Lexikon der Oeko-Irrtuemer
Konsument besser Latex und andere Produkte meiden, für deren Anbau nach wie vor Regenwälder vernichtet werden. Denn die Holzindustrie hat ein Interesse am Erhalt ihrer Rohstoffquelle Wald, die Gummi- und Palmölindustrie jedoch an deren Zerstörung.
Obendrein ist Latex keinesfalls gesundheitlich unbedenklich. Der Deutsche Allergiker- und Asthmatikerbund gibt an, daß zirka 2,5 Millionen Bundesbürger auf Naturgummi allergisch reagieren. Der Kontakt mit Kautschukprodukten kann bei diesen Menschen Hautrötungen, Quaddeln und Juckreiz auslösen. 6
Ausrangierte Latexmatratzen lassen sich bisher nur verbrennen. Demgegenüber können Schaumstoffe, Bezüge und Federkerne herkömmlicher Matratzen recycelt werden, was teilweise bereits geschieht. 7
1 Fischer Weltalmanach 1998. 2 Katalog des Museums der Arbeit, Hamburg, 1997. 3 Fischer Weltalmanach 1998. 4 Katalog des Museums der Arbeit, Hamburg, 1997. 5 Fischer Weltalmanach 1998. 6 Deutsches Ärzteblatt vom 27. 10. 1995. 7 Natur Nr. 11/1997.
»Naturfasern sind ökologisch besser als Kunstfasern«
Wolle und Baumwolle genießen ganz zu Unrecht einen besseren Ruf als Stoffe aus Polyester und anderen Kunstfasern, denn Wolle stammt nicht von Unschuldslämmern: In Ländern wie Argentinien oder Australien, wo Schafzucht im großen Stil betrieben wird, verwüsten blökende Herden ganze Landstriche. Die flauschigen Wiederkäuer entziehen in Trockengebieten mit karger Vegetation pflanzenfressenden Wildtieren die Nahrungsgrundlage. Obendrein schießen Schafzüchter alle Raubtiere ab, die sie verdächtigen, Lämmer zu stehlen. So wurde in Tasmanien der Beutelwolf ausgerottet. Schafzucht ist jedoch nicht überall umweltschädlich. Sie kann ökologisch durchaus sinnvoll sein: In Deutschland werden etwa wertvolle Trockenrasenbiotope dadurch erhalten, daß Schafe Büsche und Bäume abfressen, die ansonsten der Blumenvielfalt das Licht nehmen würden. Global gesehen sind solche Projekte allerdings Ausnahmen.
Baumwolle (sofern sie nicht aus biologischem Anbau stammt) ist eine der umweltschädlichsten Ackerpflanzen, die es gibt. Ihr Anbau verbraucht gewaltige Mengen Wasser, in Trockengebieten eine rare Ressource. Anfang der neunziger Jahre gingen 18 Prozent des Weltverbrauchs an Pestiziden auf das Konto der Baumwolle. 1 In Indien, das in der Baumwollproduktion an dritter Stelle steht, wächst nur auf fünf Prozent der Felder Baumwolle. Doch 56 Prozent der landesweit verwendeten Insektenkiller werden dort eingesetzt. Weltweit versprühen Baumwollfarmer Pestizide im Wert von zirka 2,7 Milliarden US-Dollar auf 33 Millionen Hektar Anbaufläche. 12 bis 14 Spritzungen pro Saison sind auf Baumwollfeldern üblich. Besonders in armen Ländern werden dabei häufig die Sicherheitsregeln mißachtet und Menschen geschädigt. 2
Pestizidreste können sogar noch im fertigen T-Shirt enthalten sein. Dazu kommt eine Reihe weiterer Chemikalien, die eingesetzt werden, um Naturfasertextilien pflegeleicht, schmutzabweisend, geschmeidig und haltbar zu machen. 3
Kunstfasern dagegen werden aus Erdöl hergestellt. Energieverbrauch und Wasserverschmutzung bei der Produktion sind nicht höher als bei Naturfasern. Dabei ersparen sie der Umwelt eine Menge Belastung: Die Tagesproduktion einer Augsburger Firma für Polyesterfasern entspricht der Wolle von sechzigtausend Schafen. 4 Wenn die Kleider abgetragen sind, sieht es für die Umweltbilanz der Synthetiks jedoch schlechter aus: Im Gegensatz zu Naturfasern verrotten sie nicht.
1 Natur Nr. 10/1990. 2 Die Tageszeitung vom 28. 11. 1994. 3 Natur Nr. 9/1990. 4 Natur Nr. 10/1990.
»Stoffwindeln sind umweltfreundlicher als Wegwerfwindeln«
Die ewige Windelfrage hat schon Minister beschäftigt. Klaus Töpfer mußte einst eine Anfrage der Grünen zum Thema umweltgerechte Entsorgung kindlicher Notdurft beantworten. Der hohe Stellenwert ökologisch korrekter Sauberkeitserziehung ist keineswegs typisch deutsch. In den USA philosophierte eine Elternzeitschrift über »Die Ethik des Windelns«, und die Chefredakteurin eines Umweltmagazins outete - unter Protest der Leserschaft -, daß auch sie mit Wegwerfwindeln wickelt. 1
Deutschlands Babys verursachen einen erheblichen Müllberg. Nach Berechnungen der Technischen Universität Berlin besteht der Haus-Restmüll zu zwei bis elf Gewichtsprozent aus Wegwerfwindeln 2 (je nachdem, wie viele junge Familien in einem Gebiet wohnen und wieviel sonstiger Restmüll anfällt). Dennoch konnte die Frage, welche
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