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Lexikon des Unwissens: Worauf es bisher keine Antwort gibt (E-Book zu Print) (German Edition)

Lexikon des Unwissens: Worauf es bisher keine Antwort gibt (E-Book zu Print) (German Edition)

Titel: Lexikon des Unwissens: Worauf es bisher keine Antwort gibt (E-Book zu Print) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Passig , Aleks Scholz
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können, wie Galaxien geboren werden und wie sie ihre Kindheit verbringen – zwei weitere große Probleme der Astronomie.
    Auch mit den besten Teleskopen ist das Gewimmel im Zentrum von Kugelsternhaufen kaum überschaubar. Mehrere hundert Sterne sind dort in einem Kubiklichtjahr zusammengepfercht, ein astronomisch betrachtet winziges Volumen. Zum Vergleich: Der nächste Nachbar der Sonne ist mehr als vier Lichtjahre entfernt. Das allgemeine Prinzip der Entstehung von solchen Sternenansammlungen ist uns immerhin bekannt: Sie bilden sich aus einer riesigen Wolke aus Gas und Staub. Stabil ist so eine Wolke, wenn die eigene Schwerkraft, die danach strebt, alles auf möglichst kleinem Raum zusammenzupressen, durch andere Kräfte ausgeglichen wird. Eine dieser anderen Kräfte ist die in der Wolke gespeicherte Hitze; wird das Material wärmer, dehnt es sich aus und wirkt daher der Schwerkraft entgegen. Bringt man dieses schöne Gleichgewicht durcheinander, zum Beispiel, indem man die Wolke plötzlich komprimiert, dann gewinnt die Schwerkraft, und die Wolke kollabiert unter ihrem eigenen Gewicht – es entstehen Ansammlungen von Sternen. Aus irgendeinem Grund schaffen es gewöhnliche Spiralgalaxien wie unsere Milchstraße heute nicht mehr, auf diese Weise neue, große Kugelsternhaufen herzustellen, stattdessen ziehen sie es vor, nur noch zögerlich neue Lichter an den Himmel zu bauen. Aber warum ist das so?
    Eine der Theorien zur Entstehung von Kugelsternhaufen handelt von Galaxienverschmelzungen, großangelegten Verkehrsunfällen, in denen aus zwei Galaxien eine wird. Man vermutet schon länger, dass große, elliptisch geformte Galaxien durch die Verschmelzung zweier Spiralgalaxien entstehen könnten. Wenn das so ist, so argumentierte Astronom Sidney van den Bergh 1984, warum beobachtet man dann in elliptischen Galaxien nicht die Summe der Anzahl der Kugelsternhaufen zweier Spiralgalaxien, sondern deutlich mehr? Die mutmaßliche Antwort lieferten die Amerikaner Keith M. Ashman und Stephen E. Zepf im Jahr 1992: Bei der Kollision entstehen Bedingungen, die die Entstehung neuer Kugelsternhaufen ermöglichen, sodass die neue Galaxie am Ende mehr Haufen hat als die Summe ihrer Teile.
    Das Ashman-Zepf-Modell gewann in den 1990er Jahren das Wohlwollen vieler Experten, vorwiegend aus zwei Gründen: Es sagt unter anderem voraus, dass es in elliptischen Galaxien zwei Arten Kugelsternhaufen geben müsste, die einen alt und mit langem Bart, die anderen erst später beim Verschmelzen von Galaxien entstanden. Wie man mittlerweile herausgefunden hat – hauptsächlich mit Hilfe des Hubble-Weltraumteleskops und dessen scharfem Blick auf das Weltall –, existiert eine solche Zweiteilung der Kugelsternhaufen tatsächlich: Ein Teil der Haufen ist «metallarm», was bei Astronomen meist gleichbedeutend ist mit «sehr alt», weil das jugendliche Weltall nur aus Wasserstoff und Helium bestand und sich alle schweren Elemente, Metalle zum Beispiel, erst nach und nach bildeten. Der andere Teil dagegen ist «metallreich» – und daher vielleicht erst später bei der Galaxienkollision entstanden, so jedenfalls dieses Modell. Die zweite in diesem Zusammenhang wichtige Entdeckung der letzten Jahre: Wenn Galaxien zusammenstoßen, entstehen tatsächlich extrem massereiche Sternhaufen, die heute meist für seltene Fälle von jungen Kugelhaufen gehalten werden.
    Auf der anderen Seite jedoch kämpft das Ashman-Zepf-Szenario mit einigen Schwierigkeiten. Zum Beispiel zeigen einige Untersuchungen, dass Galaxien, die besonders viele Kugelsternhaufen besitzen, einen hohen Anteil an metallarmen Haufen aufweisen. Im Rahmen des Kollisionsmodells sollte man genau das Gegenteil erwarten, je öfter es zu Zusammenstößen kommt, umso mehr metallreiche Kugelsternhaufen sollten sich ansammeln. Eine alternative Möglichkeit, die zwei unterschiedlichen Arten von Kugelsternhaufen zu erklären: Zunächst trägt jede Galaxie ihre eigene Schar Haufen mit sich herum. Im Laufe der Zeit, und Zeit hat das Universum genug, streunen die Galaxien herum, und immer, wenn sie sich begegnen, saugen die größeren unter ihnen einige Haufen von den kleineren ab. Diese Vorstellung hilft unter anderem dabei, einen seltsamen Unterschied zwischen der Milchstraße und dem Andromedanebel, beides Spiralgalaxien ähnlicher Bauart, zu verstehen: Während in der Milchstraße vermutlich alle Kugelsternhaufen uralt sind, häufen sich in letzter Zeit die Hinweise auf die Existenz einiger «junger»

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