Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Licht über den Klippen

Licht über den Klippen

Titel: Licht über den Klippen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Kearsley
Vom Netzwerk:
oder eher grau im Gesicht.
    Da begriff ich.
    Denn ich spürte, wie die Veränderung sich vollzog und meine Umgebung
zu verschwimmen begann. Aus meiner Erstarrung heraus merkte ich, wie Creeds
Kopf sich mir zuwandte.
    Dann plötzlich hörte ich harten Hufschlag vom Hügel her, und Fergal
sagte: »Da kommt Danny.«
    Creed drehte sich abgelenkt in Richtung Straße.
    Ich rannte die wenigen Schritte bis zur hinteren Tür des Hauses und
stürzte in den dunklen Flur. Im selben Moment verwandelten sich die Wände in
Schatten und lösten sich auf.
    Unversehens befand ich mich auf der schattigen Straße vor Trelowarth
House, in dem hübschen geblümten Kleid, dessen dünner, ausgefranster Saum den
Kies berührte. Ich blieb mit zitternden Knien stehen.
    Der kleine Samson stürmte schwanzwedelnd und ungestüm wie immer ums
Haus herum, blieb knapp vor mir stehen und legte leicht die Ohren an.
    »Alles in Ordnung«, beruhigte ich ihn, ging in die Hocke und ließ
ihn an meinen Fingern schnüffeln. Ihr Zittern hatte ich genauso wenig im Griff
wie die Kälte, die mir über den Körper kroch. Ich holte tief Luft und
wiederholte, diesmal weniger für Samson als für mich selbst: »Alles in
Ordnung.«

SECHSUNDZWANZIG

    O bwohl das Zimmer
neben dem meinen von der Mittagssonne erhellt wurde, fröstelte ich bei dem
Gedanken, wie knapp ich einer Katastrophe entgangen war.
    Eine steife Brise vom Meer rüttelte an den Fenstern, als ich den
Raum betrat. Niemand wusste, dass ich mich hier aufhielt. Die Tür zum Flur war
verschlossen; ich war durch die Verbindungstür zu meinem eigenen Zimmer
gekommen, Ann Butlers geblümtes Kleid über dem Arm.
    Das zweite Kleid von ihr, das ich aus ihrer Zeit mitgenommen hatte.
Es erschien mir richtig, es in diesen Raum zu bringen, der einmal ihr Zimmer gewesen
war.
    An der hinteren Wand befand sich unter der Speichertreppe ein
Einbauschrank, in dem im Winter die Sommerkleidung aufbewahrt wurde und
umgekehrt. Ich schob die dicken Wollsachen beiseite, machte einen Bügel frei
und legte das geblümte Kleid sorgfältig darüber. Dann hängte ich den Bügel hinter
die anderen Sachen, wo ich bereits das ausgeblichene blaue Gewand und den
Hausmantel versteckt hatte.
    Meine Finger berührten die Seide von Daniels Banyan. Hier spürte ich
ihn stärker als anderswo, so intensiv, dass ich fast das Gefühl hatte, ich
müsste nur die Augen schließen, um mich in seine Zeit zurückzuversetzen.
    »Du bist wieder da«, hörte ich Claires Stimme. Von der offenen Tür
zu meinem Zimmer aus fragte sie: »War es ein schöner Ausflug?«
    Ich schloss die Schranktür, bevor ich mich mit schlechtem Gewissen
umdrehte und nickte. »Ja, ich bin zur Kirche hochgegangen.« Das schien Ewigkeiten
her zu sein. Hüstelnd fügte ich hinzu: »Mr Teague war dort. Er hat sich nicht
verändert.«
    Claire lächelte. »Er wird immer derselbe bleiben. Wenn er eines
Tages das Zeitliche segnet, wandert er bestimmt als Geist über den Friedhof und
hält alles in Ordnung. Hat er sich gefreut, dich zu sehen? Natürlich. Mr Teague
liebt Gesellschaft.« Ihr Blick wanderte durch den Raum. »Mein Gott, wie
verstaubt es hier ist. Den Schrank müsste man mal ausräumen.«
    »Das kann bis zum Winter warten, oder? Wenn die dicken Mäntel
sowieso rausgeholt und die Sommersachen reingehängt werden.«
    »Ja, wahrscheinlich hast du recht.« Claire musterte mich. »Ich kann
mich nicht erinnern, dich je mit hochgestecktem Haar gesehen zu haben, Eva.
Steht dir gut.«
    Das hatte ich in meiner Eile, ins Haus und in meine eigene Kleidung
zu schlüpfen, bevor mich jemand entdeckte, völlig vergessen. Ich hob die Hand
zum Kopf und ertastete eine Haarnadel. »Es ist ein bisschen aufwendig …«
    »Nein, lass es zum Lunch so.« Sie schmunzelte. »Du hast nämlich
Besuch.«
     
    Als ich Claire in die Küche folgte und die Klinge eines
Messers über das Schneidebrett scharren hörte, dachte ich: Ach, Fergal kocht.
Einen Moment lang fehlte mir die Orientierung.
    Mark saß am Tisch und schrieb in ein Notizbuch, während Susan an der
Spüle Gemüse schnitt. Ihre Aufmerksamkeit schien jedoch Oliver zu gelten, der
neben ihr an der Arbeitsfläche lehnte, nach wie vor in Radlerhose und eng
anliegendem Oberteil. Der Wind hatte sein Haar getrocknet; nur an den Schläfen
war es noch feucht von der Anstrengung, die steile Straße von St. Non’s
zurückzuradeln.
    Er begrüßte mich mit einem Grinsen. »Ich bin wieder da.«
    »Man wird ihn einfach nicht los«, bemerkte Claire liebevoll

Weitere Kostenlose Bücher