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Liberty: Roman

Liberty: Roman

Titel: Liberty: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Ejersbob
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musst mir ein bisschen Geld vom Kiosk mitbringen, damit ich die Krankenschwestern schmieren kann«, sage ich. Claire wendet den Blick ab. »Was ist?«, frage ich.
    »Der Kiosk wurde von Larssons Wachmann ausgeraubt, dann ist er verschwunden«, sagt Claire. Die Katastrophen häufen sich.
    BARBAR
    Vierzig Stunden nach der Operation. Am Abend schwillt der Bauch an. Schneller, immer schneller. Groß. Es gibt keine Löcher in der Haut. Groß, groß, groß. Und ich habe Medikamente bekommen, eine gewaltig starke Sorte. Ich bin mit einer Entzündung infiziert. Sie wissen nicht, warum. Sie nehmen Messungen vor. Möglicherweise ist der Blinddarm punktiert. Er soll weg. In den Operationsraum. Mein Kopf tut höllisch weh, und ich kann nicht atmen. Dann bekomme ich Sauerstoff aus einer Maske und weitere Chemikalien, bis ich schlafe. Sie schneiden den Blinddarm heraus.
    Jetzt erwache ich ohne Blinddarm, und gleichzeitig kommen die Schmerzen aus dem Bein – es steckt in kochendem Öl.
    »Sollen wir es abnehmen?« Aber ich will es behalten. Ich will mein Bein mit dem Fuß daran. Ständig bin ich im Operationssaal, wo sie mir Reste aus dem Bein pulen. Und es stinkt schlimmer als Scheiße. Faulig. Die Wunde – totes Fleisch. Bist du jemals in einem Leichenschauhaus gewesen? Wenn du ein Leichenschauhaus betrittst, in dem es seit einer Woche keinen Strom mehr gibt … diese Art von Gestank. Mein Bein stinkt die ganze Zeit so.
    Katriina kommt.
    »Die Polizei sagt, es war deine Schuld.«
    »Und was ist mit … Asko?«
    »Er sagt …« Katriina hält inne. Ich warte. »Er sagt, hoffentlich stirbst du. Ich halte es einfach nicht aus, dass es so läuft. Er müsste im Gefängnis sitzen.«
    »Ich habe Angst, dass er jemanden anheuert, um mich umzubringen.«
    »Ja«, sagt Katriina. Und ich beschließe, meine Gedanken wahrzumachen, schließlich betrachten sich die Weißen doch als Gäste in dem schwarzen Land und als Helfer der schwarzen Menschen. Als Lehrer und Ausbilder, wie man auf die richtige Weise lebt. Die weißen Botschaften mögen es nicht, wenn der weiße Lehrer vor den Augen des Negers wie ein Barbar lebt.
    »Asko hat eine schwarze Frau in einem Haus an der Uru Road. Er hat ihr das Haus gekauft und bezahlt alles, damit er kommen und sie pumpen kann, wann immer er Lust hat.«
    »Eine Frau? Die er … bezahlt?«
    »Ja, wie eine teure malaya – aber mit Asko als einzigem Kunden. Chantelle. Sie wohnt an der Uru Road, direkt neben der Gadaffi Bar.«
    »Warum erzählst du mir das?«, fragt mich Katriina.
    »Der Botschaft gefällt es nicht, wenn die finnischen Gäste in Tansania eine skandalöse Lebensführung mit mehreren Frauen pflegen, wie die Massai. Die Botschaft kann jemanden sogar nach Hause schicken.«
    »Ja«, sagt Katriina und macht ein nachdenkliches Gesicht.
    FLEISCHLICHE HILFE
    Ich bin krank, fast tot, aber Claire kommt wieder ins Krankenhaus, um mich zu besuchen. Ich freue mich sehr, denn ich hatte mir wegen ihr ziemliche Sorgen gemacht. Würde sie verschwinden, weil es mich erwischt hat? Aber ihre Liebe kommt von Herzen – sie lässt mich nicht im Stich.
    Nechi wohnt bei mir im Krankenhaus. Wenn du selbst nicht gehen kannst, musst du jemanden haben, der Hilfe holen kann, wenn du gerade stirbst. Und jemand muss dir auch von draußen etwas zu essen besorgen. Du kannst das Essen, das sie dir im KCMC geben, nicht essen – wenn du schon krank bist, wird es dich umbringen. Nechi holt jeden Tag Essen von den Larssons. Katriina hat Josephina beauftragt, es zu kochen, und sie erledigt ihre Arbeit gut. Nechis Hilfsbereitschaft ist seine Art zu antworten, denn Nechi hat ein ganz hässliches Gewissen, weil seine Familie meinen Kiosk beklaut hat. Ihr Hang zum Stehlen hilft nun, mein Leben zu retten.
    »Du musst zu meinem Arzt und der Oberschwester gehen«, sage ich zu Nechi. Er kennt das System: Nechi vereinbart zu einem bestimmten Zeitpunkt ein Treffen mit dem Arzt in einer Bar. »Wie geht’s«, fragt er. »Sehr schlecht«, sagt der Arzt. »Wir haben kein Geld im KCMC .« Nechi gibt ihm Bier und Fleisch und einen Umschlag mit Geld. Nechi sagt: »Ein Geschenk für dich.« Und die Oberschwester? Nechi besucht sie mit einem Geschenk – das kann alles Mögliche sein: ein Huhn oder eine Ziege. Es gibt keine Ethik, wenn Hunger herrscht.
    »Aber wie sollen wir das Geld für eine Ziege beschaffen?«, fragt Claire.
    »Nechi muss meine Boombox in der Stadt verkaufen.« Wenn ich tot bin, kann ich ohnehin nur den Wurm in meinen Ohren

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