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Licht

Titel: Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. John Harrison
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machen?«, grämte er sich. »Das war ein einzigartiges historisches Objekt, das außerdem noch in Betrieb war. Es empfing nach wie vor Daten von irgendwo im Trakt. Etwas lernen können hätten wir von dem Ding.« Er saß im Menschenquartier, die obere Hälfte des schlammverschmierten Raumanzugs nach hinten gestreift, rang nach Luft und wischte sich alle paar Augenblicke mit dem Halstuch den Adrenalinschweiß aus dem kalkweißen Gesicht. Die Schattenoperatoren umringten ihn gurrend und schwänzelnd und versuchten seinen verrenkten Finger zu richten, doch er hielt sie sich mit der anderen Hand vom Leib. »Diese alten Artefakte«, sagte er, »sind alles, was wir haben. Sie sind unser ganzer Reichtum!«
    »Wer suchet, der findet«, erwiderte sie. »Es gibt noch mehr davon. Es gibt noch viel, viel mehr davon, Billy Anker.«
    »Trotzdem, alles, was ich herausbekommen habe, verdanke ich diesem Ding.«
    »Und was haben Sie herausbekommen, Billy Anker?«
    Er klopfte sich mit dem Finger an die Nase.
    »Das wüssten Sie gerne«, sagte er, als zeige diese Behauptung, wie scharf und makellos seine Intuition war. »Aber das behalte ich für mich.« Er war ein Strandgutjäger mit der ganzen Erosion der Persönlichkeit, die das mit sich brachte. Seine große Entdeckung baute ihn auf. Er musste glauben, dass Seria Maú ein brennendes Interesse daran hatte, egal, wie trivial die Einsicht war, die er dieser Entdeckung zu verdanken glaubte. »Ich kann Ihnen wohl verraten, was EMC will«, erbot er sich.
    »Weiß ich doch längst. Die haben es auf einen Billy Anker abgesehen. Die sind mir den ganzen Weg von Motel Splendido gefolgt, nur um Sie zu finden. Und da ist noch etwas, das mir zu denken gibt: Die Moire- Herdewollte sich mit mir anlegen. Die halten sich für ziemlich clever. Aber wer immer in diesem anderen Schiff war, er hat sie zurückgepfiffen, aus Sorge, Sie könnten in dem Kreuzfeuer zu Schaden kommen, Billy. Deshalb hat Krishna Moire Ihr Artefakt torpediert. Er ist stocksauer auf seine Vorgesetzten.«
    Billy Anker grinste sein schlaues Grinsen.
    »Und, sind sie clever genug?«, sagte er. »Um sich mit Ihnen anzulegen?«
    »Was meinen Sie?«
    Billy Anker dachte über die Antwort nach, sie gefiel ihm. Er sagte: »EMC ist nicht hinter mir her.Sie suchen das, was ich gefunden habe.«
    Seria Maú fror in ihrem Tank.
    »Befindet es sich an Bord meines Schiffes?«
    »Sozusagen«, räumte er ein. Er machte eine Geste, die die ganze Radio Bay umschloss, vielleicht sogar den ganzen weiten Strand. »Es ist auch da draußen.«

 
18
     
Der Zirkus von Pathet Lao
     
    Ein paar Stunden nachdem er Evie Cray erschossen hatte, kam Ed Chianese auf dem Müllplatz hinter dem Gehege der Neuen Menschen zur Besinnung.
    Hier draußen herrschte pechschwarze Finsternis, die nur von den grellen Irrlichtern in den Docks erhellt wurde. Ab und zu ritt ein K-Schiff auf seinem langen flammenden Dorn aus Fusionsprodukten in den Himmel und Ed konnte sekundenlang niedrige Hügel, Gruben, Teiche und haufenweise Maschinenschrott sehen. Das ganze Areal stank nach Metall und Chemie. Aus den Werkhöfen krochen Dämpfe, die aussahen wie Bodennebel. Ed übergab sich wieder, und in seinem Kopf spukten wieder die Stimmen aus dem Tank. Er warf die Waffen in den erstbesten Tümpel. Ein Leben wie das seine – und am Ende hatte er jemanden umgebracht! Er musste unwillkürlich daran denken, wie er sich vor Tig Vesicle gebrüstet hatte:
    Wenn du alles Lohnenswerte getan hast, dann bleibt dir nur noch das zu tun, was sich nicht lohnt.
    Aus dem Tümpel kräuselte hier und da ein wenig Rauch, als sei das Wasser darin nicht bloß Wasser. Kurz nachdem Ed sich der Waffen entledigt hatte, stieß er auf eine verlassene Rikscha. Sie ragte urplötzlich vor ihm auf, ungewohnt schräg, aus dem Zusammenhang gerissen, das eine Rad in einem überfluteten Loch. Seine Annäherung registrierend, begann Werbung über die Seiten des Verdecks zu kriechen, um in der Luft darüber zu gespenstischen Lichtern zu verschmelzen. Musik setzte ein. Eine Stimme hallte über den Müllplatz:
    »Sandra Shen’s Observatorium and Native Karma Plant, Incorporating the Circus of Pathet Lao.«
    »Danke, nein«, sagte Ed. »Ich gehe zu Fuß.«
    Im Widerschein des nächsten Raketenstarts entdeckte er das Rikschagirl. Sie kniete in der Gabel, vornübergebeugt, und atmete – ein heiseres Pfeifen beim Luftholen und ein tiefes Knurren beim Ausatmen. Von Zeit zu Zeit ballte sich ihr Leib wie eine Faust zusammen und

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