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Liberty 9 - Sicherheitszone (German Edition)

Liberty 9 - Sicherheitszone (German Edition)

Titel: Liberty 9 - Sicherheitszone (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schröder
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darüber vergossen, dass dieses junge Mädchen wenige Stunden nach dem Cleansing im Krankenzimmer der Kaserne gestorben und heimlich verscharrt worden war.
    Aber selbst wenn ihm danach noch der letzte verzweifelte Anstoß und Mut gefehlt hätte, sein Vorhaben auch tatsächlich in die Tat umzusetzen, der grauenvolle Tod des Servanten hätte ganz sicher dafür gesorgt. Er würde seinem verpfuschten Leben von eigener Hand ein Ende bereiten, und dann möge Gott seiner Seele gnädig sein!
    Aber es durfte unter keinen Umständen erkennbar sein, dass er Selbstmord begangen hatte. Nicht, weil ihn die Empörung gekümmert hätte, mit der seine Kollegen und der Wächterrat ohne jeden Zweifel auf seinen Freitod reagieren würden. Und ebenso wenig Gedanken machte er sich über einen verächtlichen Nachruf.
    Was er dagegen fürchtete, war, dass die Familie seiner Tochter und sein geliebtes Enkelkind Mary-Jane bitter für seine Flucht in den Tod bezahlen mussten, wenn er ihn nicht vertuschte. Man würde ihnen in Presidio alle Privilegien streichen und sie als Abschreckung vermutlich sogar aus der Hiseci jagen. Aber selbst wenn sie vor der grausamen Verstoßung verschont blieben, würde die Streichung der Sonderzuteilungen über kurz oder lang den frühen Tod seiner Enkeltochter zur Folge haben.
    Deshalb musste es so aussehen, als hätte ihn die Schlaflosigkeit zu einem nächtlichen Spaziergang entlang der Umzäunung am Waldsaum verleitet und als hätte ihn ein Nightraider von der anderen Seite der Schutzanlagen mit einem glücklichen Treffer erwischt.
    Aber nur, wenn man die Waffe nicht neben seiner Leiche fand, würde man die Nightraider mit seinem Tod in Verbindung bringen. Deshalb musste die Kugel, die er sich gab, nicht sofort tödlich sein. Damit ihm genug Zeit blieb, die Waffe gut zu verstecken und sich noch möglichst weit von ihrem Versteck zu entfernen. Auch durften die Schmauchspuren an seiner Kutte nicht verraten, dass ihn ein Schuss aus einer aufgesetzten Waffe getroffen hatte.
    Wie gut, dass er gestern den alten, halb vermoderten Baumstamm mit der tiefen Aushöhlung unter dem dichten Moosgeflecht gefunden hatte. Dort würde er die Pistole und die alte Kapuze verschwinden lassen, die er bei dem Schuss mehrfach gefaltet vor die Mündung der Waffe halten würde. Er musste nur dafür sorgen, dass die Kugel ihn zwar so schwer verletzte, dass er nicht mehr zu retten war, ihm aber noch genug Zeit und Kraft blieb, um mindestens ein gutes Dutzend Schritte zwischen sich und den Baumstamm zu bringen. Notfalls musste er sie kriechend bewältigen, wie dieser Servant.
    Er wusste, dass er höllische Schmerzen erleiden würde. Aber das war ein Teil seiner Buße. Er durfte nur nicht das Bewusstsein verlieren. Es hing also alles davon ab, dass er den Schuss richtig setzte.
    Hatte er auch alles andere richtig bedacht? Hatte er bei seinen Vorbereitungen in der Lichtburg auch wirklich nichts übersehen und zurückgelassen, was gefunden werden und alles vereiteln konnte? War sein Privatquartier tatsächlich frei von allen verbotenen Schriften und Büchern, die seine wahren Ansichten und seine Selbstmordabsichten verraten konnten?
    Während er durch das Unterholz schritt, ging er in Gedanken noch einmal alle Maßnahmen durch, die er unternommen hatte, um alle verräterischen Spuren seines geistigen Doppellebens zu vernichten. Das Versteck hinter der Holzvertäfelung war leer. Seine handschriftlichen Aufzeichnungen und auch alles andere hatte er verbrannt, selbst die Bibel hatte er davon nicht ausgenommen. Es hatte einfach sein müssen, denn…
    Der Gedanke riss jäh ab, als plötzlich von rechts drei Gestalten in das grüne Blickfeld seines Nachtsichtgeräts traten. Erschrocken, weil er die drei für eine Streife Guardians hielt, sprang er hinter den nächsten Baum in Deckung. Er wartete einige nervöse Atemzüge lang ab, dann lugte er vorsichtig hinter dem Stamm hervor.
    Erleichtert atmete er auf, als er sah, dass es keine Guardians waren, sondern zwei Mädchen und ein Junge. Und dass es sich nicht um Servanten, sondern um Electoren handelte, verriet ihm das Flimmern im Schwarz ihrer Umrisse. Es kam von dem silbrig-blauen Gewebe ihrer Kutten. Das Braun der Servantenkleidung rief diesen Effekt nicht vor.
    Er runzelte die Stirn. Was hatten die drei Electoren zu dieser Nachtstunde an diesem einsamen Ort zu suchen? Um ein Liebespaar konnte es sich ja wohl nicht handeln. Kaum anzunehmen, dass dieser Junge gleich mit zwei Mädchen zur selben

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