Lexikon des Unwissens: Worauf es bisher keine Antwort gibt (E-Book zu Print) (German Edition)
jüngeren Geschichte der Vereinigten Staaten. Diskutiert werden unter anderem die Steuersenkungsprogramme unter den Präsidenten John F. Kennedy in den 1960ern und Ronald Reagan in den 1980ern. In beiden Fällen finden sich klare Hinweise, dass die Steuersenkung positive Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum hatte – das war aber gar nicht das Ziel. Eigentlich sollten sich die Gesamtsteuereinnahmen des Staates erhöhen, und das lässt sich schon nicht mehr eindeutig belegen. Schlimmer noch: Es wäre selbst im Erfolgsfall praktisch unmöglich, einen kausalen Zusammenhang zwischen Steuersenkungen und Veränderungen der Einnahmen des Staates nachzuweisen, weil es in der Rechnung viel zu viele Unbekannte gibt. Ein Beispiel: Die Gesamtsituation in der Volkswirtschaft hängt nicht nur von der Situation im eigenen Lande, sondern unter anderem auch von der Produktnachfrage im Ausland ab. So ist es vorstellbar, dass Menschen in Deutschland weniger amerikanisches Ketchup kaufen, weil im eigenen Land gerade eine neue Ketchupbilligmarke in den Läden aufgetaucht ist. Oder weil Deutschland eine Sonderketchupsteuer eingeführt hat, die die Menschen dazu bringt, verstärkt Senf zu verwenden.
Und letztlich kann man die gesamte Diskussion auf den Kopf stellen, indem man fragt, ob es überhaupt die Aufgabe des Staates sein sollte, seine Steuereinnahmen zu maximieren. Denn Steuern sind nicht nur eine Einnahmequelle des Staates, sondern können überdies zur Beeinflussung und Lenkung von Verhaltensweisen eingesetzt werden. Ein gutes Beispiel ist wiederum die eingangs angeführte Tabaksteuer: Wird sie nur erhoben, um mehr Einnahmen aus den Rauchern herauszupressen, oder soll sie im Gegenteil die Menschen dazu bewegen, das Rauchen aufzugeben? In letztgenanntem Sinne wären weniger Steuereinnahmen, also weniger verkaufte Zigaretten, sogar als Erfolg zu werten. Dies führt direkt zur Frage, inwieweit sich ein Staat in das Leben seiner Bürger einmischen sollte. Sind Staaten lediglich eine Art Wirtschaftsunternehmen, die bestimmte Leistungen anbieten (zum Beispiel den Bau von Straßen) und dafür über Steuern bezahlt werden? Oder haben sie zusätzlich die Aufgabe, sich um das Wohlergehen, die Erziehung und die Gesamtausrichtung der Gesellschaft zu kümmern? Abhängig davon, wie man diese Frage beantwortet, kann die Diskussion um die Laffer-Kurve am Ende auch vollkommen irrelevant sein.
Was man auch davon halten mag – die Grundidee der Laffer-Kurve jedenfalls ist von einer kaum zu überbietenden Schönheit und Klarheit: Wird eine an sich gute, nützliche Sache – Blutsaugen zum Beispiel – im Übermaß betrieben, so wirkt sie entgegen der ursprünglichen Absicht und ist somit schädlich. Diese Idee führt daher direkt zu einer Generalkritik am Übermaß. Essen ist lebensnotwendig und prinzipiell eine gute Idee, zu viel jedoch ist ungesund und führt zur Verfettung. Medikamente helfen nur, wenn sie nicht in Überdosis eingenommen werden. Strafen haben bestenfalls dann einen erzieherischen Effekt, wenn sie nicht zu kurz oder zu lang, sondern angemessen ausfallen. Nur Alexander Solschenizyn ist da anderer Meinung und behauptet, dass Haftstrafen unter 25 Jahren nur verrohen, alles darüber jedoch sittigend wirke. Hoffentlich kommt nie jemand auf die Idee, diese Philosophie aufs Steuersystem zu übertragen.
Leben
Und Gott sprach zu einem Klumpen Schlamm: Steh auf!
Ich, Schlamm, stand auf und sah, wie schön Gott alles hergerichtet hatte.
Ich kann mich nur dann ein winziges bisschen wichtig fühlen, wenn ich an all
den Schlamm denke, der nicht aufstehen und sich umsehen darf.
Ich bekam so viel, der meiste Schlamm so wenig.
Kurt Vonnegut: «Katzenwiege»
Auch heute noch ist vollkommen unklar, wie das Leben auf die Erde kam. Obwohl sich ganze Legionen von Astronomen, Geologen, Chemikern und Biologen mit dieser Frage befassen, sind wir einer Antwort «nicht viel näher als die alten Griechen», wie die Astrophysiker Eric Gaidos und Franck Selsis in einer Zusammenfassung der Lage feststellen. Weil wir nur ein Beispiel für Leben im Universum kennen, nämlich das auf der Erde, muss sich die Forschung zwangsläufig auf diesen einen Spezialfall beschränken. Das ist etwas riskant, denn die Betrachtung eines solchen Spezialfalls kann zu völlig falschen Schlüssen führen, aber es bleibt nichts anderes übrig. Ob wir eine typische Form von Leben sind oder eine eher exotische Entwicklung, sollen künftige Generationen herausfinden.
Es ist noch
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