Lexikon der Oeko-Irrtuemer
»gelöst«. 3
1 Stern Nr. 30/1996. 2 Pressemitteilung der Deutschen Angestellten-Krankenkasse (DAK) und des Bundes für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND), 15. 12. 1995. 3 die tageszeitung (Hamburg-Teil) vom 25. 3. 1997.
»Moderne Arzneimittel schaden mehr als sie nutzen«
Selbstverständlich erzeugen moderne Arzneimittel häufig Nebenwirkungen. Der Mainzer Pharmakologe Gustav Kuschinsky formulierte das Problem so: »Arzneimittel, von denen behauptet wird, sie hätten keine Nebenwirkungen, besitzen vermutlich auch keine Hauptwirkung.« 1 Wie bei jedem biologischen oder ökologischen System, in das der Mensch regulierend eingreift, erzeugt auch die Behandlung des eigenen Organismus Nebenwirkungen, die nicht immer voraussehbar und off unerwünscht sind. Die Art solcher Effekte wird vor der Zulassung eines Medikamentes intensiv untersucht. Bevor das Medikament verschrieben werden darf, wird es in der letzten Phase an einigen tausend (freiwilligen) Kranken erprobt. Dennoch müssen Arzt und Patient auch weiterhin Haupt- und Nebenwirkungen eines Medikaments gegeneinander abwägen und sich dann für das geringere Übel entscheiden. Das ist in der Medizin nicht anders als in anderen Lebensbereichen auch - und bleibt ein grundsätzliches Dilemma der menschlichen Existenz.
Die Entwicklung der allgemeinen Lebenserwartung deutet in jedem Fall darauf hin, daß die positiven Auswirkungen der modernen Pharmazeutika ihre negativen Begleiterscheinungen bei weitem übertreffen. Dafür genügt ein einfacher historischer Exkurs: So ist es gelungen, früher gefürchtete Infektionskrankheiten durch den Einsatz von Antibiotika und Sulfonamiden zurückzudrängen.
Wie viele Leben moderne Medikamente retten
Aufgrund der segensreichen Wirkung moderner Medikamente sind die Überlebenschancen bei zahlreichen Infektionskrankheiten drastisch gestiegen. Während dieser Umstand in den Industrieländern allzu leicht vergessen wird, können sich Menschen in armen Nationen solche Mittel leider oft immer noch nicht leisten. (Quelle: Bundesverband der pharmazeutischen Industrie)
Die Persönlichkeiten aus der folgenden kleinen Liste 2 hätten medikamentöse Nebenwirkungen sicherlich gerne in Kauf genommen, wenn ihnen dadurch ein längeres Leben vergönnt gewesen wäre:
Person
Beruf
Geburtsjahr
Todesalter
Todesursache
Raffael
Maler
1483
37
plötzliches Fieber
Wolfgang A. Mozart
Komponist
1756
35
hitziges Fieber
Franz Schubert
Komponist
1797
31
Typhus
Robert Schumann
Komponist
1810
46
Syphilis
Frederic Chopin
Komponist
1810
39
Syphilis
Paul Gauguin
Maler
1848
55
Syphilis
George Orwell
Schriftsteller
1903
47
Tuberkulose
1 H.Hug, Der tägliche Öko-Horror, 1997. 2 H. J. Quadbeck-Seeger, Chemierekorde, 1997.
»Alternative Heilverfahren sind besser als die Schulmedizin«
Nach einer Umfrage des Allensbacher Instituts für Demoskopie glauben 70 Prozent der Deutschen an die Kraft der »sanften Medizin«. 1 Gleichzeitig mißtrauen immer mehr Menschen der sogenannten Schulmedizin. Sie vermuten - mitunter zu Recht -, daß zuviel diagnostiziert und therapiert werde. So entsteht bei vielen Patienten der Eindruck, daß der Arzt vor lauter Apparaten den Menschen nicht mehr sieht.
Andererseits werden über dem Schlagwort von der »Apparatemedizin« allzu leicht die Verdienste der Schulmedizin vergessen: Millionen von Menschen verdanken ihr das Leben. Spätestens bei einem Herzanfall oder einer akuten Blinddarmentzündung beginnt der Mensch im allgemeinen, das Können der Schulmediziner (und auch ihrer Apparate) in höchstem Maße zu schätzen. Doch nicht nur in Notfällen, sondern auch bei den meisten anderen schweren Erkrankungen geht es nicht ohne Schulmedizin und moderne Medikamente. Die Menschen in den Industrienationen verdanken den Anstieg der Lebenserwartung der Schulmedizin - und nicht den alternativen Heilverfahren. Das heißt freilich nicht, daß alternative Methoden nicht auch ihre Berechtigung haben. Das ist schon daran zu erkennen, daß viele Schulmediziner heute ihr Behandlungsspektrum mit alternativen Methoden ergänzen und erweitern.
Aber die Alternativmedizin hat zahlreiche Schul- und Glaubensrichtungen, manche Verfahren können meßbare Erfolge vorweisen, andere sind in ihrer Wirksamkeit umstritten. Man darf dabei jedoch nicht außer acht lassen, daß
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