Licht
herunterzuziehen.
»Heißt das, du willst mich jetzt ficken?«, flüsterte sie.
Kearney schüttelte den Kopf, seufzte.
»Anna, Anna«, sagte er und versuchte sich zu befreien.
»Ich hab’s gewusst«, sagte sie mit einer anderen Stimme. »Ich habe immer gewusst, dass du es eines Tages tun würdest.«
Kearney löste sich sanft. Er legte das Messer auf den Nachttisch. »Knie dich hin«, flüsterte er. »Knie dich hin.«
Sie kniete sich unbeholfen hin. Sie schien verstört.
»Ich habe noch meinen Schlüpfer an.«
»Psch.«
Kearney hielt sie mit der Hand. Sie schaukelte unmerklich, gab ein kleines Geräusch von sich und begann augenblicklich zu kommen.
»Ich will, dass du kommst!«, sagte sie. »Ich will, dass du auch kommst!«
Kearney schüttelte den Kopf. Er ließ seine Hand bei ihr in der Stille der Nacht, bis sie ihr Gesicht ins Kissen grub und nicht mehr versuchte, sich zu beherrschen. Er holte die Flasche Wein, schenkte ihr ein halbes Glas ein, dann lagen sie auf dem Bett und schauten sich an, was der Bildschirm zu bieten hatte. Erst Anna am Strand, dann Anna, wie sie sich auszog, während die Kamera langsam seitlich an ihrem Körper herunterfuhr, nur um an der anderen Seite wieder hochzufahren… Und als Anna sich zu langweilen begann, ein Ausschnitt aus den CNN-Nachrichten. Kearney drehte den Ton gerade noch rechtzeitig auf, um die Worte zu hören: »… Kefahuchi-Trakt, benannt nach seinem Entdecker.« Aus wabernden Farben, die nicht natürlich sein konnten, erschien auf dem Schirm ein kosmisches Objekt, das schwerlich einzuordnen war. Es machte nicht viel daher. Ein Schleier aus rosarotem Gas mit einem Quäntchen mehr Helligkeit in der Mitte.
»Es ist schön«, sagte Anna erschüttert.
Kearney, der plötzlich schwitzte, drehte den Ton ab.
»Manchmal denke ich, die ganze Welt besteht aus solchem Mist«, sagte er.
»Es ist trotzdem schön«, hielt sie dagegen.
»Es sieht so nicht aus«, erklärte Kearney. »Es sieht überhaupt nicht aus. Es sind lauter Daten von einem Röntgenteleskop. Bloß ein paar Zahlen, aus denen man ein Bild herauskitzelt. Sieh dich um«, sagte er ruhiger. »Mehr ist das alles nicht. Nur Statistik, nichts weiter.« Er versuchte ihr die Quantentheorie zu erklären, doch sie schien bloß verwirrt. »Macht nichts«, sagte er. »Es ist nur so, dass da in Wirklichkeit nichts ist. Etwas, das man Dekohärenz nennt, hält die Welt so zusammen, wie wir sie sehen; aber Leute wie Brian Tate sind einer Mathematik auf der Spur, die einen Blick hinter die Kulissen erlaubt. Jeden Tag kann es passieren, dass wir auf dem Rücken dieser Mathematik um die Dekohärenz herumsehen können, und dann wird uns das alles« – er machte eine Handbewegung, die den Fernseher und die Schatten im Zimmer umfasste – »so viel bedeuten wie es einem Photon bedeutet.«
»Wie viel ist das?«
»Nicht viel.«
»Das klingt schrecklich. Worauf soll man sich denn noch verlassen? Das klingt als würde alles bloß« – sie machte eine vage Geste – »herumblubbern, herumspritzen.«
Kearney blickte sie an.
»Das tut es schon die ganze Zeit«, sagte er. Er rollte sich auf den Ellbogen und trank einen Schluck Wein. »Da unten ist nur Unordnung«, musste er zugeben. »Raum scheint nichts zu bedeuten, und das heißt, dass Zeit auch nichts bedeutet.« Er lachte. »Das ist, wenn man so will, das Schöne daran.«
Sie sagte mit zaghafter Stimme: »Wirst du mich noch mal ficken?«
Am Tag darauf bekam er Brian Tate ans Telefon und fragte ihn: »Hast du den Mist im Fernsehen gesehen?«
»Wie bitte?«
»Dieses Röntgenobjekt, was immer es ist. Ich hörte jemanden aus Cambridge über Penrose und die Idee einer Singularität ohne Ereignishorizont reden, irgend so was…«
Tate schien besorgt. »Ich weiß von keinem Objekt«, sagte er. »Hör mal, Michael, ich muss mit dir reden…«
Dann war die Leitung tot. Kearney starrte verärgert auf das Telefon und dachte daran, wie Penrose den Ereignishorizont definiert hatte: nicht als Beschränkung menschlichen Wissens, sondern als Schutz vor dem Zusammenbruch der physikalischen Gesetze, die sonst das Universum kontaminieren würden. Er schaltete den Fernseher ein. CNN war noch eingestellt. Nichts.
»Was ist?«, fragte Anna.
»Ich weiß nicht«, sagte er. »Sag mal, wie wär’s, wenn wir heimflögen?«
Er stellte den Pontiac im Logan International ab. Sie ergatterten einen Standby-Flug und waren binnen drei Stunden über der Küste von Neufundland, die aus dieser
Weitere Kostenlose Bücher