Liberty: Roman
bestelle Bier und Konyagi. Ich will mich besaufen.
»Wie läuft’s zu Hause?«, erkundigt sich Marcus.
»Schräg«, sage ich. Er lächelt.
» Tsk «, schnalzt er. »Das Leben ist wahnsinnig.«
»Wir sind Tiere. Eine Art Affen.«
»Wahnsinnige Affen«, behauptet Marcus. Wir leeren unsere Gläser. Ich rufe die Bar- mama . Bestelle mehr.
»Du kannst dir meine Stereoanlage ausleihen, wenn du willst«, sage ich, denn er hat schon mehrfach davon geredet.
»Danke. Mach ich gern.« Wir trinken eine Weile, ohne ein Wort zu sagen, ich schaue mich um. Junge Frauen in herausfordernden Klamotten und schäbige mabwana makubwa . Ich frage Marcus auf Schwedisch, damit niemand etwas versteht: »Was sind das für Mädchen?«
»Nutten«, antwortet er.
»Alle?«
»Die drei da am Tisch auf jeden Fall.«
»Aber … was muss man machen?«
»Welche willst du haben?«
»Die Kleine mit den großen Brüsten.«
»Hast du Geld?«
»Ja.« Ich sage ihm, wie viel. Marcus gibt der Kellnerin ein Zeichen.
»Drei Bier für den Tisch dort«, bestellt er auf Swahili und weist auf den Tisch der Mädchen. Sie holt das Bier. Marcus geht zu ihnen hinüber, redet mit ihnen. Die Kleine mit den großen Brüsten und dem harten, hübschen Gesicht nimmt ihr Bier und ihr Glas und setzt sich zu uns an den Tisch. Die beiden anderen Mädchen sehen zu.
»Hallo«, sagt sie zu mir.
»Wie viel Seifengeld?«, erkundigt sich Marcus auf Swahili. Ich habe keine Ahnung, wovon er redet.
»Seifengeld?«, frage ich dazwischen.
»Wenn man darüber verhandelt, nennt man es Seifengeld. Das Mädchen bekommt es als Dank, damit es sich hinterher waschen kann.«
Ich bin betrunken, will sie berühren, nackt. Hinein. Sie nennt einen Betrag. »Das ist viel«, sagt Marcus.
»Weil er farbig ist«, erklärt das Mädchen. Farbig? Weil ich weiß bin – für sie ist das farbig. Auf Schwedisch teilt Marcus mir mit, wie viel ich für das Zimmer bezahlen muss und was ich dem Mädchen hinterher zu geben habe.
»Geh jetzt mir ihr«, sagt er.
»Wo ist es?«, frage ich ihn auf Englisch. Das Mädchen erhebt sich.
»Gleich um die Ecke«, sagt sie. Wir stehen auf. Die beiden Mädchen am Tisch kichern.
»Pass auf das Motorrad auf«, bitte ich Marcus.
»Natürlich.« Das Mädchen nimmt meine Hand, wir gehen einen dunklen Weg und durch eine Tür, hinter der ein Mann unter einer schwachen Glühbirne an einem Tisch sitzt. Ich gebe ihm, was Marcus gesagt hat.
»Gib mir mehr«, verlangt er.
»Nein«, entgegne ich, »das ist genug.« Er zuckt die Achseln und wendet den Blick ab. Ich bin farbig – weiß. Ich gebe ihm noch einen Schein.
Mit einem »Okay« reicht er mir einen Schlüssel. Ich folge dem Mädchen über den Flur bis zu einem Zimmer. Es ist dunkel.
»Wie heißt du?«, frage ich sie.
»Das ist egal.«
»Nein, sag mir, wie du heißt.«
»Scola«, sagt sie und zündet eine Kerze an. Sie ist noch immer dunkel. Wie ich heiße, fragt sie nicht.
»Scola«, wiederhole ich und krieche in ihre Dunkelheit. Ich bin gern dort.
»Danke«, sage ich hinterher, gebe ihr das Geld und noch etwas mehr.
»Kein Problem«, erwidert sie. »Wir sehen uns wieder.«
Ich gehe zurück zu Marcus. Die anderen Mädchen sind verschwunden. Marcus ruft nach Bier. Wir trinken. Ich kann das Motorrad nicht starten, als wir aufbrechen wollen. Marcus übernimmt den Lenker und tritt den Kickstarter. Wir fahren, aber er kann das Licht nicht finden. Ich beuge mich vor und versuche, es anzuschalten, das Motorrad schlingert, er bremst. Wir stürzen beinahe, schaffen es aber, uns mit den Füßen abzustützen. Schalten das Licht ein. Fahren zu seinem Ghetto. Ich lege die Kette um das Motorrad, dabei versuche ich, eine Zigarette zu rauchen. Ich bin sehr müde. Und betrunken.
Zum ersten Mal seit mehreren Wochen geht es mir gut.
Marcus
AUTOTRÄUME
Die Freiheit kann sich nicht aus dem Staub erheben. In diesen harten Zeiten lasst uns zu Seiner Königlichen Hoheit Haile Selassie beten. Ich habe meine Arbeit und meinen Kiosk, spare Geld und will versuchen, mir ein gebrauchtes Auto zu kaufen, das ich an einen der legendären Taxifahrer der Stadt verleihen kann. Einige von ihnen stehen in dem Ruf, sich gut um ein Auto zu kümmern und jeden Tag den vereinbarten Betrag abzuliefern. Aber es gibt die Bürokratie; ich könnte mich um eine Erlaubnis der Behörden bemühen, einen Wagen bei der staatlichen TMC zu kaufen, der Tanzania Motor Corporation. Der Preis ist in Ordnung, aber das Schmiergeld, um in der Schlange nach
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