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Licht

Titel: Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. John Harrison
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Antwort.
    Stattdessen kam ein Anruf vom Planeten.
    »Also was war los?«, wollte Billy Anker wissen. »In der einen Minute reden Sie, in der nächsten sind Sie verschwunden?«
    »Diese Interferenz!«, sagte Seria Maú unbekümmert.
    »He, nur keine Gefälligkeiten«, murrte er. Dann: »Sie wollen die Geschichte dieser Einheit erfahren, vielleicht kann ich helfen. Aber vorher müssen Sie mir einen Gefallen tun.«
    Seria Maú lachte.
    »Für Ihre Garderobe bin ich nicht zuständig, Billy Anker; damit das von vorneherein klar ist.«
    Diesmal war es an Billy Anker, die Verbindung zu unterbrechen.
    Sie schickte ihr Double. »He, Mann«, sagte sie, »das war ein Scherz. Was soll ich für Sie tun?«
    Es kostete ihn sichtlich Überwindung, aber die Gründe, sie nicht zu vergraulen, waren stärker. »Ich möchte, dass Sie mitkommen«, sagte er. »Sich ein paar Dinge auf Redline ansehen, das ist alles.« Sie war gerührt, bis seine Stimme die Färbung bekam, die sie bereits kannte. »Nichts Außergewöhnliches. Oder nur so außergewöhnlich wie alles andere hier draußen am Rand…«
    »Worauf warten wir«, unterbrach sie ihn.
    Doch es kam anders. Alarm ertönte. Die Schattenoperatoren stoben durcheinander. Die White Cat fuhr auf volle Bereitschaft. Ihre Zeitgeber, auf Null zurückgestellt, begannen die Femtosekunden bis zum endgültigen Stopp vor der unergründlichen Echtzeit des Universums zu zählen. Inzwischen wurden Triebwerke und Waffensysteme mit Fusionsmaterial versorgt und, gleichsam als vorbeugendes Störmanöver, der Kontakt mit dem Dynaflow so zufällig wie das Flackern einer Flamme bei Zugluft gestaltet. Dieses Verhaltensmuster sagte Seria Maú, dass die Lage ernst war.
    »Was denn?«, rief sie der Mathematik entgegen.
    »Sieh selbst«, riet ihr die Mathematik und intensivierte die Vernetzung zwischen Seria Maú und der White Cat, bis beide in wesentlichen Zügen identisch waren. Seria Maú war das Schiff. Ihre Zeit war die Schiffszeit. Ihr Bewusstsein das Bewusstsein des Schiffes. Ihre Verarbeitungsgeschwindigkeit schlug die lumpigen vierzig Sekundenbits eines Menschen um etliche Größenordnungen. Ihr Sinnesapparat, abgeglichen um vierzehn Dimensionen zu repräsentieren, hallte wider von Kopien seiner selbst wie eine Kathedrale im Bran-Raum. (* Ein so genanntes p-Bran ist ein in p Raumrichtungen sich erstreckendes elementares Objekt: 1-Bran ist ein String, 2-Bran ist eine Membran und so fort: Begriffsbildung nach der M-Theorie, die alle Superstringtheorien und die Supergravitation zusammenfassen soll.) Seria Maú erlebte, dachte und handelte jetzt auf eine Weise – und mit einer Geschwindigkeit –, die sie zerstören würden, sollte sie ihnen länger als anderthalb Minuten ausgesetzt sein. Als vorbeugende Maßnahme bespülte die Mathematik das Tankproteom mit Endorphinen, Adrenalinhemmern und Abkühlhormonen, die mit biologischer Geschwindigkeit arbeiteten und naturgemäß ihre Wirkung erst nach Beendigung der feindlichen Begegnung entfalten würden.
    »Ich habe mich geirrt«, sagte die Mathematik. »Siehst du? Da!«
    »Ja«, sagte Seria Maú. »Ich sehe die Bande!«
    Das war EMC. Dazu brauchte es keine Verlaufsdiagramme oder Datenbankrecherchen. Sie kannte sie. Sie kannte ihre Umrisse. Sie kannte sogar ihre Namen. Eine Herde von K-Schiffen – kreischender vorgetäuschter Funkverkehr, multidimensionale Köder – schlitterten den Gravitationstrichter von Redline hinunter, auf einer Bahn, die so berechnet war, dass sie lange genug unberechenbar blieb. Von Augenblick zu Augenblick antizipiert, erschien dieses Ereignis im Sensorium der White Cat wie Neonschrift, die sich periodisch vor der Schwärze des Halo wiederholte. Die Krishna-Moire- Herde,die von New Venusport aus auf Langstreckeneinsätze geschickt wurde, verdankte ihren Namen dem Leitschiff Krishna Moire; hinzu kamen die Norma Shirike, die Kris Rhamion, die Sharmon Kier und die Marino Shrike. Sie kamen herein, wobei ihre vernetzten Mathematiken dafür sorgten, dass sie andauernd in einer Art chaotisch geflochtenem Zopf ihre Positionen tauschten. Ein klassisches K-Schiff-Manöver. Doch die zentrale Strähne des Zopfes (obwohl ›zentral‹ unter diesen Umständen ein sinnloser Begriff war) entpuppte sich als ein Objekt, das Seria Maú kannte: ein Objekt mit einer seltsam verketteten Kennung, halb nastisch, halb menschlich.
    Während sie auf die White Cat herunterdonnerten, flackerte und flatterte Letztere, mimte Unsicherheit und vielleicht einen

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