Licht
drehten sich um und schienen mit dem Schiff zu streiten, dann eilten sie die bereits einfahrende Rampe hinunter und standen wortlos am Boden. Sie waren nackt, obwohl sie zwischen sich so etwas wie Partytextilien und die untere Hälfte eines alten Jagdfliegeranzugs trugen. Sie sahen zu, wie die White Cat aus dem Stand heraus in den Himmel schoss und verschwand, ein leichtfüßiger routinierter Abgang.
Mona, der Klon, sah sich hilflos um.
»Sie hätte uns wenigstens in der Nähe einer Stadt absetzen können«, sagte sie. »Die Hexe.«
In eine Bewusstlosigkeit geworfen, zu der die Mathematik der White Cat diesmal nicht beigetragen hatte, träumte Seria Maú Genlicher, Pilotin der Raumrouten, sie sei wieder zehn Jahre alt: In diesem Augenblick lächelte ihre Mutter und war aufgeregt; im nächsten war sie tot und nur noch eine Fotografie, die an diesem feuchten Nachmittag in grauen Rauch aufging.
Der Vater konnte nichts ertragen, was ihn an seine Frau erinnerte. Diese Fotografie sei zu schwer zu ertragen, meinte er. Einfach zu schwer zu ertragen. Den ganzen Winter über schloss er sich in seinem Arbeitszimmer ein, und wenn ihm Seria Maú das Tablett mit dem Mittagessen brachte, berührte er ihre Wange und weinte. Bleib doch noch, drängte er sie. Sei für einen Augenblick die Mutter. Das machte sie so verlegen, dass sie nicht wusste, was sie sagen sollte. Sie blickte zu Boden, was es nur noch schlimmer machte. Er küsste sie zart auf den Kopf, dann legte er ihr einen Finger unters Kinn und zwang sie sanft, ihn wieder anzusehen. Du siehst ihr ähnlich, sagte er. Du siehst ihr so ähnlich. Er rang ganz kurz nach Luft. Setz dich her, nein hierher, so. So. Er schob seine Finger zwischen Seria Maús Beine, rang wieder nach Luft und brach in Tränen aus. Seria Maú nahm das Tablett und ging aus dem Zimmer. Warum tat er das? Sie kam sich so steif und unbeholfen vor wie jemand, der das Gehen lernte.
»Waraaa!«, machte ihr Bruder, der ihr auf dem Treppenabsatz aufgelauert hatte. Sie ließ das Tablett mit dem Lunch fallen, und beide stierten sie sprachlos auf das Malheur am Boden. Ein gekochtes Ei kullerte in eine Ecke hinein.
Diesen ganzen Winter über donnerten K-Schiffe niedrig über den New Pearl River. Sie schlugen jähe schmutzig weiße Bögen am Himmel. Der Vater nahm Seria Maú und ihren Bruder mit zur Basis, um zuzusehen, wie die Schiffe hereinkamen. Es herrschte Krieg. Es herrschte Frieden. Wer wusste schon, was da draußen am Rand der Milchstraße herrschte, während die Nastischen nur drei Systeme entfernt waren und im Kuiper-Gürtel ungeahnte Ressourcen in Gestalt schmutziger Eisklumpen ein herrenloses Dasein führten. Die Kinder fanden es toll. Es sollte danach die schönste und zugleich schlimmste Zeit werden, gekennzeichnet durch Paraden und Märsche, Börsenkräche, politische Reden und das Scheitern wissenschaftlicher Paradigmen: Täglich wurde Neues berichtet. Damals hatte Seria Maú sich entschieden. Damals hatte sie begonnen, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen. Wie andere Mädchen Kosmetika sammelten, so sammelte sie Hologramme – kleine schwarze Würfel voller Sterne, rosa getönter Nebel und treibender Gaswolken. »Das ist Eridon Omega«, erklärte sie ihrem Bruder, »südlich der Weißen Reuse. Da regiert die Vittor-Neumann- Herde.Da werden die Nastischen sich hüten!« Ihre Augen glühten. »Sie haben Waffen, die sich fortpflanzen, Generation um Generation, in einem Medium außerhalb des Schiffes. Da stehen ganze Welten auf dem Spiel!« Sie besah sich im Spiegel, als sie das sagte, und hatte keine Ahnung, woher diese wilde Begeisterung kam. Am Morgen ihres dreizehnten Geburtstags heuerte sie an. EMC suchte immer Rekruten und für die K-Herden waren die Jüngsten und Fixesten gerade gut genug.
»Du solltest stolz auf mich sein«, sagte sie zu ihrem Vater.
»Ich bin stolz«, sagte ihr Bruder. Er brach in Tränen aus. »Ich will auch ein Raumschiff werden.«
Aus Saulsignon war inzwischen ein Ausbildungslager geworden. Überall Drahtzäune. Der kleine Bahnhof hatte den Charme der Antiken Erde eingebüßt, die Blumenkübel, die getigerte Katze, die ihr Bruder nicht mochte, weil sie ihn an sein schwarzes Kätzchen erinnerte. Da standen sie nun, zu dritt an ihrem letzten Tag, unbeholfen in Wind und Regen.
»Wirst du Urlaub bekommen?«, fragte der Vater.
Seria Maú lachte triumphierend.
»Nie und nimmer!«, sagte sie.
Im selben Augenblick schien jemand die Beleuchtung der Traumbühne
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