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Liberator

Liberator

Titel: Liberator Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Harland
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gesorgt, dass er mich immer mehr beherrscht hat.«
    »Das ist nicht wahr. Du wolltest das Gleichgewicht im Rat zu deinem Vorteil kippen. Du hast das ganz allein deinetwegen gemacht.«
    »Meinetwegen? Du glaubst, es ging mir um mich? Du weißt doch ganz genau, dass es mir immer nur um uns ging.«
    Jetzt mischte sich Padder ein. »Du hast also so getan, als ob du ’nen Mord aufklären wolltest, den du selbst begangen hast?«
    Entgeistert glotzte er Shiv an.
    »Den wir begangen haben.« Shiv würdigte Padder keines Blickes. »Lye hat mir später auch geholfen. Und sie hatte die Idee, den Mord dem Saboteur in die Schuhe zu schieben. Sie war diejenige, die die Schrauben und Muttern am Dampffahrstuhl gelöst hat, damit es so aussieht, als ob der Saboteur überrascht worden wär. Ich hätte das gar nicht geschafft, weil ich viel zu sehr gezittert habe.« Shiv streckte seinen Arm vor, der wie Espenlaub zitterte. »So wie jetzt.«
    Da platzte etwas in Lye. »Du Schwächling«, schrie sie und spuckte ihn an. »Du hast dich doch nie für die Revolution eingesetzt! Hast nix für die Sache geopfert.«
    »Ich habe alles für uns geopfert«, flüsterte Shiv.
    »Dann bist du nicht nur ein Schwächling, sondern auch ein Idiot! Ein Uns hat es niemals gegeben. Nur kleine schwächliche Träume in deinem kleinen schwächlichen Männerhirn.«
    Der Menge reichte es jetzt. »Die sind ja beide verrückt!«
    »Jemanden umzubringen, um Ratsmitglied zu werden …«
    »Monster!« – »Einer schlimmer als der andere!«
    Sie streiften die roten Armbinden ab, wie wenn der Stoff vergiftet wäre. »Damit wollen wir nichts mehr zu tun haben!«
    Trotzig blickte sich Lye im Saal um. Sie hatte nie schöner ausgesehen: die herabgezogenen Mundwinkel, die bebenden Nasenflügel, die Wangen wie aus Glas geschnitten. »Ihr verdient diese Revolution nicht!«, schrie sie.
    Die Feindseligkeit der Menge war nun mit Händen zu greifen.
    »Feiglinge«, murmelte Lye. Sie sprang zum nächsten Sträfling, entwand ihm seine Waffe, bevor er überhaupt wusste, wie ihm geschah, und zielte in die Menge.
    »Nein!«, schrie Riff warnend. »Wenn du jetzt schießt, bist du tot!«
    Schon legten die ersten Dreckigen und Sträflinge ihre Gewehre an.
    »Ich bin sowieso schon tot«, gab Lye zurück.
    Dann richtete sie ihre Waffe auf Victoria. Die schloss ihre Augen, und Albert versuchte, sich schnell vor sie zu stellen. Aber schon zielte Lye in eine andere Richtung. Diesmal suchte sie sich Shiv aus.
    »Du kommst mit mir!«, befahl sie.
    Erstaunlicherweise gehorchte er. Er ging um Sephaltina herum und sprang vom Podium. Dann entdeckte Lye Mr. Gibber, der in ihrer Nähe lauerte. »Und du auch, mein kleiner Spion.« Sie gestikulierte mit ihrer Waffe. »Wir hau’n hier ab.«
    Sie dirigierte ihre Mitstreiter mit dem Gewehrlauf zur Tür am Ende des Saals. Als ein Dreckiger sich ihr in den Weg stellte, zielte sie auf seinen Kopf und fragte herablassend: »Willst du noch mehr Tote?«
    Die Geschehnisse der letzten paar Minuten hatten alle fassungslos gemacht. Keiner wollte noch mehr Tote. Die Menge wich zurück und ließ sie ziehen.
    »Sie sind gefährlich!«, schrie Col. »Lasst sie …«
    Eigentlich wollte er nicht entkommen sagen, aber er wurde abgelenkt. Riff hatte sich neben Sephaltina gekniet, ihr Handgelenk umfasst und ihr Ohr ganz nah an Sephaltinas Mund gehalten.
    »Nicht tot!« Sie hob den Kopf und rief jubelnd: »Ich kann ihren Puls fühlen! Sie atmet noch!«
    56
    Col war als erster bei ihr, gefolgt von Dunga, Gillabeth und anderen Dreckigen; das Podium war jetzt voller freiwilliger Helfer.
    Riff stand auf und rief in die Menge: »Wir brauchen jemand, der sich medizinisch auskennt. Ist Elber hier? Oder Hatta? Oder Shayle?«
    »Hatta ist da drüben.«
    »Bin schon auf dem Weg.« Hatta hatte ein sehr rotes Gesicht und trug eine Augenklappe. Sie bahnte sich einen Weg durch die Menge und stieg auf das Podium.
    »Lasst ihr doch Luft!«, rief sie und drehte ihre Arme wie eine Windmühle. »Zurück! Platz da. Los! Alle runter vom Podium!«
    Col zog sich mit den anderen zurück.
    Hatta schien genau zu wissen, was sie tat. Nachdem sie die klaffende Wunde in Sephaltinas Hals gesehen hatte, aus der das Blut sprudelte, verlangte sie nach Handtüchern, sauberem in Streifen gerissenen Leinen und irgendeiner Art von Alkohol. Gillabeth eilte los, um alles zu besorgen. Wenn irgendjemand wusste, wo etwas auf dem Juggernaut zu finden war, dann Gillabeth.
    Hatta wollte nur eine Helferin, und zwar

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