Licht über den Klippen
»Entfernt.«
Das schien den Händler zu beeindrucken. »Ein großer Mann, der Duke
of Ormonde. Ich kenne einige, die auf dem Kontinent unter ihm dienten und das
Gleiche denken. Er hat uns Frieden gebracht.«
Der Constable hüstelte belustigt. »Einen Frieden, der eher seinen
eigenen Bedürfnissen entsprach als den unseren oder denen von Queen Anne. Er verdient
keine Verehrung.«
»Mit Verlaub«, wandte der Händler ein, »die Anschuldigungen …«
»… kommen von Männern höheren Ranges, als Sie oder ich es sind«,
erinnerte der Constable ihn. »Von Männern, die die Wahrheit besser kennen als
wir.«
»Ist die Wahrheit das Vorrecht jener geworden, die sie sich leisten
können?«, fragte Daniel.
Der Constable musterte Daniel mit herausforderndem Blick. »Wähnen
Sie sich den Mitgliedern des Oberhauses ebenbürtig?«
»Allen zusammen? Nein, natürlich nicht. Aber einzeln? Das kommt auf
den Lord an«, antwortete Daniel.
Der Constable verzog den Mund. »Möglicherweise werden Sie früher
Gelegenheit haben, sich mit ihnen zu messen, als Sie glauben.«
Der Händler, der diese Äußerung für einen Scherz hielt, lachte. »Ich
sehe schon, dass wir uns beim Essen lebhaft unterhalten werden, meine Herren.
Ich freue mich darauf.«
»Wollen wir hoffen, dass O’Clearys Kochkünste ausreichen, uns alle
zu sättigen«, meinte der Constable.
»Machen Sie sich darüber keine Gedanken«, sagte Daniel. »Als ich das
Haus verlassen habe, war Fergal dabei, ein Essen zu kochen, das selbst einen
Seemann satt machen würde.«
DREIUNDZWANZIG
I ch hätte viel dafür
gegeben zu sehen, wie der Constable das Salzfleisch aß, doch leider bekam ich
dazu nicht die Gelegenheit. Als wir Trelowarth erreichten, übergab Daniel mich
der Obhut Fergals, der sich besorgt über meinen gesundheitlichen Zustand
äußerte und mich in mein Zimmer brachte, vorgeblich, damit ich mich ausruhen
konnte.
Er schloss die Tür leise hinter uns. »Ich weiß von den Männern, was
passiert ist, aber sagen Sie mir doch bitte mit Ihren Worten, was Sie gesehen haben
und was geredet wurde.«
Ich erzählte es ihm mit leiser Stimme, damit niemand uns hören
konnte. Fergal nickte ein- oder zweimal und fluchte ein wenig über Jacks Unbesonnenheit.
»Verschließen Sie die Tür und bleiben Sie hier drinnen, bis Sie von Danny oder
mir geholt werden.« Nachdem Fergal mir ermutigend die Schulter getätschelt
hatte, ging er hinaus und wartete auf dem Flur, bis ich die Tür hinter ihm zugeschlossen
hatte.
Als ich allein war, dachte ich nach. Was für ein verrückter Tag! Ich
war müde, wollte aber nicht schlafen, solange der Constable im Haus war.
Leider boten sich mir in dem Zimmer nicht allzu viele
Beschäftigungsmöglichkeiten. Doch dann entdeckte ich eine Zunderbüchse auf dem
Kaminsims. Damit konnte ich ein wenig üben.
Ich kniete vor der Feuerstelle nieder und besann mich auf das, was
Fergal mir am Morgen gezeigt hatte. Aber nun gelang es mir nicht einmal mehr,
einen Funken zu schlagen. Die Aufgabe erforderte so viel Konzentration, dass es
mich fast überraschte, Schritte auf dem Flur zu hören, und dann, wie Fergal vor
der Tür meinen Namen rief.
Ich legte Feuerstein und Stahl weg und erhob mich mit steifen
Gelenken, um ihn hereinzulassen.
»Die Gäste sind weg. Wenn Sie wollen, können Sie wieder
hinuntergehen. Allerdings muss ich Sie warnen: Unten tobt gerade ein kleiner
Sturm.«
Als ich auf den Treppenabsatz trat, begriff ich, was er meinte, denn
Jacks laute Stimme drang bis zu mir herauf.
»Habe ich nicht gesagt, dass ich dir dankbar bin? Soll ich dir
vielleicht die Stiefel küssen?«
»Wir haben Regeln vereinbart, Jack.« Daniel klang wie immer, wenn er
wütend war, gefährlich ruhig. »Und an diese Regeln halten wir uns. Wir nehmen
nicht, was uns nicht gehört.«
»Das ist großherzig von uns, aber …«
»Du hast einen Mann bestohlen«, fiel Daniel ihm ins Wort. »Wir sind
keine Diebe.«
Schweigen.
Fergal, der zweifelsohne nicht zum ersten Mal Zeuge derartiger
Auseinandersetzungen zwischen den Brüdern wurde, ging weiter die Treppe
hinunter. Ich blieb auf halber Höhe stehen, weil ich nicht in den Streit
hineinplatzen wollte.
Obwohl Jacks Stimme leiser wurde, konnte ich nach wie vor jedes Wort
verstehen. »Dem würde King George möglicherweise nicht beipflichten.«
»Der Prinz von Hannover ist nicht mein rechtmäßiger König«,
erwiderte Daniel. »Ich schulde ihm nichts, denn der Schmuggel ist ein ehrliches
Gewerbe. Was wir verkaufen,
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