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Liberty Bell: Das Mädchen aus den Wäldern (German Edition)

Liberty Bell: Das Mädchen aus den Wäldern (German Edition)

Titel: Liberty Bell: Das Mädchen aus den Wäldern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Rosen
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Elternhausvilla in sein Ohr und sein Bewusstsein gedrungen waren.
    Ronan streifte seine Lacoste-Armbanduhr ab und legte sie auf Salvadors Dielenboden neben Chazza Blumes Kette.
    Salvador entschied sich für Ernest Hemingways Der alte Mann und das Meer, das er gerade zum ungefähr eine Millionsten Mal las.
    Darayavahush schwankte zwischen einem seiner Deos, seinem heiligen Immer-und-allzeit-bereit-Kondom, das er schon über zwei Jahre in seinem Portemonnaie mit sich herumtrug, und seinem iPhone. Zum Schluss entschied er sich seufzend für sein Handy und legte es neben Hemingway zu Boden.
    Mose übergab seinen Lieblingsgürtel dem OBO-Schicksal. Es folgten die heiligen, ausgestreuten Oreobrowniekrümel und dann schritt das Orakel zur Tat, beziehungsweise stürzte sich Dalí schwanzwedelnd und sabbernd wie eh und je über die ausgebreiteten Insignien.
    Diesmal traf es Ernesto, jedenfalls verkündete das Dara und schnappte sich erleichtert sein Telefon vom Boden, um es von Krümeln, Spucke und Hundehaaren zu befreien. Ronan runzelte die Stirn, er war der Ansicht, dass das Orakel sowohl Kette als auch iPhone gleichzeitig besabbert hätte, aber während sie noch darüber diskutierten (»He, wie sollte das denn funktionieren? Dalí hat doch kein Halbesmetermaul…« Das kam von Mose.), hatte Ernesto schon abgewinkt.
    Er wusste nicht, woran es lag, aber aus irgendeinem Grund hatte er sich insgeheim sogar gewünscht, dass es diesmal ihn treffen würde.
    Da ist sie. Bei ihr ist eines der merkwürdigen Tiere. Nur dass dieses nicht rötlich braun ist, wie das, das sie – beim letzten Mal geschlachtet hat. Dieses hier ist fast… blond, bernsteinfarben, obwohl sich das falsch anhört, denn es ist genauso hässlich und gedrungen und struppig wie das andere. Nur eben in hell. Es hat Ähnlichkeit mit einem gigantischen Meerschweinchen. Es kauert zu den Füßen des Mädchens, das wieder nackt ist. Im Gras sitzt. An einen Baumstamm gelehnt. Die Augen geschlossen. Eine Hand im Fell der Biberratte, wenn Ernesto sich richtig erinnert an Salvadors Bezeichnung für diese dicken, schwerfälligen Tiere.
    In den Käfigen, die Ernesto schon vom letzten Mal kennt, rumoren die Artgenossen. Wie viele es wohl sind? Dem Gescharre nach zu urteilen, eine Menge.
    Warum friert sie nicht? Es ist wirklich ein kühler Tag. Über den angegrauten Himmel toben Krähen, wirbeln und kreischen, machen einen unheimlichen Radau. Hitchcock-Grusellärm. Ab und zu lassen sie sich wie auf Kommando in drei hohe Bäume am Rand der Lichtung nieder und verpassen den Baumwipfeln eine schwarze, laute Gruselsilhouette.
    Ernesto schaut sich nach den anderen um. Und jetzt? Noch hat sie ihn nicht im Schatten der Büsche entdeckt. Ihre Haare sind wirr und reichen ihr über die Schultern bis zur Mitte ihres dünnen Rückens. Sie sehen verfilzt und stumpf aus, aber nicht hässlich. Sie ist blond. Ernestos Blicke fliegen über ihren Körper. Brust, Rippenbogen, Taille, die Beine wieder im Schneidersitz, wahnsinnig schmutzige Füße.
    Ihre kleinen Brustwarzen sind aufgerichtet, klar bei der Kälte. Ernesto schaut schnell wieder weg. Er ist schließlich nicht Darayavahush, er ist kein Spanner. Hier geht es um etwas anderes. Nur – worum?
    Ernesto sieht, dass Darayavahush ihm ungeduldige Zeichen macht. Ronan, Salva und Mose dagegen sind nur vage Schatten im Hintergrund. Aber Darayavahush hat auf einmal ein kleines Fernglas in der Hand. Ernesto schüttelt unwillig den Kopf.
    Das Tier schnaubt und das Mädchen lächelt es an und legt seinen Kopf auf seinen klumpigen Leib. Wieder schließt sie die Augen.
    Ernesto gibt sich einen Ruck. Jetzt oder nie. Es hat schließlich keinen Sinn, ewig im Verborgenen herumzuliegen. Dazu hätten sie nicht herkommen müssen. Leise kriecht er näher. Ist sie eingeschlafen? Sie scheint keine Angst zu kennen, wenigstens kommt ihm das so vor, denn ihr Vorsichtigkeitsradar ist nicht sehr ausgeprägt. Was macht sie hier? Zum tausendsten Mal dieselbe Frage. Und wie lange lebt sie schon an diesem Ort?
    Ernesto kauert sich nieder, um sie besser sehen zu können. Wieder lässt Hitchcock aus dem Jenseits am verhangenen Himmel die Krähen aufflattern und dazu kreischen, als gälte es ihr Leben. Der Himmel wird beinahe schwarz dabei, eine schwarze, flatternde Wolke. Und wieder sinkt sie nur Sekunden später erneut in die Baumwipfel hinab, aufgebracht und wild. Blätter rieseln von dort oben herab.
    Da sieht Ernesto, dass sie die Augen geöffnet hat.
    Sie blickt

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