Lichtbringer - Lichtbringer
eine unsichtbare Woge lief die Magie vor ihr her und machte ihr den Weg frei.
Wieder prickelte ein Anruf in ihrer Essenz, brannte sich tief in ihre weit ausgestreckte Aura. Frafa zuckte zusammen und unterbrach die Verbindung. Es war das dritte Mal in dieser Nacht, dass Aldungan sie zu erreichen suchte, aber als Frafa endlich an einen Bahnhof gelangte und an eine öffentliche Sprechverbindung, die nicht zerstört war, nahm erneut dieser Sekretär ihren Anruf entgegen und hielt sie hin.
Was für Beweise brauchte sie noch? Warum sollte Aldungan ständig versuchen, eine magische Verbindung zu ihr herzustellen, aber ein gewöhnliches Gespräch abweisen? Wenn er nichts zu tun hatte mit den Vorfällen des Tages, warum verweigerte er sich dann einer harmlosen Aussprache? So schwer es ihr fiel, nach tausend Jahren einen neuen Weg einzuschlagen und mit ihrem Herrn zu brechen - sie konnte nicht länger nur abwarten, sich verstecken, darauf hoffen, dass sich alles von selbst löste.
Sie musste die Initiative ergreifen. Aber wie? Seit ihrer Kindheit war sie ein Teil von Aldungans Netz. Wo war ihr Platz, wenn dieses Netz sich gegen sie wandte?
Frafa dachte darüber nach, welche Freunde sie hatte, welche Bekannten. Aber es waren auch Aldungans Freunde, Aldungans Verbündete. Wer von denen würde für sie Partei ergreifen und sich gegen Aldungan stellen?
Allein der Gedanke ließ ihr den Atem stocken.
Frafa wurde bewusst, wenn sie Aldungans Welt verließ, blieb von ihrer eigenen nichts mehr übrig. Sie musste zurückgehen, weit zurück, um jemanden zu finden, der mit ihr in Verbindung stand, aber nicht mit Aldungan, von dem Aldungan nichts wusste und bei dem sie für eine Weile in Sicherheit sein mochte.
Sie erinnerte sich an Zeiten, so lange vergangen, fast schon ein anderes Leben. Doch dann fand sie jemanden. Ein ganz winziger Hoffnungsschimmer, ein Strohhalm nur, aber zumindest ein kleines Stück vertrauten Bodens, auf das sie sich retten konnte, bevor der Strom sie mit sich fortriss. Eine einzige, flüchtige Bekanntschaft, die ganz mir gehört und nichts mit meiner Arbeit für Aldungan zu tun hat.
So sieht sie also aus, dachte Frafa, die Summe eines langen, erfüllten Lebens. Eines Lebens, das sich gerade aufgelöst hatte wie eine flüchtige Illusion.
Unterwegs erkannte Frafa, dass sie immer noch das Kleid trug, das sie gestern für Aldungans Empfang angezogen hatte. Es bestand aus einem gewachsenen Garn, aus lebendigem Stoff, und es fiel Frafa nicht schwer, den Schmutz abblättern zu lassen. Dennoch, es war zu förmlich, es war hinten zu lang, und es hatte unter dem Ausflug nach Goblinheim gelitten. Es taugte nicht für eine Flucht.
Sie verließ die Stadtbahn. Frafa bevorzugte die Märkte am Grunde der Stadt, doch dorthin konnte sie nicht. Sie hatte nichts bei sich, und die Händler dort nahmen meist nur Bargeld. Ihre besseren Schneider wollte sie ebenso wenig aufsuchen, also durchstöberte sie unsicher die großen Einkaufszentren, deren Angebot vor allem auf menschliche Bedürfnisse ausgerichtet war. Viele dieser Geschäfte hatten in der Nacht geschlossen, aber die Auswahl war immer noch riesig.
Frafa kaufte zum ersten Mal in diesen Läden mit den langen Reihen fast gleichförmiger Kleidung, mit Schnitten, denen man die industrielle Fertigung anmerkte und die doch eine ungeheure Vielfalt boten. Frafa probierte Kleider an, und sie hatte das Gefühl, als würde sie ihre Haut wechseln, als würde sie zu einem jener Bürger werden, die sie in den letzten Jahrhunderten nur aus der Distanz betrachtet hatte.
Sie fühlte sich gleich ein wenig sicherer an diesem Ort, in dieser Mode, in der sie untertauchen konnte. Sicherer und zugleich freier, als streifte sie mit dem alten Kleid auch Ballast ab. Es war ein Neuanfang.
Frafa wählte ein unauffälliges Kostüm in gedeckten Farben, bequeme Schuhe und einen Hut mit einem kurzen Schleier an der Krempe. Sie bezahlte nicht mit einer ihrer Kontonummern, wie bei den kleineren Beträgen an Fernsprechgeräten. Es gab Handleser an den Kassen, die ihre Aura abtasteten und ihre Identität bestätigten wie bei einem Bankautomaten.
Frafa erwarb auch noch eine Tasche, und sie hob Bargeld ab. Als sie endlich die ganz eigene Welt der Einkaufszentren mit ihren künstlich erleuchteten Gängen, ihren Laufbändern und Expressliften verließ, verblasste der Himmel über Daugazburg bereits, und ein weiterer Morgen kündigte sich an.
Frafa nahm einen Mitfahrer, eine Luftdroschke, und ließ den
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