Liaden 3: Gestrandet auf Vandar
wie das Mädchen; die eng anliegenden Ledersachen und der breite Gürtel unterstrichen seine schlanke Figur.
Zhena Trelu runzelte die Stirn. Das Mädchen war sehr blass, und neben dem Mann mit der dunklen Hautfarbe wirkte sie umso bleicher. Beide sahen erschöpft aus. Sie waren mager – das hätte sie auch ohne diese exotische Kluft gesehen – und obendrein Ausländer, die kein einziges Wort der hiesigen Sprache beherrschten.
Der Wind blies über die ungeschützte Wiese; das Mädchen erschauerte – und das gab den Ausschlag. Wenn das Kind vielleicht kränkelte, musste es sofort aus dem kalten Wind heraus. Was dachte ihr Zamir sich nur, sie dem unfreundlichen Herbstwetter auszusetzen, ohne warme Jacke und dann noch mit dieser tief ausgeschnittenen Bluse? Zhena Trelu funkelte ihn wütend an; er hob eine Augenbraue und legte den Kopf schräg, ungefähr so wie Borril, wenn er versuchte, aus den weitschweifigen Monologen schlau zu werden, die sie an ihn richtete.
»Na schön«, wandte sie sich resolut an die junge Zhena. »Dann kommt mal rein. Zum Mittagessen wärme ich euch etwas Suppe auf, und ehe ihr weiterzieht, könnt ihr euch ausruhen.« Sie drehte sich um und marschierte zum Haus, um vorsichtig die morsche Verandatreppe hinaufzusteigen.
Borril, der befürchtete, er könnte zurückgelassen werden, sprang auf und galoppierte über die Wiese, die drei hölzernen Stufen in einem einzigen unbeholfenen Satz nehmend. Zhena Trelu, die an dem wackeligen Schloss der Windschutztür herumhantierte, redete grummelnd auf ihn ein.
»Borril, sitz, du dummes Tier. Borril!«, rief sie laut, als der Hund an ihr hochsprang und sie um ein Haar umgerissen hätte.
»Borril!«, ertönte hinter ihr eine ruhige, aber energische Stimme. Frau und Hund wandten gleichzeitig die Köpfe. »Borril!«, wiederholte der Mann bestimmt. »Sitz.«
Zhena Trelu sah fasziniert zu, wie der Hund schwanzwedelnd zu dem Fremden hoppelte und seine stumpfe Schnauze in die ausgestreckte Hand drückte. »Sitz«, befahl der Mann noch einmal.
Borril setzte sich hin.
Der Mann zog leicht an einem von Borrils spitzen Ohren und drehte sich dann zu dem Mädchen um, das zu ihm aufschloss.
»Borril?«, sagte sie in fragendem Ton und streckte vorsichtig die Hand aus. Der Hund gab ein dunkles Wuff von sich und schob seinen Kopf vor. Ihren Gefährten nachahmend, zupfte sie sanft an Borrils Ohr. Borril warf sich begeistert auf die Seite, verdrehte die Augen und seufzte genüsslich. Lachend zog das Mädchen die Hand zurück.
Zhena Trelu fuhrwerkte wieder an dem sperrigen Schloss herum und sperrte die Tür weit auf.
»Worauf wartet ihr? Tretet ein!«, schnauzte sie, als die beiden auf der zweiten Treppenstufe stehen blieben und zu ihr hochstarrten. »Und tut nicht so, als hättet ihr keinen Hunger. Ihr zwei seht aus, als hättet ihr seit der letzten Ernte keine vernünftige Mahlzeit mehr bekommen.« Gereizt nahm sie die Sweelims in die Hand, mit der sie die Tür aufhielt, und winkte mit der freien Hand ihre zögerlichen Gäste herein.
Nach einer Weile rührte sich der Mann, stieg schweigend die letzte Stufe hinauf, überquerte die Veranda und trat in die Diele; das Mädchen zockelte einen Schritt hinterher, und Zhena Trelu verbiss sich eine ätzende Bemerkung über Manieren. Glaubte das Mädchen, ihr Haus sei irgendeine Art von Lasterhöhle, und schickte deshalb ihren Mann vor?
Die beiden sind Ausländer, Estra, ermahnte sie sich, als sie sie durch den Flur führte. Du musst ihnen so manches nachsehen. Sie legte die Blumen in das Spülbecken und drehte die Flamme unter dem Suppentopf auf; als sie sich umblickte, sah sie die Fremden, die Seite an Seite im Türrahmen standen und sich mit großen Augen umschauten, als hätten sie noch nie zuvor eine Küche gesehen.
»In ein paar Minuten ist die Suppe heiß«, erklärte sie und seufzte, als das Mädchen verdutzt blinzelte und der Mann eine verständnislose Miene aufsetzte.
Während sie sich vorkam wie eine Vollidiotin, klopfte sie sich gegen die Brust. »Zhena Trelu«, verkündete sie, jede Silbe deutlich betonend und ein wenig lauter sprechend als sonst.
Der Mann lächelte und sah gleich um viele Jahre jünger aus. »Zhena Trelu«, wiederholte er, ihre Aussprache nachahmend.
Es geht also, beglückwünschte sie sich selbst. Dann zeigte sie mit dem Finger auf ihn und legte den Kopf schräg wie Borril. Er bewegte die Schultern und öffnete den Mund zu einer Antwort.
»Sag die Wahrheit, Liaden«, murmelte Miri an
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