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Liberator

Liberator

Titel: Liberator Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Harland
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ihnen auf. Sie durchschritten das Foyer und fanden sich in einer großen lichtdurchfluteten Empfangshalle wieder, deren Wände mit bemalter Vertäfelung verkleidet waren. Die Bilder zeigten idyllische ländliche Szenen aus der Alten Heimat. Es gab auch einige Möbel aus der Alten Heimat, die wie Museumsstücke aufgestellt waren. Col nickte zufrieden, als er den kunstvoll geschnitzten Hutständer, die drei Holzschemel, die Vitrine und die mit geblümtem Seidenbrokat bezogene Ottomane sah. Sein Plan, Antiquitäten gegen Kohle einzutauschen, würde aufgehen!
    Begleitet von den zwei Offizieren schritten sie durch die Halle zum Fuß einer Prunktreppe. Schwere Samtvorhänge schirmten den oberen Bereich ab, die, als sie darauf zugingen, plötzlich aufgezogen wurden. Während die Eskorte der Königin wartete, hastete einer der Offiziere die prächtige Treppe hinauf.
    Sie vernahmen ungeduldiges verärgertes Flüstern von der oberen Etage, gefolgt von einem Geräusch wie von einem aufstampfenden Fuß und schließlich ein lautes Zischen oder Knurren.
    Dann erschienen Sir Peggerton Poltney und Lady Poltney. Anscheinend hatten sie sich in großer Hast in ihre besten Kleider geworfen. Sir Peggertons Vatermörder war falsch geknöpft, und seine Frau strich sich noch ihr Haar glatt.
    »Was für eine Ehre: Ihre Majestät und Seine Königliche Hoheit! Willkommen in unserem bescheidenen Vorposten des Empire, Eure Majestät, Eure Hoheit. Es ist uns eine große Ehre …«, gab Sir Peggerton schleppend von sich, während sie die Treppe hinabstiegen. »Die Peggerton Poltneys stehen zu Diensten.«
    »Wir werden Euch mit Gastfreundschaft überschütten«, fügte Lady Poltney eifrig hinzu.
    Ihre Stimme war deutlich tiefer als die ihres Mannes, und obgleich sie einen hauchdünnen Schal über ihrem blassgrünen mit Volants und Schleifen verzierten Kleid trug, konnte dies nicht ihre muskulösen Schultern verbergen; ihr Körperbau war der eines Hufschmieds.
    »Wie es Eurer huldreichen Anwesenheit gebührt«, bestätigte Sir Peggerton. »Wirklich, unsere Gastfreundschaft wird auf Euch niederregnen«, strömte es aus Lady Poltney hervor. Dann hielt sie plötzlich inne und starrte fragend ihren Mann an. »War niederregnen vielleicht nicht das richtige Wort?«
    Sir Peggerton spitzte seine Lippen, reckte seinen Hals und wackelte mit dem Kopf, um ihr zu signalisieren, dass sie niederregnen auf keinen Fall hätte sagen sollen. Sein Hals war tatsächlich das Aparteste an ihm, so lang und dünn wie er war. Ansonsten hatte er einen kleinen rundlichen Körper und kurze O-Beine. Aber sein Hals war wirklich sehr edel, und sein Kinn ging ohne Übergang in den Hals über.
    Col sprach in die einsetzende Stille hinein. »Eigentlich haben wir es eilig, denn wir sind hier, um Kohle zu bunkern.«
    Lady Poltney erbleichte. »Ach, dieses dreckige Zeugs, Kohle. Lasst uns die Kohle erst einmal nicht mehr erwähnen.«
    Sir Peggerton stimmte zu. »Genau. Erst einmal die Formalitäten, richtige Zeremonien, streng nach Etikette.« Er runzelte die Stirn.
    »Ihr hättet uns wirklich vorab von Eurer Ankunft informieren sollen. Wisst Ihr, wir verfügen über drahtlose Telegraphie in unserer Residenz.«
    Col wollte gerade den kaputten drahtlosen Telegraphen als Entschuldigung anführen, als er begriff, dass Sir Peggerton ausschließlich zu Victoria sprach.
    »Ich schlage einen frühen Lunch vor, Eure Majestät«, fuhr er fort. »Lasst uns die geschäftlichen Dinge für den Moment beiseite lassen und höfliche Konversation betreiben, während wir uns einer leichten Mahlzeit widmen.«
    »Ach ja. Mit Wein und Appetithäppchen auf unserem besten Geschirr.« Lady Poltney freundete sich sofort mit der Idee an. »Wir können alles al fresco auf dem Dach servieren.«
    »Eure Majestät?«
    Victoria fühlte sich offensichtlich unbehaglich. »Also gut. Das Gespräch über die geschäftlichen Dinge dann eben später.«
    Sir Peggerton reckte seinen Hals triumphierend. »So wäre auch das geregelt.«
    Col biss die Zähne zusammen, es war nicht mehr zu ändern. Wie lange würden Riff, Lye und Dunga in ihrer Rolle als Gesindlinge durchhalten? Wie lange würde es dauern, bis Victoria und Albert sich verrieten? Jede weitere Minute Konversation erhöhte die Gefahr, dass sie aufflogen.
    11
    Der Lunch war kein großer Erfolg. Col, Victoria und Albert sowie Sir Peggerton und seine Frau saßen an einem runden Tisch unter einem fröhlich gestreiften Sonnensegel auf dem Flachdach der

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