LIADEN: Showdown für Clan Korval (German Edition)
Rin, der Junge an seiner Seite, und Natesa, leise und würdevoll, etwas weiter hinten und nach rechts versetzt.
Er hörte die Kugel an seinem Ohr vorbei singen und Natesa rief im gleichen Moment: »Runter!« Er fiel zu Boden, Waffe in der Hand, das Ziel vor Augen.
Es war danach nicht mehr als eine Zielübung – schweres Spiel, und als die Ziele zu erscheinen aufhörten, blinzelte er desorientiert und mit einem lauten Summen in den Ohren.
»Unten bleiben«, zischte Natesa irgendwo hinter ihm. »Nicht bewegen. Wir warten auf Mr. McFarlands Zeichen.«
Es war das Wort »Zeichen«, das ihn wieder in die Realität der Straße zurückbrachte, auf deren halb gefrorenem Matsch er lag, auf den toten Mann starrend, der auf der gegenüberliegenden Straßenseite an einer Mauer zusammengesackt lag, sein Blut erschreckend hell auf dem abgenutzten Bürgersteig.
»Wo …«, begann er, aber Natesas Stimme erhob sich, lauter diesmal.
»Wir haben das Zeichen. Ich werde zuerst aufstehen. Langsam bis zwölf zählen. Wenn ich kein Feuer auf mich ziehe, dann werden Sie aufstehen, aber halten Sie die Waffe bereit.«
Er spürte ihre Bewegung und zählte langsam bis zwölf. Stille lag auf der Straße. Pat Rin erhob sich mit vorgehaltener Waffe.
Jenseits der Straße öffnete sich eine Tür etwas abseits des toten Mannes und eine Frau schaute hinaus, zog sich dann hastig wieder zurück und die Tür schlug heftig zu.
Weitere Bewegung. Cheever McFarland kam aus einem schmalen Spalt, in den er eigentlich gar nicht hätte passen dürfen, und winkte.
»Alles in Ordnung!«, rief er und kam ihnen entgegen.
Erleichtert drehte sich Pat Rin, schaute auf den Boden neben ihm, aber da war nichts außer Matsch.
»Meister?«
»Das Kind!«, sagte er, erinnerte sich an den Gesang der Kugel und Natesas Ruf – beides hatte Jonni nicht hören können. Obgleich, sicher, wenn er sah, dass sich alle zu Boden warfen, würde er doch …
»Das Kind«, sagte er erneut in Natesas schwarze, schwarze Augen. »Wo ist das Kind?«
Ihr Blick wanderte über seine Schulter. Er drehte sich und erblickte den zerfetzten Haufen Kleidung auf dem Boden, gar nicht so weit entfernt.
»Götter.«
Er kniete sich neben den stillen, kleinen Körper und drehte den Jungen in seine Arme. Kein Atem, kein Herzschlag, kein weites, erfreutes Lächeln. Götter, Götter … nein!
»Meister?«
»Wer tat dies?« Die Hochsprache fühlte sich wie Eis in seinem Mund an.
»Meister, Mr. McFarland hat Jim Snyder unter den Toten gefunden«, sagte sie sanft. »Er glaubt, dass die anderen aus dem Gebiet von Boss Deacon kommen.«
Pat Rin kniete, hielt das tote Kind in seinen Armen, und wenn er vor seinen Eidgebundenen weinte, dann ohne Scham, nur noch erfüllt von dieser großen, erschreckenden Kälte.
»Dies endet, und es endet jetzt. Keiner der Meinen wird mehr in den Straßen niedergeschossen werden.«
Er hob sein Gesicht zu Natesa und sah, wie sich ihre Augen weiteten.
»Holen Sie Audrey«, sagte er. Er hörte, wie seine Stimme brach – und es war ihm egal. »Ich möchte den Namen meines Feindes kennen. Er wird für dies bezahlen. Voll und ganz.«
Natesa zögerte vor dem Zugang zum Garten. Eine ungewöhnliche Schüchternheit verwurzelte ihre Füße auf der obersten Treppenstufe. In der Mitte des Daches sah sie ihn, seine Umrisse zeichneten sich vor dem kalten Licht der Nacht von Surebleak ab. Er saß auf einem umwucherten Teil des Gartens, die Schultern gebeugt, die Katze an seiner Seite. Keiner schien den Wind zu bemerken, der aus dem Norden blies und zur nächtlichen Kälte beitrug.
Der Tod des Kindes – sie erinnerte sich an sein Gesicht, das er ihr gezeigt hatte, schlammverschmiert und tränenerfüllt, kalt mit einem Willen, der bloße Rache um mehrere Qualitäten überstieg, und wie sie gezittert hatte, beileibe nicht bloß als Reaktion auf die Kälte.
»Inas, warum bist du hier?« Seine Stimme war sanft und höflich. Er wandte seinen Kopf nicht ab. Und wer wusste, was es bedeutete, dass er sie bei ihrem richtigen Namen ansprach?
Natesa nahm ihren Mut zusammen, hob ihre Füße und betrat den Garten.
»Es ist kalt«, sagte sie im gleichen Tonfall. »Ich bin hier, um Ihnen eine Decke zu bringen.«
»Ah.«
Sanft bewegte sie sich durch die Schatten der brachliegenden Beete und stand dann vor ihm, die Decke über einen Arm gelegt.
Er sah zu ihr hoch, das Gesicht eine goldene Maske im Sternenlicht.
»Danke«, sagte er, machte aber keine Anstalten, die Decke
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