Liberty 9 - Sicherheitszone (German Edition)

ging es ihm nur darum, mir zwischen all dem Gebrüll eine wichtige Nachricht für dich zuzuflüstern. «
    Spontan griffDante nach ihrer Hand und beugte sich erwartungsvoll zu ihr vor. » Und was war das für eine Nachricht? «
    Sie lächelte ihn an. » Es sieht so aus, als hätte der Käfig tatsächlich irgendwo ein Loch, durch das der Vogel in die Freiheit davonfliegen kann. «
    » Wirklich? Um Himmels willen, nun sag schon, was er dir mitgeteilt hat! «
    » Es waren nur drei kurze Sätze, mehr Zeit hatte er nicht. Sag Dante, ich habe den Weg gefunden! Er führt doch durch den Flaschenhals! Er soll der Doppelspitze folgen. Das war alles. Ich hoffe, du kannst damit was anfangen. «
    Dante gab einen halb gequält, halb erlöst klingenden Laut von sich. » Und ob ich das kann! Er hat den Weg in die Freiheit gefunden! Er hat es tatsächlich geschafft. Oh Jaydan, warum um alles in der Welt hast du dich bloß mit Seywards Tablet erwischen lassen? «
    » Das Warum und Wie werden wir wohl nie erfahren « , sagte Kendira, um dann mit grimmigem Sarkasmus fortzufahren: » Natürlich haben unsere Oberen gestern alles getan, um von Jaydan das Bild eines Verrückten zu malen. Angeblich soll er in seinem Wahn ein Komplott gegen Liberty 9 ausgeheckt haben. Er hätte geplant, nachts Guardians zu überfallen und mit den erbeuteten Waffen ein Massaker unter Electoren und Servanten anzurichten. Das alles soll er in einem Tagebuch, das man angeblich unter seinen Sachen gefunden hat, so festgehalten haben. «
    » Es ist widerwärtig, was die Oberen da an Lügen verbreitet haben! « , sagte Dante. » Ach, Jaydan! So kurz vor dem Ziel, und dann begeht er, der doch immer so extrem vorsichtig war, den Kapitalfehler, sich mit Seywards Tablet erwischen zu lassen. Ich begreife nicht, wie ihm das hat passieren können. Hätte man mich doch nur nicht gerade jetzt nach Eden geschickt! Vielleicht wäre Jaydan dann heute noch am Leben. «
    » Oder ihr wärt beide tot « , sagte sie. » Und ich bin froh, dass es nicht so ist. Denn ich brauche dich. «
    » So wie ich dich brauche? « , fragte er leise.
    Sie war dankbar für die Dunkelheit, sonst hätte er gesehen, wie heftig sie errötete.
    » Ich weiß jetzt, das jedes Wort von dem, was Seyward in der Arrestzelle hinterlassen hat, wahr ist « , sagte Kendira, als hätte sie seine Frage nicht gehört. » Es ist noch einiges andere vorgefallen, von dem du nichts weißt und das nur einer Handvoll meinen Freunden zu Ohren gekommen ist. Ich werde es dir gleich erzählen. Aber was ich dir erst mal sagen möchte: Als sie Jaydan gestern in den Tod gejagt und ihn anschließend so übel verleumdet haben, da habe ich meinen letzten Glauben an das Wohlwollen unserer Oberen verloren. Jetzt habe ich endgültig die Gewissheit, als Elector tatsächlich schon von Geburt an zu einem frühen Tod verurteilt zu sein. Doch ich denke nicht daran, mich wehrlos wie ein Lamm zur Schlachtbank führen zu lassen. Deshalb brauche ich … besser gesagt, brauchen wir deine Hilfe! «
    Er zog die Brauen hoch. » Wir? « , fragte er gedehnt und machte eine skeptische Miene. » Können wir nicht bei dir und mir bleiben? «
    Sie schüttelte den Kopf. » Ich kann nicht nur an mich denken, Dante. Wenn du weißt, wie man aus der Sicherheitszone herauskommt, dann zeige auch uns den Weg! «
    » Für dich allein würde ich das tun und alles wagen, Kendira « , antwortete er nach einem langen Moment des Schweigens. » Aber weißt du, dass du von mir verlangst, Leute, die ich gar nicht näher kenne und die mir auch nichts bedeuten, in das Geheimnis einzuweihen? «
    » Ja, das weiß ich. Aber ich würde es nicht tun, wenn ich mir ihrer nicht absolut sicher wäre. « Sie zögerte kurz, dann fügte sie mit harter Stimme hinzu: » Ich habe dich vor dem Cleansing bewahrt, Dante. Jetzt ist es an dir, über deinen Schatten zu springen und zu tun, worum ich dich bitte! «
    » Du willst sagen, ich stehe in deiner Schuld, und nun ist die Zeit gekommen, diese Schuld bei dir abzutragen, oder? « Ein bitterer Ton hatte sich in seine Stimme eingeschlichen.
    Sie wich seinem verletzten Blick nicht aus und zuckte die Achsen. » Nimm es, wie du willst! «
    Beschwörend sah er sie an. » Kendira, überleg es dir gut! Traust du ihnen wirklich so uneingeschränkt, dass du dein Leben und mein Leben in ihre Hand legen kannst? Denn wenn du dich auch nur in einem von ihnen täuschst, ist uns allen die Auslöschung gewiss– und es wird eine totale Auslöschung sein!