Liberty 9 - Sicherheitszone (German Edition)
Rotunde einige Meter über der runden weißen Plattform mit dem schwarzen Kubus Gestalt an. Zweimal fiel das Bild wieder in sich zusammen, und Kendira bemerkte aus den Augenwinkeln, wie Templeton in stummer Wut die Fäuste ballte. Ihr war, als wollte er aufspringen, als das Hologramm sich erneut bildete– und stabil blieb.
Da war er, der Lichttempel!
Das Ziel all ihrer Anstrengungen und ihres Sehnens! Der Ort, wo sich ihre Berufung erfüllen und man ihnen das Mysterium ihres hochwürdigen Dienstes enthüllen würde!
Alle Electorenaugen waren wie gebannt auf das Hologramm gerichtet und saugten das Bild, das sich ihren Augen bot, förmlich in sich ein. Kendira machte da keine Ausnahme.
Es war ein Bild von traumhafter Schönheit, das sich vor ihnen unter der Kuppel der Rotunde langsam drehte. Das Rundgebäude des Lichttempels bestand aus grünblauem Glas und graublauem Stahl. Dutzende weiße Marmorstufen führten hinauf zu einer umlaufenden Säulenhalle. Darüber erhoben sich mehrere Dutzend Stockwerke. Und gekrönt wurde das Bauwerk von einem sternenförmigen Dach, dessen im Sonnenlicht glitzernde Zacken sich wie tausend Arme aus Glas und Stahl in den strahlenden Himmel streckten.
Aber das Hologramm zeigte nicht nur den majestätischen Lichttempel, sondern man sah auch die subtropische Halbinsel, an deren Ende sich das gewaltige Bauwerk erhob. Umgeben von einer tiefblauen See, die sanft gegen das steil aufsteigende Felsenufer wogte, und an Land umschlossen von unzähligen Palmen und einer üppig blühenden Parklandschaft, gegen die sich selbst das gepflegte Gelände um die Lichtburg wie ein Stück ödes Brachland ausnahm.
Hier und da waren leises verträumtes Seufzen und andere Laute der Verzückung zu hören, obwohl das Gebot der Stille galt. Ein Gebot, dessen Einhaltung jedoch im Gegensatz zu allen anderen Vorschriften nicht mit aller Strenge durchgesetzt wurde. Die meisten Seufzer kamen von den Bänken der Delta-Electoren. Ihre Münder standen weit offen, und einer von ihnen schluchzte sogar, hörbar zu Tränen gerührt vor Ergriffenheit.
Als das Hologramm erlosch, ging ein enttäuschtes Raunen durch die Reihen der Electoren. Sie alle hätten sich nur zu gern noch länger in den Anblick des Lichttempels versenkt und von dem Leben geträumt, das dort eines Tages auf sie wartete.
Aber dafür gab es gleich das Beneficium, und das war weit mehr als nur ein schwacher Trost.
Templeton erhob sich, gefolgt von allen anderen, und rief von der Empore hinab: » Libertianer, lasst uns all derer gedenken, die im aufopferungsvollen Dienst für die Erhabene Macht ihr Leben gelassen haben und uns durch ihre selbstlose Hingabe verpflichten, ihr Opfer durch unseren noch entschlosseneren Einsatz zu ehren! «
Kendira stutzte.
Wie oft hatte sie diese Worte schon gehört, sich jedoch nie Gedanken darüber gemacht, was sie wohl zu bedeuten hatten. Dass andere Electoren vor ihr im Dienst für die Erhabene Macht ihr Leben gelassen hatten, war ihr immer nur als eine pathetische, leere Floskel erschienen.
Nun jedoch, im Licht der jüngsten Ereignisse, erhielten diese Worte ein völlig neues Gewicht. Und damit kroch nun auch die beklemmende Ungewissheit wieder in ihr Bewusstsein zurück. Templeton streckte jetzt die Arme aus und rief, wie das Ritual der Lichtmesse es vorsah:. » So lasst uns nun gemeinsam unser Credo sprechen, wie es recht und würdig ist! «
Im nächsten Moment erfüllte der Sprechchor des versammelten Konvents die Lichtbasilika mit dem Credo der Libertianer.
» Erhabene Macht im Universum,
gelobt sei dein Name,
verherrlicht deine Macht in Unermesslichkeit.
Du herrschst über alles, was ist.
Dein Wille geschehe hier im Tal,
in deinem Tempel des Lichts
und in den ewigen Weiten des Alls.
Deine Kraft komme über uns
und deine Kraft geleite uns.
Nimm alles Zögern und Zaudern von uns und gib,
dass wir anderen ein leuchtendes Beispiel der Hingabe sind.
Bewahre uns vor der Finsternis und dem Bösen der Dunkelwelt
und führe uns in dein ewiges Licht!
Denn dir, Erhabene Macht,
ist alles auf Erden,
im All und im Licht der Ewigkeit! «
Kaum waren die letzten Worte des Credos in der Basilika verhallt, als Master Brownstone sich von der steinernen Sitzbank erhob und zum schwarzen Kubus schritt. Dort zog er eine runde schwarze Metallplatte aus der Einbuchtung hervor und deckte damit die Kristallschale ab. Es stieg inzwischen kein Rauch mehr aus dem Glutbehälter auf, waren die Harzklumpen doch längst auf
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