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Liberty 9 - Sicherheitszone (German Edition)

Liberty 9 - Sicherheitszone (German Edition)

Titel: Liberty 9 - Sicherheitszone (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schröder
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sie weiterhin stumm an, als könnte er sich nicht von ihrem Anblick lösen. Es konnten nur Sekunden sein, doch Kendira kamen sie viel, viel länger vor.
    Und dann bewegte er sich. Er zog sich nicht etwa, sondern er kam ohne jede Hast aus dem Ginstergebüsch hervor, trat zu ihr hin, schüttelte kaum merklich den Kopf, ohne dabei den Blick von ihr zu lassen– und nahm ihr Gesicht in beide Hände.
    Sprachlos sah sie zu ihm auf. Sie konnte nicht glauben, was geschah und was sie ohne einen Laut der Empörung mit sich geschehen ließ. Ihr war, als wäre plötzlich die Zeit stehen geblieben oder hätte sich zumindest extrem verlangsamt. Gleichzeitig passierte mit ihrer körperlichen Wahrnehmung etwas Ähnliches. Kendira hatte das Gefühl, als brannten sich seine Hände in ihre Wangen und als drang sein Blick bis in ihre Seele. Sie spürte den einen Wassertropfen, der ihr vom Kinn perlte, zwischen ihren Brüsten entlang und über ihren Bauch rann.
    Ein Moment verstrich, nicht länger als ein bebender Herzschlag und zugleich jenseits aller objektiv messbaren Zeit. Dann beugte Dante ihren Kopfleicht zur Seite und küsste sie erst aufbeide Augen, als wollte er die Wassertropfen aufsaugen, die in ihren Wimpern hingen. Im nächsten Moment presste er seine Lippen auf ihren halb offenen Mund.
    Der Kuss raubte Kendira den Atem. Unwillkürlich bog sie den Rücken durch und krümmte sich ihm und seinem Mund entgegen. Ein erstickter Laut entrang sich ihrer Kehle, als sie seine Zunge spürte, die sich zwischen ihre Lippen schob, und es durchzuckte sie wie ein Stromstoß, als sich ihre Zungenspitzen berührten.
    Die Zeit schien nun endgültig zum Stillstand gekommen zu sein. Ausgeblendet war die Welt um sie herum. Auch das bewusste Denken stellte wie gelähmt die Arbeit ein. Es gab nur noch die überwältigende Hitzeflut, die Dantes Lippen und Zunge in ihr hervorriefen und die sie von Kopf bis Fuß erfasste.
    Den dumpfen Knall und das blitzschnell lauter werdende Zischen nahm Kendira nur unbewusst wahr. Die Geräusche schienen von jenseits einer dicken Wand aus Watte zu kommen.
    Es waren erst die Warnschreie » Raketen! Deckung! Nightraider! « , das fast gleichzeitig einsetzende Geheul der Sirenen auf den Wachtürmen und der ohrenbetäubende Krach beim Bootshaus, die den Bann brachen, Kendira aus ihrer Erstarrung rissen und Dante zurückzucken ließen.
    Reflexhaft fuhr Kendira herum, als die erste Rakete auf dem Metalldach des Bootshauses einschlug, beim Aufprall in rauchende Fetzen auseinanderplatzte und einige spärliche Bündel Flugblätter in die Luft schleuderte. Das schrille Kreischen und Scheppern der Wellblechplatten klang wie ein gigantischer disharmonischer Gong.
    Als sie sich einen Atemzug später wieder umdrehte, riss sie ungläubig die Augen auf. Dante hätte doch direkt vor ihr stehen müssen!
    Aber da war kein Dante mehr, sondern nur Ginstergebüsch und Dunkelheit.

32
    Kendira starrte in die Finsternis, die Dante von einem Moment auf den anderen verschluckt zu haben schien. Er war so unvermittelt und lautlos mit der Dunkelheit verschmolzen, wie er aus ihr aufgetaucht war.
    Oder hatte sie sich das alles nur eingebildet?
    Hatte sie vielleicht gerade eine Halluzination erlebt, die irgendwie vom Happy Cube und dem Brandy hervorgerufen worden war? Es hieß ja, dass das Beneficium manchmal eine besonders starke euphorisierende Wirkung hatte. Außerdem reagierte nicht jeder in gleicher Weise darauf.
    Ja, eine Halluzination! Das muss es gewesen sein!
    Aber schon nächsten Moment meldete ihr Verstand Widerspruch an. Nein, so war es nicht gewesen. Sie hatte es tatsächlich erlebt!
    Dante, ein Servant , hatte sie nicht nur zu berühren gewagt, sondern er hatte sie einfach gepackt und geküsst– und das alles, während sie splitternackt war!
    Jede Einzelheit war ein unverzeihliches Vergehen, auf das Cleansing stand! Und alles zusammen war mehr als genug für eine öffentliche Hinrichtung!
    Hatte Dante den Verstand verloren?
    Und was ist mit mir? Habe ich nicht auch den Verstand verloren?,fragte sie sich sogleich. Ich habe es zugelassen! Ich habe es zugelassen, statt ihn von mir zu stoßen und ihm eine runterzuhauen!
    Während der Feuerschweif der zweiten Rakete aus dem Totenwald steil in den Nachthimmel aufstieg, auf den beiden nächstgelegenen Wachtürmen das wütende Stakkato der Schnellfeuergewehre einsetzte und die am Ufer versammelten Electoren den Sturz des Flugkörpers mitten in den See mit lautem Gejohle bejubelten, rang

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