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Liberty 9 - Sicherheitszone (German Edition)

Liberty 9 - Sicherheitszone (German Edition)

Titel: Liberty 9 - Sicherheitszone (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schröder
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dem glühenden Gitter verschmort.
    Währenddessen öffnete Prinzipal Bishop unter seinem Sitz eine Klappe und holte aus dem Hohlraum einen quadratischen, weiß lackierten Kasten hervor, der auf der Vorderseite das Hyperion-Symbol, den Spektralwürfel, zeigte. Damit begab er sich zum schwarzen Kubus und stellte ihn auf die Abdeckung, um dann mit Master Brownstone wieder zu seinem Sitz zurückzukehren.
    Was nun folgte, war die Austeilung des Beneficium an die Electoren. Master und Prinzipalen nahmen am » Empfang der Wohltat « nicht teil. Die Electoren vermuteten jedoch, dass auch sie ihr Beneficium erhielten, nur eben nicht öffentlich bei der Lichtmesse.
    Wenn das Hologramm des Lichttempels auch unbestritten der Höhepunkt einer jeden Lichtmesse war, so folgte der Empfang der Wohltat doch sehr dicht dahinter. Ja, manchen war der Happy Cube, wie das Beneficium wegen seiner Wirkung unter Electoren oft auch recht respektlos genannt wurde, sogar wichtiger als der Anblick des Lichttempels.
    Die Lichtträger erhielten das Beneficium zuerst. Sie nahmen ihre Fackeln, die inzwischen einen Gutteil ihrer Leuchtkraft verloren hatten, und begaben sich mit dem Primas hinunter auf die Plattform. Der Zug fächerte sich vor dem schwarzen Block auf, und während je sechs Lichtträger rechts und links von ihm Aufstellung nahmen, schritt Templeton in die Einbuchtung und klappte den weißen Kasten auf.
    Nacheinander traten die Lichtträger nun vor ihn hin, nahmen einen kleinen bunt gefärbten Würfel von der Größe einer Walnuss aus seiner Hand entgegen, bedankten sich mit den Worten » Gelobt sei die Erhabene Macht! « und steckten den zuckrigen Würfel in den Mund, um sich dann wieder hinter dem schwarzen Block für den bevorstehenden Auszug einzureihen.
    Kendira musste an sich halten, den köstlichen Würfel nicht in spontaner Lust zu zerkauen, so groß das Verlangen danach auch war. Sie wusste ja aus Erfahrung, dass sie viel mehr von dem unvergleichlich herrlichen Geschmack hatte, wenn sie den Würfel ganz langsam in ihrem Mund zergehen ließ und dabei nicht zu häufig und zu schnell schluckte. Aber dennoch fiel es ihr schwer, sich zu beherrschen. Das Beneficium war eine einzigartige Köstlichkeit, die selbst mit der besten Schokolade und der raffiniertesten Süßspeise im Refectorium nicht mithalten konnte.
    Während sich nun unten die Electoren von ihren Sitzbänken erhoben und in geordneter Reihenfolge die Stufen zum schwarzen Block erklommen, um ihr Beneficium entgegenzunehmen, merkte Kendira schon, wie der Happy Cube in ihr zu wirken begann. Eine wunderbare Leichtigkeit, die fast an ein Gefühl der Schwerelosigkeit grenzte, erfasste sie. Ihr war, als würde alles Belastende und Beunruhigende von ihr abfallen und einer fast wunschlosen Freude und Gelassenheit weichen.
    Tief aus ihrem Innern stieg ein wunderbar kribbelndes Glühen auf, strahlte in alle Richtungen aus, drang in jede noch so ferne Faser ihres Körpers, ließ sie lustvoll erzittern und fuhr ihr wie ein erregender Stromstoß bis in den Kopf. Sie fühlte sich erfüllt von Glück und Freude, aber nicht auf eine die Sinne betäubende, sondern auf jene helle klare Art, wie es einem eben nur beim Genuss des Beneficiums widerfuhr.
    Ihr Blick fiel auf Nekia, als diese gerade den bunten Würfel in den Mund steckte. Ihre Blicke begegneten sich kurz. Ihre Freundin machte ein verzücktes Gesicht, als sie sich den Happy Cube auf die Zunge legte. Und plötzlich kamen ihr alle Überlegungen, über die sie mit Nekia heute Mittag auf der Fensterbank gegrübelt hatte, ausgesprochen einfältig vor– ganz zu schweigen von Dantes düsteren Verdächtigungen!
    Gewiss gab es für alles, was sie in den letzten Tagen beunruhigt und in ihrem Vertrauen zu den Oberen erschüttert hatte, eine ganz vernünftige Erklärung. Selbst die rätselhafte Sache mit Master Seywards Botschaft in der Arrestzelle ließ sich bestimmt auf eine Weise erklären, die seine Behauptungen in einem anderen, nämlich völlig harmlosen Licht erscheinen ließ.
    Gut möglich, dass Seyward tatsächlich den Verstand verloren hatte. So etwas sollte es geben. Und die Logik sprach sehr dafür. Denn davon zu sprechen, dass alles in Liberty 9 » Lug und Trug « sei, und das Mysterium mit dem sicheren Tod gleichzusetzen, solch einen Schwachsinn konnte sich doch wirklich nur ein umnachteter Geist ausdenken!
    Kendira hatte den Lichttempel doch erst gerade wieder mit eigenen Augen gesehen. Wie lachhaft, dass dort auf dieser

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