Licht über den Klippen
Zum Glück war er
ebenfalls überrascht, jemanden in Trelowarth anzutreffen.
Ich versuchte, ruhig zu bleiben.
Er erholte sich als Erster von dem Schrecken. »Mistress O’Cleary.«
Allein mit mir, machte er sich nicht einmal die Mühe, eine Verbeugung anzudeuten.
Seine kalten Augen verengten sich zu Schlitzen. »Haben sie Sie allein
gelassen?« Sein Blick wanderte kurz zur Feuerstelle. »Und noch dazu ohne Feuer.
Wie unachtsam. Da ich keinen Rauch aus den Schornsteinen gesehen habe, dachte
ich, es sei niemand da.«
Er hatte also gehofft, sich ungestört hier umschauen zu können, und
ich hatte ihm einen Strich durch die Rechnung gemacht.
Wie ein Chamäleon passte er sich den neuen Gegebenheiten an. Seine
Miene wurde ein wenig sanfter, als er mit angedeuteter Höflichkeit fragte:
»Haben Sie Schwierigkeiten?«
Gerade noch rechtzeitig fiel mir ein, dass ich angeblich stumm war.
Ich nickte argwöhnisch.
»Dann lassen Sie es mich versuchen.« Das Zittern meiner Finger, als
ich ihm die Zunderbüchse reichte, schien ihm nicht aufzufallen. Auch ihm gelang
es nicht sofort, Funken zu schlagen, aber am Ende brannte ein munteres Feuer,
das den Raum mit Licht und Wärme erfüllte.
Als er sich aufrichtete, musste ich mich zwingen, nicht zurückzuweichen.
»Wie wollen Sie mir nun danken, wenn Sie nicht sprechen können?« Er musterte
mich von oben bis unten. »Ich sehe, dass Sie sich fürs Bett bereit machen
wollten. Vielleicht benötigen Sie auch dort Beistand?« Er wirkte belustigt über
mein Entsetzen. »Nein, ein wenig Wein würde mir reichen. Eine Flasche vom
besten, den Butler hat, und Sie können Ihre Schuld als beglichen erachten.«
Ich erinnerte mich, im Esszimmer Wein gesehen zu haben – einige
verstaubte Flaschen in einer Ecke bei der Anrichte. Also nickte ich kurz und
eilte hinüber. Zum Glück fand ich sie gleich. Ich nahm die oberste, wischte den
Staub mit der Hand weg und kehrte damit zurück in die Küche.
Doch er war nicht mehr dort. Ich lauschte. Weit konnte er nicht
sein.
Da hörte ich ihn in der Spülküche.
Mein Mund wurde trocken. Wenn er meine Jacke und die Stiefel
entdeckte … Als ich mich zu ihm gesellte, verkrampften sich meine Finger um den
Hals der Flasche. Zu meiner Erleichterung hatte er die Säcke auf dem Boden noch
nicht aufgehoben. Sein Interesse schien sich auf den verschlossenen
Vorratsschrank zu richten.
»Sperrt Ihr Bruder immer das Essen weg, wenn er Sie allein lässt?«,
fragte er. »Oder könnte Interessanteres als Lebensmittel in diesem Schrank
sein?«
Ich versuchte, ruhig zu bleiben, als er auf die Säcke zuging. Zum
Glück schob er sie nur mit dem Fuß beiseite und griff nach einer kurzen Axt,
die an der Wand dahinter lehnte.
»Ich kann nicht zulassen, dass Sie Hunger leiden«, erklärte er mit
gespielter Sorge und ließ die Axt mit solcher Wucht auf das Schloss heruntersausen,
dass es zerbarst und die Schranktür aufschwang.
Auch ich wusste nicht, was sich in dem Schrank befand. Vielleicht
war hinter den Lebensmitteln Schmuggelware verborgen. Nachdem der Constable
einige Behälter geöffnet hatte, murmelte er etwas, überlegte und wandte sich
mir zu.
»Sind Sie wirklich allein im Haus?«, erkundigte er sich.
Ich wusste, dass ich ihm nichts vormachen konnte, und nickte.
»Dann halte ich es für sinnvoll, alle Räume zu inspizieren, um
sicher zu sein, dass Ihnen kein Unheil droht.«
Was sollte ich darauf sagen?
Er nahm die Axt mit. Als ich ihm folgen wollte, drehte er sich zu
mir um und deutete in die Küche. »Nein, Mistress, warten Sie hier. Das mache
ich allein.«
Er blieb ziemlich lange weg, so lange, dass ich mit dem Gedanken
spielte, in die Stallungen oder den Wald zu fliehen, aber weil draußen nach wie
vor der Sturm tobte und meine Angst sich allmählich in Wut verwandelte,
entschied ich mich dagegen. Außerdem wollte ich Daniel berichten, was der
Constable getan und gefunden hatte.
Der Wind heulte so laut, dass ich nicht hören konnte, was der
Constable oben machte. Ich wusste nicht, was er durch seine Berührung
beschmutzte.
Es freute mich, sein enttäuschtes Gesicht zu sehen, als er
zurückkehrte. Offenbar hatte er nicht gefunden, wonach er suchte.
An der Tür zur Spülküche ließ er die Axt fallen. Sie landete
klappernd auf dem Steinboden. »Nun, Mistress O’Cleary.« Er klang
herausfordernd. Mit einem Blick auf die Flasche in meiner Hand fragte er: »Ist
das mein Wein? Dann geben Sie ihn mir doch.«
Er setzte sich, nahm ein kleines Messer aus
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