Licht (Gone) (German Edition)
vorbeihastenden Gestalten und folgten einfach nur dem Asphalt unter ihren Füßen.
Allmählich lichtete sich der Rauch. Der Wind ließ nach und aus dem Süden strömte frische Luft herein.
Und dann waren sie angekommen: Astrid und Edilio erreichten den Rand, die äußerste Grenze der FAYZ .
Und überschritten sie.
Sie waren draußen.
Einhunderteinundsiebzig Kids, manche mit den ganz Kleinen im Arm und den Dreijährigen an der Hand, stürzten heraus, brachen zusammen oder taumelten in die Arme ihrer sie erwartenden Eltern.
Manche von ihnen blieben nicht stehen, sie preschten den Highway hinunter, vorbei an den Übertragungswagen und den Blaulichtern der Einsatzfahrzeuge, vorbei an den Erwachsenen, mitten durch sie hindurch. Für sie gab es keine sichere Entfernung – sie würden erst aufhören zu rennen, wenn sie diesen Ort nicht mehr hören und nicht mehr sehen konnten.
Zweiunddreissig
0 Minuten
Sam spürte, wie der Druck auf seine Atemwege nachließ. Seine Augen brannten immer noch höllisch, aber wenigstens konnte er sie wieder öffnen.
»Drake!«, schrie er in das Inferno hinein. »Komm raus und kämpfe mit mir!«
Es tauchte tatsächlich jemand auf, nur war es nicht Drake. Lana und Patrick schälten sich aus dem Qualm.
»Die Barriere ist unten«, sagte Sam. »Wo ist Drake?«
»Ich dachte, er sei tot. Aber, egal …« Sie schüttelte belustigt den Kopf. »Sam, wenn die Barriere unten ist, musst du das nicht mehr tun.«
»Er hat Astrid geschlagen«, erwiderte Sam. »Sie lebt, aber er hat sie verprügelt.«
»Und deshalb spielst du jetzt noch einmal den tragischen Helden?« Ihr scherzhafter Ton war ungewöhnlich. Die Welt ging unter und sie amüsierte sich. »Vielleicht brauchst du das ja. Aber weißt du was? Ich nicht. Mir reicht’s.«
Sie schob einen schweren Gegenstand in den Bund seiner Jeans und ging mit ihrem Hund fort.
Sam spürte Lanas Pistole auf der Haut. Stimmte das? Musste er das wirklich nicht mehr tun?
»Drake!«, brüllte er.
Er hörte die Stadt brennen. Ein Knacken, Knistern und Prasseln. Die Hitze war enorm, absolut am Limit zwischen gerade noch erträglich und nicht mehr auszuhalten. Überall schwirrten Funken herum.
»Drake!«
Die Peitsche schnitt wie ein Brandmal in seinen Rücken.
Als er herumwirbelte, traf ihn Drakes Faust mitten ins Gesicht.
Sam ließ sich auf ein Knie fallen, zielte mit den Händen und feuerte.
Nichts geschah.
Drake erschrak mindestens so sehr wie Sam. Dann stieß er ein hämisches Lachen aus. »Nicht mehr ganz so gefährlich, der kleine Sammy, was?«
Drakes Peitsche schlug sofort wieder zu und traf Sam an der Schulter. »War lustig mit deiner Freundin.«
Sam versuchte es noch einmal. Aber es kam kein Licht. Seine Kraft war weg. Er zog die Pistole.
»Komm schon, Mann, du weißt doch, dass mich Kugeln nicht töten.«
»Gaia ist tot, die FAYZ vorbei«, sagte Sam und legte die Pistole auf Drakes Gesicht an. »Ich weiß also nicht, was nochfunktioniert und was nicht. Ich würde sagen, wir probieren es einfach aus.«
Um Drakes Hals war ein Striemen aufgetaucht. Blutrot und wie zu einem Lächeln gebogen. Eine Linie wie von einem Galgenstrick. Sie schien aufzuklappen, so als täte sich zwischen Drakes Hals und Alex’ Körper eine Lücke auf.
Drake hatte noch nichts bemerkt. Er grinste und holte wieder aus. Die Peitsche schnitt ein zweites Mal in Sams Schulter.
Doch als er sie wieder einholte, war ein ungefähr dreißig Zentimeter langes Stück abgebrochen und lag wie ein dicker Wurm auf dem Bürgersteig.
»Neiiin!«, stieß Drake hervor, dessen Stimme durch die Lücke in seinem Hals zu einem kraftlosen Flüstern verkommen war.
Sein Peitschenarm gehorchte ihm nicht mehr. Er hing schlaff an ihm herunter, rollte sich ein, schien auf einmal brüchig wie altes Pergament.
»Ich komme hier raus«, flüsterte Drake. »Ich finde sie. Und dann sorge ich dafür, dass es tagelang dauert. Sam, sie wird schreien, sie wird …«
Sams Finger spannte sich um den Abzug. Drake löste sich vor seinen Augen auf und trotzdem hätte er ihn am liebsten abgeknallt.
Drakes Kopf kippte vom Hals und schlug auf dem Boden auf. Gleich darauf sackte Alex’ Körper in sich zusammen und rührte sich nicht mehr.
Die eben noch furchterregende Peitschenhand sah aus wie die abgestreifte Haut einer Schlange.
Sam hob Drakes Kopf auf. Die Augen flatterten, als wäre noch Leben in ihm.
Er stieg damit die Treppen zur Kirche hinauf. Sie stand in Flammen. Er kämpfte gegen die
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