Licht über den Klippen
haben wir erworben und bezahlt, nicht von Fremden
gestohlen.« Er atmete deutlich hörbar aus. »Hast du dich nie gefragt, warum
keiner in Polgelly uns je verraten hat, trotz Creeds Bestechungsversuchen? Weil
sie uns achten, Jack. Sie wissen, dass wir ehrliche Menschen sind.«
»Was dich angeht, ja. Und was sie von mir denken, ist mir egal.
Ehrlichkeit kann mir nicht alle Wünsche erfüllen.«
»Würde es dich glücklich machen, wenn du dir alle Wünsche erfüllen
könntest?«
»Das sage ich dir, sobald es so weit ist«, antwortete Jack trotzig.
Ich spürte eine Hand an meinem Ellbogen. Fergal war zu mir getreten.
»Keine Sorge, das ist viel Wind um nichts.«
»Sie möchten sicher allein sein.«
Das schien Fergal zu belustigen. »Wenn sie allein sein wollten,
würden sie sich an einem Ort unterhalten, wo man sie nicht belauschen kann, das
versichere ich Ihnen. Außerdem glaube ich, dass das Schlimmste vorbei ist.«
Er hatte recht. Als wir die Küche betraten, herrschte eine Art
Waffenstillstand, wie bei Soldaten, die sämtliche Munition verschossen hatten,
das Schlachtfeld jedoch noch nicht verlassen wollten.
Fergals Anwesenheit fiel ihnen früher auf als die meine.
»Fergal«, wandte sich Daniel an ihn, »würdest du Jack bitte sagen,
dass es im Leben wichtigere Dinge gibt als seine Person?«
Jack konterte: »Fergal, würdest du meinem Bruder freundlicherweise
mitteilen, dass ich leider über ein weniger moralisches Wesen verfüge als er
und er mir deshalb kein Maßstab sein kann?«
Fergal sah zuerst Daniel an und dann Jack, bevor er trocken
bemerkte: »Ich möchte euch lieber darauf aufmerksam machen, dass ihr euch in
Gesellschaft einer Dame befindet. Und«, fügte er an Jack gerichtet hinzu, »wenn
du glaubst, Daniel würde dich nur des Diebstahls wegen anbrüllen, bist du ein
größerer Narr, als ich dachte. Er hatte Angst, dass man dich hängen würde und
er tatenlos zusehen müsste, du Trottel. Natürlich würde er das nie zugeben.«
Mit einem Blick auf Daniel fügte er hinzu: »Du kannst jetzt aufhören, den
harten Mann zu mimen.«
»Hast du dir tatsächlich Sorgen gemacht?«, fragte Jack erstaunt.
»Du denn nicht?«, fragte Daniel zurück.
Jack zuckte mit den Schultern. »Die Geschworenen hätten mich
freigesprochen.«
»Creed hatte nicht vor, Geschworene zu bemühen«, erklärte Daniel,
ebenfalls mit den Schultern zuckend. »Einen anderen Ersten Maat für die Sally zu finden, wäre gar nicht so
leicht.«
»Einen Ersten Maat?« Jack grinste herausfordernd. »Du meinst sicher
›Kapitän‹.«
Fergal ging ins Esszimmer, holte eine Flasche Rotwein und Becher,
setzte die Butler-Brüder an den Küchentisch, stellte die Flasche dazu und
räumte mit mir das Geschirr ab.
Ich spülte die Teller, während er sie abtrocknete und an ihren Platz
stellte, damit ich lernte, wo sie hingehörten.
Jack erzählte unterdessen die Geschichte seiner Festnahme in St.
Non’s.
Er war wie angekündigt in das Gasthaus gegangen, um sich nach Wilson
zu erkundigen. Dort hatte er einen Freund getroffen, der ihm etwas zu trinken
spendierte. »Wir hatten unseren Spaß«, berichtete Jack. »Vermutlich hat der
Händler mich beobachtet und den Constable holen lassen. Der kam nicht ins
Gasthaus, dazu ist er zu gerissen. Er hat mich auch nicht beim Hinausgehen
festgenommen, denn dort hätte es Zeugen gegeben, Männer, die mir beigestanden
wären.«
»Wo hat er dich dann verhaftet?«, erkundigte sich Daniel.
»Im Wald, vor der Mühle. Auf dem Abschnitt der Straße ist nicht viel
los. Er hat mir aufgelauert, mit einem Knüppel, der Feigling.«
»Mit einem Knüppel?«
»Aye.« Jack rieb sich die Beule am Hinterkopf mit verzogenem
Gesicht. »Du glaubst doch nicht, dass ich mich so einfach ergeben würde, oder?
Egal, wie viele Männer versuchen, mich zu fesseln.«
Fergal, der mit den Begleitern des Constable gesprochen hatte,
nickte. »Sie haben Creed geholfen, um dem Gesetz Genüge zu tun, nicht aus
Loyalität ihm gegenüber, da bin ich mir sicher. Vermutlich waren sie genauso
erfreut wie Jack, dich am Straßenrand zu sehen, Danny.«
Daniel schien etwas anderes zu interessieren. Er leerte den letzten
Rest der Flasche in seinen Becher und fragte seinen Bruder: »Hat sich dein Ausflug
nach St. Non’s überhaupt gelohnt?«
»Du meinst, ob ich etwas über unseren Mr Wilson erfahren habe? Aye,
das habe ich.« Er nahm einen Schluck Wein. »Eigentlich heißt er Maclean. Sein
Diener hat ihn ein- oder zweimal ›Oberst Maclean‹
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