Liberator
drehte sich Riff der Menge zu. »Leute, die niemals verurteilt worden sind! Shivs und Lyes Geheimgefangene!«
»Alles nur Protzer«, sagte Shiv.
»Das stimmt nicht!«, sagte Dunga und trat vor. »Ich war auch eine davon.«
Ein erstauntes Gemurmel ließ sich aus der Menge vernehmen. »Ein Ratsmitglied?« – »Was für ein Verbrechen?«
»Ich dachte, sie ist verletzt.«
Dann meldete sich Padder zu Wort. »Ich verstehe gar nichts mehr. Was machst du hier, Dunga? Wo bist du gewesen?«
»Ich bin an ein Bett gefesselt und vollkommen einbandagiert worden. Auf ihren Befehl hin. Frag die beiden doch mal, warum!«
Gansy drehte sich zu Shiv und Lye. »Warum?«
Und wieder war es Shiv, der antwortete. »Es hat so lange gedauert, bis ihre Wunden verheilt sind. Wir mussten sie stillstellen, damit sich die Wunden nicht wieder öffnen.«
»Meine Wunden sind schon vor langer Zeit verheilt.« Dunga demonstrierte durch ein paar schnelle Tritte und Schläge in die Luft, wie gesund sie war. »Sie wollten mich daran hindern, bei den Ratsversammlungen mit abzustimmen.«
»Dank unserer Pflege«, fuhr Shiv unbeirrt fort, »bist du endlich wieder gesund geworden. Und dann hast du dich freiwillig gemeldet, um Unten die Maschinen zu kontrollieren.«
»Du lügst!«, blaffte Dunga ihn an. »Ihr wolltet, dass wir Unten alle verrecken.«
»Genug!«, fuhr Lye plötzlich dazwischen. »Keiner glaubt dir.« Sie wandte sich an die Menge. »Das ist doch Quatsch. Glaubt irgendjemand ernsthaft, dass wir ein Ratsmitglied umbringen würden, um es daran zu hindern abzustimmen?«
Vereinzelte Nein -Rufe erklangen, und viele im Saal schüttelten den Kopf. Die Idee war einfach zu absurd.
»Sollen wir die Gefangenen wieder nach Unten schicken?«, fragte Lye.
Wieder Kopfschütteln. Die Menge nahm Dunga ihre Geschichte zwar nicht ab, aber andererseits musste ja irgendetwas dran sein.
»Natürlich ohne Dunga«, fügte Lye noch hinzu.
Die Menge schwankte weiterhin. Col und Riff tauschten Blicke aus. Es war an der Zeit, die schlimmste Anschuldigung vorzubringen.
Col trat vor. »Und das ist noch nicht alles. Lye und Shiv haben ein Verbrechen gegen jeden von uns auf diesem Juggernaut begangen.«
»Jetzt wird’s mir aber zu blöd«, schnauzte Shiv. »Wir sind doch hier nich die Angeklagten! Das erlaube ich nicht!«
Col ließ sich nicht irritieren. Die Rotarmbinden vorne in der Menge hatten inzwischen ihre Waffen gesenkt. Er sprach weiter: »Erinnert ihr euch an den Hinterhalt in Botany Bay? Als unser Plan verraten wurde, weil jemand eine Nachricht an eine Tür in der Kaserne geheftet hatte? Wir wissen jetzt, wer die Nachricht geschrieben hat – und es war nicht der Saboteur!«
Col war sich des Risikos, das er einging, bewusst. Er hatte nicht gesagt wir glauben , sondern wir wissen . Lye und Shiv schienen aber nicht besorgt zu sein; auf ihren Gesichtern zeigte sich weiterhin nur Verachtung.
»Aber nicht Lye und Shiv?«, fragte Padder. »Du willst doch nicht etwa sie beschuldigen?«
»Doch«, antwortete Riff mit fester Stimme.
Lye fing laut an zu lachen, und auch aus der Menge war der eine oder andere Lacher zu vernehmen. Aber trotzdem wartete die Menge gespannt auf die weitere Entwicklung.
»Wieso sollten Lye und Shiv unseren Angriff verraten?« Gansy schüttelte den Kopf. »Sie hassen die Imperialisten mehr als jeder andere.«
Col und Riff sahen zu Gillabeth, die auch gleich loslegte. »Eben weil sie die Imperialisten so sehr hassen«, sagte sie. »Dadurch, dass sie den Feind gewarnt hatten, wurde aus einem heimlichen Überfall eine richtige Schlacht. Sie brauchten die Toten auf unserer Seite, damit alle die Imperialisten genauso hassten wie sie selbst.«
»Genau«, sagte Col, der jetzt erst verstanden hatte, worum es den beiden gegangen war. »Eigentlich sollte es ja ein Überfall ohne irgendwelches Blutvergießen werden. Wir wollten Geiseln nehmen und die Imperialisten dadurch zwingen, uns die Kohlen zu geben. Aber Lye und Shiv wollten mehr als das.«
»Sie haben wahrscheinlich nicht mit so vielen Toten gerechnet«, sprach Gillabeth weiter. »Aber sie waren bereit, Leben zu opfern, um alle bis zum Äußersten zu treiben.«
Der Ausdruck der Verachtung war wie festgefroren auf Lyes Gesicht. Und Shivs Augen funkelten vor Wut. »Ihr habt eine Sache vergessen«, sagte er.
Jetzt übernahm Riff wieder. »Glaubst du? Willst du vielleicht sagen, dass das gar nicht stimmen kann, weil Dreckige nicht schreiben können?«
Shivs Mund öffnete und
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