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Licht und Dunkelheit

Licht und Dunkelheit

Titel: Licht und Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Rachfahl
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Finger seiner linken Hand an die Stelle an ihrem Hals, wo er ihren Puls fühlte. Die rechte Hand ließ er locker herunterhängen. Levarda legte ihre Linke auf Lord Gregorius‘ Stirn, und er schloss die Augen. Ihre rechte Hand ließ sie langsam über sein Gesicht, seinen Hals, seine Brust herunterwandern bis zum Ende der Rippen.
    An diesem Ort verharrte sie. Mit der Bewegung ihrer rechten Hand drang ihre Energie gleichzeitig – gepaart mit der von Lord Otis – in seinen Körper ein. Ihrer aller Atem nahm einen einzigen Rhythmus auf.
    Sie konnte die dunklen Schatten, die sich minimal weiter verdichtet hatten, wahrnehmen. Auch diesmal erschien das Gesicht von Prinzessin Indiras, löste sich auf, bildete sich wieder neu.
    Sachte sandte Levarda ein feines Wasserrinnsal in die Schatten hinein. Erst wichen sie davor zurück, dann kapselten sie es ein und schnitten den Fluss ab. Mit der Luft pustete sie die Schatten beiseite, bis sie das Rinnsal wieder freigelegt hatte. Sie reduzierte es zu einem Tropfen. In den Schatten bildeten sich Löcher, die sich aber immer wieder schlossen. Sie nahm ein wenig Erde und warf sie auf die Schatten, sie explodierten sofort und die Schatten gewannen an Kraft.
    Rasch zog Levarda diese Energie zurück. Ihr Puls hatte sich beschleunigt und sie spürte, wie der hohe Lord sich unter ihren Fingern verkrampfte. Sie atmete ruhig und stetig, bis sich ihr Herzschlag auf einen gleichmäßigen Rhythmus einpendelte.
    Lord Otis blieb erstaunlich gelassen. Nur kurz hatte sie ein Zucken seiner rechten Hand wahrgenommen. Sie wagte es nicht, das Feuer zu testen. Solange sie ihre Energie fühlte, tropfte sie das Wasser auf die Schatten und wehte einen leichten Wind durch sie hindurch. Einige wenige verzogen sich daraufhin an einen anderen Ort im Körper von Lord Gregorius.
    Ihre Erschöpfung zeigte ihr an, dass sie aufhören musste. Sie zog sich zurück und Lord Otis nahm seine Finger von ihrem Hals. Sie öffnete die Augen. Lord Gregorius atmete ruhig und gleichmäßig. Seine Gesichtszüge wirkten entspannt. Sein Mund verzog sich zu einem flüchtigen Lächeln und sie fragte sich, was für eine Last er mit sich trug, dass er im wachen Zustand ihr so unnahbar und gefühlskalt erschien.
    Ein Diener kam und legte eine Decke über den hohen Lord. »Es ist lange her, dass ich ihn so entspannt habe schlafen sehen«, flüsterte der Diener offenherzig.
    Lord Otis nickte, und leise zogen sich die Offiziere mit Levarda aus dem Zimmer zurück.
     
    Die Sitzungen mit dem hohen Lord bekamen einen festen Platz in Levardas Alltag, allerdings strengten diese sie so an, dass sie am Ende immer völlig erschöpft war. Inzwischen zeigten ihre Bemühungen Fortschritte, indem die Dichte der Schatten abnahm, leider nur längst nicht in der Geschwindigkeit, wie sie es erwartet hatte.
    Nach einer Warnung an Lord Otis testete sie zuletzt das Element Feuer. Die Reaktion glich einem Vulkanausbruch und schleuderte Levarda fast aus seinem Körper, hätte ihr Mitstreiter sein Feuer nicht dagegengehalten.
    Wasser und Luft waren somit die einzigen Energieformen, die halfen.
    Inzwischen wusste Lord Otis, dass Levarda nicht nur mit der Energie des Elements Wasser umgehen konnte. Sie hoffte, dass er nicht begriff, dass ihre Fähigkeit im Umgang mit allen Elementen gleichermaßen eine absolute Seltenheit darstellte.
    Ein weiterer Monat verging, und Levarda schreckte immer mehr davor zurück, die lebensspendende Kraft des hohen Lords – so durchtränkt mit dunklen Schatten voller Energie – in das Leben Lady Smiras einzupflanzen.
    Obwohl sie Levarda regelmäßig zu sich rief, nachdem ihr Gemahl sie besucht hatte, ließ ihre Cousine doch ihre Angst und Frustration über den ausbleibenden Erfolg gnadenlos an ihr aus.
    Adrijana schimpfte mit ihrer Herrin, weil sie immer mehr an Gewicht verlor. Meist schlief sie über der Abendmahlzeit ein, die sie in ihrem Zimmer einnahm. Auch Lady Eluis bemerkte ihren Zustand und erklärte streng, dass sie sich erholen müsse.
    Also verbrachte Levarda vier Tage in ihrer Gesellschaft, wurde die ganze Zeit mit Essen vollgestopft, und niemand störte ihren Schlaf. Selbst Lady Smira hielt sich daran, nachdem ihr Lady Eluis eine Aufwartung gemacht hatte.
    Die Zeit tat ihr unglaublich gut, vor allem, weil sie mit Lady Eluis über ihr Lieblingsthema – Bihrok – sprechen konnte. Zudem fand sie die Geschichte von den dunklen Seelen in dem Märchenbuch. Hier endete sie damit, dass die Göttin Lishar ihre Botin zu dem

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