Liberty 9 - Sicherheitszone (German Edition)
des Servanten. Und als Kendira und Nekia ihm bestätigten, die Nachricht mit eigenen Augen gelesen zu haben, war er sichtlich erschüttert. Er rieb sich beide Schläfen, als plagten ihn plötzlich heftige Kopfschmerzen, und sagte dann mit dumpfer, leicht zitternder Stimme: » Ich wollte es nicht wahrhaben. Aber das geht jetzt nicht mehr. Es ist offenbar wirklich so, dass die Oberen uns belügen und uns über unsere tatsächliche Aufgabe im Lichttempel täuschen! «
Kendira lachte grimmig auf. » Wir wissen noch nicht mal, ob sie uns überhaupt wirklich zum Lichttempel fliegen! «
» Im Moment interessiert uns jedoch nur, ob wir das schreckliche Schicksal abwenden können, das man uns zugedacht hat « , sagte Nekia. » Und damit sind wir bei der wirklich wichtigen Frage: Können wir aus der Sicherheitszone entkommen? «
» Entkommen? Aus Liberty 9? « , stieß Carson hervor, bevor Dante ihr antworten konnte. » Alles, was hier angeblich zu unserer Sicherheit installiert ist, entpuppt sich jetzt als Gefängnis! Hier rauszukommen ist völlig unmöglich! «
» Du irrst dich, Carson « , widersprach Dante ruhig. » Es gibt sehr wohl einen Fluchtweg aus der Sicherheitszone. «
» Ist das dein Ernst? «
Dante nickte. » Jaydan und ich suchen schon seit Langem nach einem Weg in die Freiheit. Eine Zeit lang sah es so aus, als hätten wir uns in eine undurchführbare Idee verrannt. Aber während ich zu meiner Einweisung in Eden war, hat Jaydan offenbar gefunden, wonach wir so lange gesucht haben. «
» Es gibt also einen Weg in die Freiheit? « , stieß Nekia aufgeregt hervor.
» Ja, es gibt ihn « , bestätigte Dante, um dann mit warnender Stimme hinzuzufügen: » Aber er ist mit Gefahren verbunden. «
» Aber bestimmt nicht so gefährlich, wie mit dem nächsten Lichtschiff abgeholt und zum Lichttempel gebracht zu werden « , meinte Nekia. » Kurz gesagt: Ich bin dabei, ganz egal, was für einen riskanten Plan du mit Jaydan ausgetüftelt hast! «
» Dasselbe gilt für mich « , sagte Kendira, ohne einen Moment zu zögern, und sah Carson fragend an.
Dieser verzog das Gesicht. » Verdammt, ich wollte eigentlich immer schon mal sehen, wie Liberty 9 von den Bergen aus aussieht, vor allem beim Morgenlob. Also, ich bin dabei! «
Kendira schenkte ihm ein erleichtertes Lächeln und wandte sich dann wieder Dante zu. » Wann willst du es wagen? «
» Morgen Nacht! «
44
Die Automatik lag schwer in seiner Hand, und er umklammerte das Griffstück der Waffe mit mehr Kraft als nötig, während er sich vorsichtig einen Weg durch den Wald suchte. Streifen waren hier selten anzutreffen, aber dennoch musste er vorsichtig sein. In dieser Nacht durfte ihm kein Missgeschick passieren, sonst war alles verloren. Und Guardians auf nächtlicher Streife konnten trotz der Finsternis so gut sehen wie er.
Er beglückwünschte sich im Stillen dafür, dass er daran gedacht hatte, sich ein Nachtsichtgerät zu beschaffen. Es verwandelte den dunklen Wald, der sich in einer so stark bewölkten Nacht wie dieser wie eine undurchdringliche schwarze Wand ausnahm, in ein gut zu überblickendes und in grünes Licht getauchtes Gelände. Das machte es ihm leicht, auch abseits der Wege die Orientierung nicht zu verlieren.
Er lächelte mit müder Dankbarkeit und hielt kurz inne, als er in der Ferne wieder Schüsse hörte. Sie kamen aus nordwestlicher Richtung und damit genau von der Seite der Sicherheitszone, für die er sich entschieden hatte. Besser hätte er es in dieser Nacht gar nicht antreffen können. Es war, als wollten ihm die Nightraider die Umsetzung seines Vorhabens so leicht wie nur möglich machen.
Der mächtige morsche Baumstamm am Waldsaum, der in das freie Feld vor der Umzäunung überging, wartete auf ihn. Das war die Stelle, für die er sich entschieden hatte. Dort würde ihn die Kugel der Nightraider treffen.
Sein Entschluss war schon seit Tagen gefasst. Er ertrug die Schuld nicht länger. Sie quälte ihn in jeder wachen Stunde, raubte ihm den Schlaf und fraß ihn innerlich förmlich auf. Diese seelische Folter musste ein Ende haben. In dieser Nacht würde er es tun!
Der Anblick des zierlichen unschuldigen Mädchens Sinfora, dessen Leben auf dem Cleansing-Stuhl ausgelöscht worden war, hatte ihm den Rest gegeben. Whitelock hatte die Stromstärke viel zu hoch eingestellt. Die Folge waren schwere Hirnblutungen und Krämpfe gewesen. Doch Whitelock hatte kein einziges Wort des Bedauerns darüber verloren, geschweige denn eine Träne
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