälder“
    »Großflächige Waldschäden gab es früher nicht“
    »Das Wild frißt den Wald kaputt“
    »Nur Urwälder sind ökologisch wertvoll“
    »Der Regenwald ist nicht zu retten“
    »Die Regenwälder sind die ›grünen Lungen‹ der Erde“
    »Ein Tropenholzboykott rettet den Regenwald“
    »Für Hamburger wird der Regenwald abgeholzt«
      
    Perspektiven

Oft gehört, gern geglaubt
      
    »Der deutsche Wald stirbt.« 1 Das war Anfang der achtziger Jahre zwischen Umweltverbänden und Medien fest ausgemacht. Wissenschaftler, die das nahe Ende aller Bäume vorhersagten, fanden ein begeistertes Publikum. Ihren Kollegen, die anderer Meinung waren, hörte niemand zu. Unklarheit herrschte nur über den genauen Todeszeitpunkt. Die »Süddeutsche Zeitung« etwa gab dem grünen Forst 1982 noch fünf Jahre. 2
    Fast zwei Jahrzehnte nach der großen Waldpanik wächst in Deutschland mehr Wald als zuvor. Das hatte jedoch keinen meßbaren Einfluß auf die Waldrhetorik. Die Waldretter von Robin Wood wissen: »Waldsterben und schnelleres Wachstum sind keine Widersprüche.« 3 Also kann es munter weitergehen mit dem Grabgesang. »Der Wald stirbt europaweit«, meldet die »Frankfurter Rundschau« 4 , und »Focus« konfrontiert uns mit den harten Fakten der deutschen Landschaft: »Kaum noch grüne Flecken.« 5 Das »dramatische Sterben« kommentiert der »Stern« mit der Überschrift: »Und plötzlich ist der Wald weg.« 6
    Fleißig sekundiert werden die Alarmschreiber von den Ökoverbänden. »Der Wald gehört weiter auf die Intensivstation«, 7 diagnostiziert der BUND, und Greenpeace findet, daß Eichen zu den »aussterbenden Arten« 8 gerechnet werden müssen.
    Daß die Wälder in Deutschland bestens gedeihen und die erwarteten Waldschäden regional begrenzt blieben, ist zwar offensichtlich, doch der Glaube an das Waldsterben wurde längst zur Gesinnungsfrage. Wer zweifelt, fliegt aus der grünen Kirche. Aber wer fromm ist, bringt selbst krasse Widersprüche im gleichen Gesangbuch unter. Der Slogan »Baum ab? Nein danke!« etwa kann problemlos mit der Forderung nach verstärktem Einsatz nachwachsender Rohstoffe kombiniert werden.
    Ganz besonders liebt der Deutsche den Tropenwald, der vor einem »Kettensägenmassaker« 9 bewahrt werden muß. Laut einer Umfrage der »Bild«-Zeitung machte den Bundesbürgern im Jahre 1997 nichts so große Sorgen wie die Vernichtung der Regenwälder. 86 Prozent gaben an, daß dies das größte Problem sei. 10

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