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Liberty Bell: Das Mädchen aus den Wäldern (German Edition)

Liberty Bell: Das Mädchen aus den Wäldern (German Edition)

Titel: Liberty Bell: Das Mädchen aus den Wäldern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Rosen
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herein und nahm Dr. Oakvilles Kamera von der Wand.
    »Na, endlich«, murmelte Ernesto erleichtert. Der Pfleger nickte und lächelte. Er schien es genauso zu sehen.
    Und dann kam Dr. Bolino, zusammen mit Dr. Walther. Auch Dr. Oakville und eine der beiden Sozialarbeiterinnen hatten sie ärgerlicherweise mit im Schlepptau.
    Es war genau der Moment, als Liberty Bell und Sally zusammen aus dem Badezimmer zurückkehrten.
    Ernesto lächelte Liberty Bell an. »He, du siehst wunderschön aus …«, hätte er gerne gesagt, aber er kam nicht zu Wort, denn das Reden übernahmen Dr. Bolino und Dr. Walther.
    »Oh, Liberty Bell, wie schön …«, sagte Dr. Bolino nämlich lächelnd. »Wo hast du denn das fantastische Kleid her? – Darauf hätten wir wirklich schon eher kommen sollen, dir etwas Eigenes zum Anziehen zu besorgen, was?«
    Die letzte Frage richtete sie auch an ihr Kollegenteam und an Leslie, die Frau vom Sozialdienst.
    Dr. Walther nickte und gestattete sich ein dünnes, unbeeindrucktes Lächeln. Man sah deutlich, dass es ihm völlig egal war, was Liberty Bell oder irgendjemand anderes in diesem Raum oder sonst wo auf der Welt trug.
    Dr. Oakville nickte zerstreut, nachdem er ebenfalls einen kurzen Blick riskiert hatte, während er weiter in seinen Unterlagen blätterte.
    Leslie murmelte etwas von Reihenfolge einhalten, Einkäufe sind eigentlich noch nicht dran…
    »Kommen wir zur Sache«, sagte Dr. Oakville in diesem Moment. Und die Sache war, wie es aussah, der unmittelbar bevorstehende Besuch von Mr und Mrs Spencer Lyford.
    »Was? Sie sind schon hier?«, sagte Ernesto und warf Sally einen dankbaren Blick zu. Wäre sie nicht gekommen, um ihn einzuweihen, säße er jetzt immer noch untätig und niedergeschlagen mit seinen Kumpels zu Hause und hätte von nichts eine Ahnung, während Liberty Bell…
    Er wollte den Gedanken gar nicht zu Ende denken.
    »Ja, alles hat sich etwas überstürzt entwickelt«, erklärte Dr. Bolino hastig und hauptsächlich in Ernestos Richtung. Ihre vorstehenden Augen schienen um sein Verständnis zu bitten. »Aber Mr Lyford ist eben schon sehr alt – und will heute Abend bereits zurück nach Los Angeles fliegen…«
    »Mr… – Lyford?«, sagte Liberty Bell in diesem Moment und ihr Blick flog von Dr. Bolino zu Ernesto und wieder zurück. »Wer… wer ist…?«
    »Hey, ja, du hast richtig gehört, Liberty Bell«, sagte Ernesto leise. »Es sind – ihre Eltern. Ich meine, die Eltern deiner… Mom.«
    »Allerdings …«, begann Dr. Oakville geschäftsmäßig, aber Dr. Bolino ließ ihn nicht aussprechen.
    »Alles andere können wir später klären«, sagte sie bestimmt, dann wandte sie sich direkt an Liberty Bell. »Hör mal, sie wollen dich schrecklich gerne kennenlernen. Sie sind froh, dass es dir wieder besser geht. Sicherlich wollen sie dir auch ein paar Fragen über Annie… über deine – Mom stellen. Meinst du, du schaffst es, mit ihnen zu sprechen? Sie sind freundlich, Liberty Bell. Und Mr Lyford ist wirklich schon sehr alt, musst du wissen…«
    Liberty Bell nickte langsam, aber sie hatte die Augen gesenkt und schien nach Worten zu suchen. So machte sie es oft. Ernesto hatte immer das Gefühl, dass sie sich das, was sie sagen wollte, immer erst ganz und gar im Kopf zurechtlegte und den Satz dann zum Schluss rasch und in einem Atemzug ausstieß. Im Normalfall klang das charmant, jetzt aber schien Liberty Bell sich mit etwas zu quälen, während sie in ihrem Inneren nach Sätzen suchte.
    »Meine Mom… sie mochte sie nicht, ihre… Eltern …«, murmelte sie schließlich hastig und bedrückt. »Sie haben sie… im Stich gelassen.«
    Dr. Bolino seufzte zu diesen Worten, während Dr. Oakville wohl vor allen Dingen fand, dass es an der Zeit war, Ernesto und Sally loszuwerden.
    »Es ist keine reguläre Besuchszeit mehr«, erklärte er ungeduldig. »Wenn ich also bitten dürfte…«
    Er deutete auf die Tür.
    »Oh. Halt… nein«, sagte Ernesto. »Dr. Bolino…« Er warf der Ärztin einen Blick zu. »Bitte«, fügte er leise hinzu.
    »Er… er soll nicht weggehen«, sagte nun auch Liberty Bell. »Und, bitte, Sal – Sally soll auch bleiben… Sie – hat mir das Kleid gebracht. Und dieses Tuch. Und die Schuhe…«
    Ernesto sah Liberty Bell an und zum ersten Mal hatte er das Gefühl, wieder die Liberty Bell aus dem Wald in ihr zu sehen. Die echte Liberty Bell. Sie war vielleicht klein und schmal für ihr Alter, aber sie war eine Persönlichkeit. Und sie hatte Mut. Sogar jetzt, umringt von

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