Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Liberty Bell: Das Mädchen aus den Wäldern (German Edition)

Liberty Bell: Das Mädchen aus den Wäldern (German Edition)

Titel: Liberty Bell: Das Mädchen aus den Wäldern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Rosen
Vom Netzwerk:
Moment inne. »Aber dann…«
    Wieder eine Pause.
    »Was dann, Chazza?«
    Ernestos Stimme klang dünn.
    »… dann bekam sie anscheinend heraus, was Stanley tat, wenn er sich in seinen Jaguar setzte und – davonfuhr… Das, was ich dir jetzt erzähle, habe ich selbst erst in diesem Sommer erfahren. Du musst wissen, Ernesto, nachdem deine Mom – mir klarmachte, dass sie mich immer noch nicht wollte, obwohl sie – mein Kind erwartete, verließ ich Amerika und reiste eine Weile durch Europa. – Als ich wiederkam, war viel geschehen.«
    »Was war geschehen, Chazza?«
    Der Ewig Summende zögerte, aber dann gab er sich einen Ruck. »Was soll ich sagen? Sondra hatte Stanley sozusagen auf frischer Tat bei dem grausigen Spiel, das er da trieb, ertappt. Aber statt Hilfe zu holen, stellte sie ihn selbst zur Rede. Es gab einen heftigen Streit. Stanley schlug sie und Sondra sagte ihm, dass sie ihn verlassen würde. Dann kam der Tag, als Stan verunglückte. Ich weiß bis heute nicht, ob er wirklich abstürzte – oder ob jemand nachhalf… Sondra? Oder vielleicht das unglückliche – Mädchen? Jedenfalls überlebte Stanley. Und er hatte ja Zeit seines Lebens sehr viel Willenskraft. Ich konnte sie bei meinen Besuchen förmlich aus ihm herausströmen spüren. Er erholte sich rasch – nur seine Beine blieben gelähmt. Aber das hinderte ihn nicht daran, seinen Weg weiterzugehen. Sondra hatte ihn nicht in der Klinik besucht, also sorgte er dafür, schnell nach Hause zu kommen. Er engagierte eine Krankenschwester, die bis dahin in seiner Klinik gearbeitet hatte. Sie wurde sein – verlängerter Arm… oder besser, so etwas wie seine Sklavin.«
    Ernesto runzelte die Stirn, aber Liberty Bell hatte verstanden.
    »Natasha …?«, fragte sie leise.
    Chazza nickte. »Ja, Natasha. Sie war eine… sehr verzweifelte, junge Frau damals. Sie hatte ein Baby, einen kleinen Sohn, der schwer herzkrank war, und sie war ganz alleine, hatte keinen Vater für dieses Kind.«
    »Bartosz«, sagte Ernesto mechanisch.
    Chazza nickte. »Richtig, Bartosz. Er war so krank, dass er kaum eine Chance hatte zu überleben. Eine Menge Operationen waren nötig, sein Leben zu retten, aber Natasha Zlotsky hatte kein Geld. Und auch keine Versicherung, die helfen konnte.«
    Chazza hielt erneut inne und suchte nach Worten. »Natasha war damals völlig verzweifelt. Sie brachte dem Baby Tag für Tag Muttermilch in die Klinik, damit war sie sehr genau, und verbrachte außerdem jeden freien Augenblick an seinem Bettchen auf der Säuglingsstation. Aber vor allen Dingen brauchte sie Geld, wenn sie ihr Baby retten wollte…«
    Ernesto nickte langsam. »Und – mein – Vater – gab – ihr – dieses Geld?«, fragte er leise und tastend.
    Chazza nickte. »Allerdings verlangte er eine – Gegenleistung.«
    »Welche?«
    »Es ging um deine Mutter. Sie stand kurz vor deiner Geburt, aber danach wollte sie ihn verlassen. Sie bereitete alles vor, doch dann kam Stan ihr, mit Natasha Zlotskys Hilfe, zuvor.«
    Chazzas Hände begannen zu zittern, er legte die kleine Zimbel behutsam zur Seite und fuhr sich ein paarmal über das schmale, vor Traurigkeit zerfurchte Gesicht.
    »Sie gaben ihr wohl zuerst ein leichtes Beruhigungsmittel, Ernesto, um leichteres Spiel zu haben.« Das Reden fiel ihm schwer, das war deutlich zu sehen. »Später dann setzten sie eine echte, tiefe Narkose und Stanley operierte in seinem Haus.«
    »Er… er operierte? Was soll das heißen?«, fragte Ernesto verwirrt.
    »Dich«, flüsterte Liberty Bell sanft. »Er… er holte dich. – Oder?«
    Chazza nickte langsam. »Ja, er machte einen Kaiserschnitt und holte das Baby, von dem er wohl doch annahm, es sei sein Kind, das er haben wollte.«
    Ernesto spürte, wie seine Kehle eng wurde. Er bekam auf einmal nur schlecht Luft.
    »Wie bitte?«, flüsterte er heiser.
    Chazzas Gesicht war eine Maske. »Genau weiß ich die Vorgänge bis heute nicht – da Sondra sie ja auch nicht wusste und verstand… Er hatte sein Kind Natasha anvertraut. Sie stillte es, denn Stanley wollte das Beste für seinen Stammhalter. – Der kleine Bartosz bekam nun keine Muttermilch und auch keine Besuche mehr, aber dafür wurde er von den besten Herzspezialisten operiert und behandelt. Als es ihm besser ging, bezahlte Stan seinen Transport nach Polen zu Natashas Bruder und dessen Familie, während Natasha bei Stan und Sondra blieb und weiter das Baby ernährte und betreute. Nach und nach wurde sie deine Mutter, Ernesto. Alle Liebe, die sie

Weitere Kostenlose Bücher