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Liberty 9 - Todeszone

Liberty 9 - Todeszone

Titel: Liberty 9 - Todeszone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schröder
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griff und ihr über das Geländer half. » Kann man ihn von hier aus gut sehen? «
    » Und ob man das kann! « , versicherte er, während er den Arm um sie legte und sich mit ihr zusammen umdrehte. Dass von dieser nach Südwesten weisenden Galerie aus nichts ihren Blick behinderte und helle Lichter in einigen Kilometern Entfernung die Nacht erhellten, diese flüchtigen Eindrücke aus den Augenwinkeln hatte er beim Überklettern des Geländers nicht vermeiden können, auch wenn er schnell nach unten auf den Gitterrost geblickt, sich auf die sichere Seite gezogen und sich dann gleich zu Colinda umgewandt hatte. » Hier befinden wir uns ja auf der Südwestseite. Siehst du, da ist Presidio! Und dort drüben… «
    Jäh brach er ab.
    Ja, die Hiseci Presidio lag zum Greifen nahe vor ihren Augen, und der Anblick, den die Hauptstadt der Supreme Republic of Hyperion bot, entsprach genau den Bildern, die man ihnen in der Lichtburg oft genug gezeigt hatte: eine stolze Stadtfestung und Insel des Lichts inmitten der Dunkelwelt. Die hügelreiche Fläche dicht bebaut mit Gebäuden aller Art, die von der schlanken und hoch in den Himmel aufsteigenden Hyperion-Pyramide noch um einige Dutzend Meter überragt wurden. Auf drei Seiten von Wasser umgeben, im Westen umspült vom Pazifik, im Norden und Osten von den Fluten der Bay. Und schützend umschlossen von dreißig Meter hohen Betonmauern mit Wehrgängen und einer Kette von Wachtürmen auf ihrer Krone. Meterdicke Festungsmauern, die geradewegs aus den dunklen Fluten aufzusteigen schienen.
    Aber da, wo der Lichttempel vor der Nordwestspitze hätte liegen und mit seinem einzigartigen Leuchten selbst den hellen Schein der vielen Scheinwerfer auf dem Festungsring und die Lichter der Hochhäuser und der hell erleuchteten Hyperion-Pyramide hätte in den Schatten stellen sollen, da war– nichts.
    » Ich verstehe das nicht « , murmelte Colinda verstört. » Wo ist der Lichttempel? Müsste er denn nicht genau da auf einer vorspringenden Landzunge liegen? « Sie wies auf die Nordwestspitze von Presidio.
    Ungläubig und mit offenem Mund starrte Duke hinaus in die Nacht und auf jenen Punkt im Wasser, auf den Colinda deutete. Wolken zogen über den Himmel, aber die Sicht war gut, vor allem aus dieser Höhe.
    » Ja, müsste er eigentlich, aber… da – ist – nichts! « Er betonte jedes einzelne Wort, als sträubte sich sein Verstand, zu akzeptieren, was seine Augen sahen– oder besser gesagt: was sie nicht sahen.
    Unwillig schüttelte Colinda den Kopf. » Das geht doch gar nicht! Der Lichttempel muss irgendwo da sein! Sie haben ihn uns doch so oft gezeigt! Der hochwürdige Dienst im Lichttempel ist doch unsere Bestimmung! Und gestern Morgen hat Tec Master Blackstone doch erst noch gesagt, dass es von hier zum Lichttempel hinüber nur ein kurzer Sprung ist. «
    » Ja, hat er. Ich begreife es ja auch nicht, aber wir können es drehen und wenden, wie wir wollen, es bleibt dabei: Hier ist nirgendwo ein Lichttempel zu sehen, Colinda!Er ist… einfach… nicht… da! Wenn er wirklich hier irgendwo stünde, müssten wir ihn von hier aus auch sehen, so groß und hell, wie er ist… oder angeblich sein soll. «
    » Was meinst du mit angeblich? «
    Er zuckte die Achseln und fuhr sich mit der Hand über das Gesicht. » Entweder Tec Master Blackstone hat gelogen, und auch unsere Oberen in Liberty9 haben gelogen und es gibt diesen Lichttempel überhaupt nicht– oder wir sind blind! Ich weiß, es klingt verrückt, absolut absurd. Aber hast du vielleicht eine bessere Erklärung? «
    » Nein « , murmelte Colinda. » Aber warum sollten sie uns denn angelogen haben? «
    » Ich weiß es nicht « , sagte Duke, nicht weniger erschüttert und aufgewühlt. Plötzlich musste er an Arkans Haarbüschel im Abfluss der Dusche denken, an den permanenten Husten der Alten, ihre ständige Mattigkeit und schmerzenden Glieder, Pattersons Bemerkung über die tödlichen Strahlen der Brennstäbe und an den zerstörten dritten Meiler sowie an Ashtons Tod.
    Augenblicklich stieg eine dunkle Woge unheilvoller Ahnung in ihm auf, überschwemmte ihn mit namenloser Angst und schnürte ihm die Kehle zu. Ihm brach der Schweiß aus, und er umklammerte die Geländerstange, weil er fürchtete, von Schwindel gepackt zu werden und zu stürzen. » Was immer es ist « , krächzte er, » ich fürchte, die Wahrheit wird… «
    Er kam nicht mehr dazu, seine Befürchtung auszusprechen. Denn in dem Moment fiel unvermittelt von hinten ein breiter

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