Licht über den Klippen
Schicksal eines anderen
erfahren, denn das wäre eine zu große Last. Zum Beispiel dieser Aufstand, in
den Danny verwickelt ist. Angenommen, Sie wüssten, dass er misslingt, und
könnten uns das nicht verraten. Das würde Ihnen sicher schlaflose Nächte
bereiten.«
Er ahnte, dass das Unternehmen zum Scheitern verurteilt war.
»Nehmen Sie es sich nicht zu sehr zu Herzen«, fuhr er fort. »Der
gesunde Menschenverstand sagt einem, dass der Duke of Ormonde mit seinen Plänen
keinen Erfolg haben wird.« Fergal wandte sich ab und spuckte aus, um seine
Meinung über den Duke zu illustrieren. »Danny weiß das genauso gut wie ich,
glauben Sie mir.«
»Warum will er dann …?«
»Warum er trotzdem mitmacht?« Fergal zuckte mit den Schultern. »So
ist er nun mal. Danny hält die Ahnung, dass der Kampf nicht so enden wird, wie
er sich das wünscht, nicht davon ab, daran teilzunehmen, wenn er ihn für gerechtfertigt
hält.« Wieder sauste die Axt hernieder. »Ich will nur sagen: Egal, was Sie
wissen oder nicht wissen: Belasten Sie sich nicht damit. Wir haben keinen
Einfluss auf den Lauf der Dinge.« Er streckte die Hand nach dem nächsten Scheit
aus, hatte jedoch bereits alle gespalten.
»Sie könnten den da drüben fällen«, schlug ich vor und deutete auf
einen schlanken, schief gewachsenen Baum hinter ihm. »Er sieht aus, als würde
er sowieso bald umfallen.«
»Was, die Eberesche?« Er drehte sich um und vergewisserte sich. »Die
würde ich nie anrühren.«
»Warum nicht?«
»Das ist ein Hexenbaum. Nähert man sich ihm ohne Erlaubnis mit der
Axt, hat man den Rest seines Lebens Pech.«
Ich musste an die große alte Eiche denken, um die die Straße
herumführte und die in meiner Zeit nicht mehr stand. Daniel hatte mir geraten,
Fergal über Eichen und keltischen Glauben zu befragen, und da Fergal gerade so
gesprächig war, tat ich das nun.
»Die Eiche ist heiliger als die Eberesche«, erklärte Fergal. »Der
Volksglaube sagt, ihre Wurzeln seien mit der Unterwelt verbunden und der Baum
selbst diene als Pforte zwischen den Reichen von Schatten und Licht. Man soll
sich nie unter eine einzelne Eiche legen, sonst wacht man auf …« Er verstummte.
»Wo?«, hakte ich nach.
»An einem Ort, an dem man nicht sein sollte.«
Wie aufs Stichwort blies der Wind durch die Bäume. Plötzlich hörte
ich schwere Räder heranrollen, dann Hufschlag, und schließlich bog ein Mann auf
einem von einer stämmigen kastanienbraunen Stute gezogenen Karren ums Haus. Als
der Karren vor uns anhielt, legte Fergal die Axt weg und trat vor, um dem Mann
die Hand zu reichen. »Guten Morgen, Peter.«
»O’Cleary.« Der Mann begrüßte ihn und mich mit einem Nicken.
»Du kennst meine Schwester schon, nehme ich an«, meinte Fergal.
Jetzt wusste ich, woher das Gesicht des Mannes mir bekannt vorkam.
Er hatte nach Jacks Festnahme den Constable begleitet und später Daniel gesagt,
dass Creed ihn und die anderen gezwungen habe, ihm zu helfen.
Immer noch verlegen wegen des Zwischenfalls, verbeugte er sich leicht
vor mir. »Mistress O’Cleary.«
Dann hob er einen Sack vom Sitz seines Karrens und sagte: »Ich bin
unterwegs zum Markt und dachte mir, du hast sicher Verwendung für das hier.«
»So, so.« Fergal nahm den Sack und schaute hinein. »Du kennst mich
wirklich gut, Peter. Erst heute Morgen habe ich gedacht, dass mir der Sinn nach
Seeaal-Pastete steht.« Er bedankte sich und fügte hinzu: »Aber du brauchst mir
nichts zu schenken.«
»Nun …« Der Mann wandte den Blick ab. »Das war eine üble Sache
gestern, und ihr musstet euer Abendessen teilen. Ich weiß, dass du Seeaal
magst.« Mit einem weiteren Nicken wünschte er uns einen guten Tag, wendete den
Karren und verschwand.
Der Sack war feucht und roch nach Fisch. Als ich hineinsah,
entdeckte ich einen großen toten Aal darin.
»Er ist nicht besonders schön«, meinte Fergal, »aber daraus lässt
sich eine hervorragende Pastete machen.«
Da öffnete sich die hintere Tür des Hauses, und Jack Butler trat,
beide Hände um den Kopf gelegt, mit unsicheren Schritten heraus.
»Himmel«, klagte er, die Augen geschlossen, als schmerzte ihn der
Klang seiner eigenen Schritte. »Wo zum Teufel steckt Daniel?«
Fergal stellte sich direkt vor Jack und antwortete mit lauter
Stimme: »Er ist heute Morgen losgeritten. Wohin, weiß ich leider nicht.«
»Himmel.« Die Finger stärker gegen die Schläfen pressend, blinzelte
Jack Fergal an. »Du verdammter alter …«
»Nicht«, warnte Fergal ihn.
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