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Liberty: Roman

Liberty: Roman

Titel: Liberty: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Ejersbob
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du nicht nachts mit deinem Auto hineinfährst, aber das ist nie so. Ich liege eingeklemmt auf dem Boden des Grabens und kann mich nicht bewegen. Ich schaue an mir hinunter, das Bein sieht aus, als hätte man es mit einer Axt zerschlagen. Nicht gebrochen. Zerquetscht, zertrümmert, zersplittert und gespalten von einem Schlegel und einer Axt. Blut und Knochensplitter regnen in den Graben, pulverisiert, direkt über der Wade. Der Fuß ist nur noch durch die Achillessehne mit dem Schienbein verbunden – das Einzige, was ihn noch als einen Teil meines Körpers festhält –, sonst wäre der Fuß einfach auf der Straße davongeflogen. Ich fasse zu – ich habe Halbstiefel an, ein schwedisches Modell mit einem Reißverschluss an der Seite, ziehe meine Socke hoch, ziehe mein Bein zusammen, damit nichts abreißt. Ich liege da und rede mit einem Haufen Leuten um mich herum wie ein Papagei: »Hilfe. Ruft einen Krankenwagen.« Und sie springen in den Graben, untersuchen mich. Nicht, um zu sehen, was passiert ist, oder herauszufinden, wer ich bin. Sie untersuchen meine Taschen. Einer nimmt die Zigaretten, ein anderer das Geld, der dritte meine Uhr. Sie würden mir sogar die Stiefel stehlen, wenn der eine nicht voller Blut, Fleisch und Knochen wäre. »Seid ihr wahnsinnig, was tut ihr?« Zwei Jungen versuchen, das Motorrad zu klauen, um Reserveteile zu verkaufen, aber es ist nur noch ein Blechhaufen – man kann es nicht einmal mehr auf der Straße schieben, und zum Tragen ist es zu schwer.
    Glücklicherweise kommt Ibrahim im Pick-up seines Onkels vorbei und hält, um sich das Theater im Straßengraben anzusehen. Die Diebe sind abgehauen. Nun gibt es nur noch mich im Graben und die Zuschauer am Straßenrand. Asko steht auch dort – mit einem zufriedenen Gesicht.
    »Du hast eine Beule in meine Stoßstange gefahren, dafür wirst du bezahlen«, sagt er mit einem hässlichen Lächeln. Ich schaue mich unter den Zuschauern um.
    »Ihr habt gesehen, dass der mzungu gedreht hat, um mich zu rammen – um mich mit seinem Auto zu töten. Ihr müsst es der Polizei erzählen!«, brülle ich. Sie sagen nichts, alle blicken auf Asko. Habe ich Geld, um zu bezahlen, was sie gesehen haben? Nein, das Geld ist mir aus den Taschen genommen worden. Aber der mzungu – vielleicht bezahlt er ja dafür, dass sie mich haben falsch fahren sehen?
    Ibrahim springt in den Graben; er hebt mich hoch und trägt mich in den Pick-up, das Motorrad kommt auf die Ladefläche – er ist sehr stark. Ibrahim fährt mich ins Mawenzi Hospital gleich in der Nähe. Das Blut aus meinem Bein ist ein großer Springbrunnen. Die Ärzte öffnen das Bein bis zur Wunde, sie bekommen Angst. Sie stellen den Springbrunnen mit einem Knoten ab. Alle kommen, gucken und gehen wieder – schockiert.
    Was sollen sie machen, das Bein ist fast völlig zertrümmert. Ich kann mit eigenen Augen meine Knochen sehen – lebendig –, es ergibt keinen Sinn. Ich sehe meine Knochen und sehe das andere Bein intakt. Es ist grauenhaft.
    Sie holen einen Krankenwagen und fahren mich ins KCMC , dort hat das Personal eine größere wissenschaftliche Kompetenz; von Anfang an lassen sie Wasser aus einer Plastiktüte durch eine Nadel in meinen Arm tropfen, während die Ärzte sich auf die Operation vorbereiten. Ich bin wach, bei vollem Bewusstsein. Die ganze Zeit.
    Katriina kommt mit Solja, die wie ein Wasserhahn weint. Ibrahim hat sie geholt, damit sie mein Überleben sicherstellen.
    »Wie ist das passiert, Marcus?«, fragt Katriina – sie weiß, dass es Asko gewesen ist, aber hat er es mit Absicht getan? Sie wünscht sich ein Nein, aber meine Augen sagen ja – das ist der Preis und der Dank für Titas Schokoladenbaby.
    »Ich rede mit den Ärzten, damit du die beste Behandlung bekommst«, verspricht Katriina.
    STERBENDER FUSS
    Wo bin ich? Ich bin festgeschnallt, und eines meiner Beine ist eine blutige Naturkatastrophe in einem besonderen Gestell auf dem Bett – eine Art Kiste, damit das Bein nicht erschüttert wird, wenn ich den Oberschenkel bewege. Keine Schmerzen. Katriina kommt mit dem mzungu -Arzt Freeman, der Rebekkas Geburtshelfer war.
    »Wir haben die Blutung gestoppt und die zertrümmerten Knochenstücke entfernt, sonst hätte es eine Entzündung gegeben«, sagt er und erklärt, sie könnten die offene Wunde nicht eingipsen. Erst muss es wieder zusammenwachsen. Die Knochen, die noch übrig sind, liegen in der Kiste, nicht zusammenhängend, aber in der richtigen Reihenfolge.
    »Aber … wo sind die

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