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Liberator

Liberator

Titel: Liberator Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Harland
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einer glatten schwarzen Wand im Winkel von fünfundvierzig Grad eine Doppelröhre nach oben. Er erkannte sofort, dass sie aus demselben gewellten Material bestand wie die Doppelröhre, die unten aus dem Rumpf der Romanow herausragte – vermutlich handelte es sich um dieselben Röhren, die von ganz unten bis zu den Oberdecks führten.
    Babja griff sich von einem der Swolotschi ein Gewehr, winkte Col herbei und ging mit ihm auf die Röhren zu. Es schien niemanden zu stören, dass Riff sich ihnen einfach angeschlossen hatte. Sie blieben etwa zwanzig Schritte vor der Doppelröhre stehen. Durch das halbdurchsichtige Material konnte man graue Schatten wahrnehmen, die sich in der einen Röhre aufwärts, in der anderen abwärts bewegten.
    Babja gab Col das Gewehr. »Pokaschi«, sagte sie und gestikulierte dabei. Col verstand nicht, was sie wollte.
    »Ich glaub, sie will, dass du auf einen der Leute in dem Rohr schießt«, sagte Riff.
    »Bitte?«
    »Na, um zu zeigen, wie das Gewehr funktioniert.«
    »Und wenn es Gesindlinge sind?«
    »Ich glaube eher, das sind Offiziere.«
    Col zielte auf drei Umrisse, die sich in der vorderen Röhre abwärts bewegten. Er konnte genug erkennen, um jedem von ihnen einen Schuss in den Kopf zu verpassen. Er entsicherte die Waffe, legte an und nahm den ersten der drei Männer ins Visier. Der Offizier konnte nicht ahnen, was gleich geschehen würde, und war somit ein leichtes Ziel.
    Col hatte seinen Finger am Abzug, aber der Finger gehorchte ihm nicht. Es ist ein Offizier, sagte er sich, kein Gesindling. Ein Offizier. Aber es half nicht. Denn als er sich vorstellte, wie das Hirn des Mannes, von der Kugel getroffen, umherspritzen würde, fand er, dass auch ein russischer Offizier es nicht verdient hatte, ohne Vorwarnung zu sterben.
    »Nun los!«, spornte Riff ihn an.
    Schon war der erste Schatten außer Sicht, aber noch immer konnte Col sich nicht dazu durchringen abzudrücken.
    »Ich kann nicht einfach einen unschuldigen Mann erschießen«, murmelte er.
    Riff schnaubte. »Denk doch einfach, was sie ihren Dreckigen antun. Denk dran, wie sie aus Dreckigen Gesindlinge machen!«
    »Aber dieser eine Mann. Ich weiß doch nicht, was gerade der getan hat.«
    Nun war auch der zweite Schatten aus dem Blickfeld. Babja brummte vor Ungeduld.
    »Das ist unsere einzige Chance«, zischte Riff. »Die ganze Operation scheitert, wenn du nicht zeigst, wie das Gewehr funktioniert.«
    Col zielte auf den dritten Schatten. Aber Riffs Worte hatten es noch schwieriger für ihn gemacht. Jemanden zu töten, nur um zu zeigen, wie etwas funktioniert, schien ihm die schlimmste Form des Mordens zu sein. Er hob das Gewehr hoch und schoss über das Rohr hinweg in die Luft. Die Kugel schlug mit einem lauten Klong ! gegen die Eisenwand und pfiff durch den Raum.
    Der Schatten im Rohr blieb stehen und drehte sich um, der zweite Schatten kam von unten wieder hoch, und dann auch noch der dritte.
    »Das reicht nicht!«, explodierte Riff und versuchte Col die Waffe zu entreißen, aber er ließ sie nicht los. Babja hatte ihre Geduld verloren und wandte sich zum Gehen. Währenddessen machten sich die drei russischen Offiziere an irgendetwas in dem Rohr zu schaffen. Plötzlich öffneten sich drei kleine waagerechte Schlitze in dem Material, und drei Paar Augen schauten hindurch. Die Offiziere gaben verblüffte und wütende Schreie von sich. Col verstand die Worte zwar nicht, aber er verstand ihre Reaktion. Sie sahen sich zwei Dreckigen mit Gewehren gegenüber, die gerade geschossen hatten. Im nächsten Moment hatten sie die Mündungen ihrer Gewehre durch die Schlitze gesteckt.
    »Runter«, schrie Col.
    Er gab Riff einen heftigen Stoß, der sie zu Boden gehen ließ, und warf sich selbst ebenfalls nieder. In derselben Sekunde feuerten die Offiziere los. Die Schüsse pfiffen über Cols und Riffs Köpfe hinweg und trafen Babja. Die ersten zwei Kugeln prallten von ihrem Metallschmuck ab, aber die dritte traf sie in den Hinterkopf; sie fiel auf den Boden, verkrampfte sich und blieb leblos liegen.
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    Die Swolotschi hielten vor Entsetzen den Atem an. Wem würden sie die Schuld geben, überlegte Col – den Offizieren, die die Schüsse abgegeben hatten, oder den Eindringlingen, die die Unruhe verursacht hatten? Er hörte Riff schreien und sprang auf, bevor die Offiziere erneut anlegen konnten. Er sprintete die paar Schritte zu Babja und ließ sich hinter ihrem leblosen Körper fallen.
    Die nächste Gewehrsalve: Babjas Körper zuckte hin und her,

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