Liberty 9 - Sicherheitszone (German Edition)
traumhaften Halbinsel und in diesem Bauwerk von unvergleichlicher Schönheit und Erhabenheit der sichere Tod auf sie warten sollte.
Nein, mit diesen völlig haltlosen Mutmaßungen musste ein für alle Mal Schluss sein! Sie würde keine weiteren Gedanken daran verschwenden. Und wozu auch? Was ihr jetzt noch nicht einleuchtete und ihr Rätsel aufgab, all das würde sich schon zur rechten Zeit aufklären und Sinn ergeben.
Und selbst wenn sich doch nicht alles in eitel Sonnenschein auflösen und ihr einleuchten sollte, würde es für sie keinen großen Unterschied machen. Weshalb sollte sie sich denn auch von irgendwelchen misstrauischen und kritischen Grübeleien die Stimmung und das herrlichen Leben hier in der Lichtburg verderben lassen?
Was doch einzig und allein zählte, war, dass sie zu den Auserwählten gehörte, das Hologramm des Alpha-Electors an ihrer Kutte trug, in dieser Nacht mit der Aufgabe eines Lichtträgers beehrt worden war– und dass es eine herrliche warme Sommernacht war, wie dazu geschaffen, um gleich mit ihren Freunden unten am See eine Menge Spaß zu haben!
30
»Was kann es Schöneres geben als eine Lichtmesse!«, rief Nekia und machte einen Hüpfer wie ein übermütiges Fohlen.
» Natürlich eine Lichtmesse, bei der man Lichtträger sein darf! « , kam es nicht weniger aufgekratzt von Leota.
Kendira, die zwischen ihnen ging, schüttelte lachend den Kopf. » Nein, eine Lichtmesse, bei der man Lichtträger sein und anschließend hier unten am See die halbe Nacht verbringen darf. «
Ihre Freundinnen lachten zustimmend.
Das trockene Tackern der Schüsse, die irgendwo aus dem Totenwald zu ihnen herüberklangen und von einem Gefecht zwischen Guardians und einer Bande von Nightraidern kündeten, vermochte ihre ausgelassene Stimmung nicht zu beeinträchtigen. Die euphorisierende Wirkung der Happy Cubes würde noch stundenlang nachwirken. Und so nahmen sie den Schusswechsel ebenso wenig bewusst wahr wie die Bewegungen der Suchscheinwerfer, die in der Ferne von den schwarzen Silhouetten der Wachtürme herab gleißende Lichtlöcher in die Schwärze der Wälder stachen.
» Richtig, das ist ein wichtiger Unterschied « , pflichtete Nekia ihrer Freundin bei. » Selbst für jemanden wie mich, an dem die Lichtfackel nun schon zum elften Mal vorbeigegangen ist. «
Traditionell galt nach einer Lichtmesse die Regel nicht, wonach die abendliche Rekreation exakt eine Stunde und nicht eine Minute länger betrug und sich danach jeder in seinem Dorm einzufinden hatte, bis dann um zehn das Licht in den Schlafsälen ausging. Nach der Lichtmesse, die meist gegen zehn endete, durften alle Electoren die Zeit bis Mitternacht nach Lust und Laune verbringen, sei es auf dem Tennisplatz, am See, am Kletterfelsen, in der Tube, im Gym, im Kreuzgang der Lichtwelten, in der Mediothek, in einem der Baumhäuser oder wo sonst es sie hinzog.
Aber naturgemäß drängte es die Electoren in so einer warmen Sommernacht an den See. Und dementsprechend dicht belagert war nun der untere Uferstreifen, an dem die drei Mädchen gerade entlanggingen.
Es war der Uferabschnitt, der sich vom Bootshaus aus in Richtung Vista Hill erstreckte. Dagegen sah man am oberen Ufer jenseits des Bootshauses nicht einmal halb so viele Jungen und Mädchen wie unterhalb– und das hatte seinen guten Grund.
Der nordöstliche Uferstreifen hinter dem Bootshaus war ausschließlich Angehörigen des Alpha-Levels vorbehalten. Wer als Elector eines niederen Levels diese Regel missachtete, der musste damit rechnen, dass er dafür bitter büßen musste. Immer wieder unter Wasser getunkt zu werden, bis man zu ersticken meinte, war eine der beliebtesten Strafen. Eine andere bestand darin, die Beine des Missetäters oder der Missetäterin mit einem Büschel Brennnesseln zu traktieren, was jedoch nur Wiederholungstätern drohte.
Es verstand sich von selbst, dass der nordöstliche Uferstreifen mit der Half Moon Bay der mit Abstand attraktivste Teil des Sees war. Und zwar nicht nur wegen der kleinen Bucht mit dem weichen Sandstrand und der sich dahinter im Schutz hoher Büsche anschließenden Liegewiese, wo das Gras so dicht wie eine Decke wuchs, sondern zu diesem Teil gehörten auch der Strandpavillon und die drei hölzernen Badeinseln, auf denen man sich ausruhen und sonnen konnte. Sie schwammen etwa dreißig Meter vom Ufer entfernt und waren im Seegrund verankert.
Daneben gab es in brusttiefem Wasser auch noch ein Spielfeld für Wasservolleyball. Die Seitenlinien
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