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Liberator

Liberator

Titel: Liberator Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Harland
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sich aus«, sagte Lye automatisch.
    »Oh, nein.« Sephaltina lächelte. »Ich bin dazu erzogen worden, immer die Wahrheit zu sagen. Du hast dich in einer Transportschaufel an Land und nach einer halben Stunde wieder an Bord bringen lassen.« Obgleich ihr Lächeln zu reizend und ihre Stimme zu süß war, hatte Sephaltina eine kindliche Einfalt an sich, die es schwer machte, ihr nicht zu glauben.
    »Das ist … es ist …« Lye wandte sich an die Menge. »Das Mädchen ist die Saboteurin. Ihr könnt ihr gar nichts glauben. Sie hätte schon längst hingerichtet werden sollen.«
    Die Menge brach in aufgeregtes Geschrei aus. Unmöglich zu sagen, auf wessen Seite sie war.
    Lye sprang auf das Podium. Sephaltina machte einen Schritt zurück und stieß an Shivs Tisch. Lye machte eine wütende Handbewegung. »Sie sollte hingerichtet werden!«, zischte sie. »Ich sage, tötet sie hier und jetzt.«
    Shiv erhob sich und griff unter sein Hemd. Als seine Hand wieder erschien, hielt sie das Messer mit der langen Klinge und dem Perlmuttgriff fest. Er ging um den Tisch herum und stach Sephaltina in die Kehle.
    55
    Sephaltinas Mund formte ein O des Erstaunens. Rotes Blut lief ihren Hals entlang und verteilte sich auf ihrer Brust. Als Shiv das Messer aus der Wunde zog, stolperte Sephaltina zur Seite, hielt sich einen Moment lang am Tisch fest und sank dann auf dem Podium in sich zusammen. Shiv blickte auf sie herab; er schien selbst erschrocken über das, was er getan hatte. »Ich glaub, sie ist tot«, murmelte er.
    Aus der Menge meldeten sich schockierte Stimmen.
    »Er hat sie getötet«, sagte jemand.
    »Ermordet«, sagte ein anderer.
    Shiv ließ das Messer auf den Tisch fallen, als sei es siedend heiß. »Ich habe sie hingerichtet«, sagte er.
    »Nein, ermordet«, sagte die zweite Stimme wieder.
    Shiv wich zurück, seine Augen blickten unruhig hin und her. »Sie war der Saboteur. Sie hat es verdient zu sterben.«
    »Er hat sie getötet, um sie zum Schweigen zu bringen«, sagte eine dritte Stimme.
    »Damit sie nicht noch mehr erzählt.«
    »Sie wollten nicht, dass wir hören, was sie zu sagen hatte.«
    Die Stimmung wandte sich gegen Shiv und Lye. Eine Dreckige riss sich die rote Armbinde ab und warf sie auf den Boden. »Das ist meine Meinung dazu«, sagte sie.
    Lye, die sich von Shiv abgewandt hatte, beobachtete die Menge.
    »Sie hätte schon längst hingerichtet werden sollen«, wiederholte Shiv Lyes Worte. »Irgendwer musste es ja tun.«
    Mehr und mehr Menschen in der Menge rissen sich jetzt die roten Armbinden ab. Shiv starrte auf Lyes Rücken. »Du hast es selbst gesagt!« Verzweiflung klang in seiner Stimme mit. Er bettelte geradezu um Lyes Beistand. Als Lye sich ihm wieder zuwandte, war ihr Gesicht kalt und ausdruckslos. »Ich habe nicht gesagt, dass du das tun sollst.«
    Shiv starrte sie mit wachsendem Entsetzen an. » Tötet sie hier und jetzt «, zitierte er Lye.
    Lye schüttelte den Kopf. »Nicht, bevor eine ordnungsgemäße Abstimmung stattgefunden hat. Nicht mit einem Messer.«
    Niemand im Saal rührte sich mehr. Alles starrte gebannt auf Shiv und Lye.
    »Tu das nicht!«, sagte Shiv.
    »Du bist zu weit gegangen«, gab Lye zurück.
    »Du brauchst mich. Du und ich zusammen!«
    Lye schüttelte wieder den Kopf. »Du bist immer zu weit gegangen.«
    »Nur auf deine Anweisung hin.«
    Beide wollten sich gegenseitig ihren Willen aufzwingen. Lye starrte Shiv wütend an, während sie versuchte, ihre Macht über ihn wiederzugewinnen. Aber diesmal wollte Shiv es nicht zulassen.
    »Ich lass mich nich einfach abservieren«, knurrte er sie an. »Sei still!«
    »Ich werde nämlich dich abservieren.«
    »Wage es nicht!«
    »Du kannst mir dabei zusehen.«
    Sie waren so aufeinander fixiert, dass niemand anderes für sie im Saal existierte. Dann brach Shiv den Augenkontakt ab und wandte sich zur Menge. »Das ist nicht der erste Mord, den ich für sie erledigt habe«, sagte er.
    »Sei still«, zischte Lye.
    Shivs Augen strahlten in einer perversen Art von Triumph. »Ich habe Zeb für sie umgebracht«, verkündete er.
    »Ich … es war nicht …«
    »Du und ich zusammen.« Shiv konnte nicht länger an sich halten. »Wir haben alles besprochen. Sie wollte unbedingt Ratsmitglied werden, aber erstmal musste ein Platz im Rat frei werden. Und dafür gab es nur eine sichere Methode.«
    »Du warst es! Du hast den Schraubenschlüssel geschwungen. Ich war nicht mal dabei.«
    »Nein, warst du nicht. Aber du hast mir den Gedanken eingeflüstert und dafür

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