Lichtbringer - Lichtbringer
Nichts, was neuer war. Damit ließ sich die Zeit eingrenzen, an der zuletzt hier gearbeitet worden war: vor knapp dreihundert Jahren, kurz vor Gründung der Union.
Womöglich hatte man eben deshalb das Labor in Leuchmadans Hort verschlossen und geräumt, weil Aldungan wusste, dass er bald als Herrscher zurücktreten würde und weil dieser Ort auch nach seiner Zeit geheim bleiben und keine Aufmerksamkeit erregen sollte.
Doch Frafa erfuhr nicht nur, wann hier zuletzt gearbeitet worden war - sie konnte auch schlussfolgern, woran. In den Büchern ging es um Magie, die Magie des Lebens, und um das Blut der Erde. Das war nicht überraschend, wenn man die Natur dieses Ortes bedachte: All diese Grotten dienten nur dem Zweck, dem Blut der Erde nah zu sein, damit zu arbeiten und daran zu forschen. Hinzu kamen allerdings Bücher zu anderen Themen, die nicht so selbstverständlich waren: zur Dämonologie und zur Herstellung von magischen Herzen.
Allein aus dem Inhalt der Bibliothek schloss sie, dass die letzte Phase der Forschung an Leuchmadans Hort um die Unsterblichkeit gekreist hatte, um die Erschaffung magischer Herzen - und um deren Bearbeitung.
Doch wer hätte hier an magischen Herzen forschen sollen, und warum?
Aldungan hatte ein magisches Herz besessen, bevor diese Bibliothek eingerichtet worden war. Und nach ihm, soweit Frafa wusste, war es keinem Zauberer mehr gelungen, ein solches Herz zu erschaffen. Wem also hatte diese Forschung gedient?
Sie dachte an Aldungans Versuche, sie selbst dazu zu bewegen, ein magisches Herz zu prägen. Und an ihre Gründe, das abzulehnen - ihre ganz persönlichen Gründe. War es vor dreihundert Jahren gewesen, dass Aldungan sie zum ersten Mal darauf angesprochen hatte? Es mochte sein. Vor dreihundert Jahren hatte sie die Akademie zu Daugazburg geleitet, hatte den Höhepunkt ihrer magischen Fähigkeiten erreicht. Es wäre die richtige Zeit gewesen, nach einem Herzen zu streben wie die Zauberer der alten Tage.
Es wäre der richtige Zeitpunkt gewesen, dass Aldungan dieses Thema ansprach und ihr seine Hilfe anbot.
Aber wenn sie nun bedachte, dass zu ebenjener Zeit hier an dieser Sache geforscht worden war, dann drängte sich der Verdacht auf, dass Aldungans Angebot nichts mit Frafas Entwicklung zu tun gehabt hatte, sondern mit seinen eigenen Interessen, seinen eigenen Forschungen. Mit dem, was in den Höhlen unter der Sternenklippe vorgegangen war.
Das schuf eine Verbindung zwischen diesem Ort, Aldungan und ihr. Grund genug, nicht einfach wegzugehen, sondern mehr zu erfahren.
Und dann, unter dem steten Zupfen an ihrer Essenz, das von der Lebenskraft ausging, die im Blut der Erde lag, hatte Frafa eine Idee. Eine Idee, wie sie mehr herausfinden konnte, mehr über die Personen, die hier gewirkt hatten, und über die tatsächlich geleistete Arbeit - weit über die indirekten Hinweise hinaus, die sie den Werken der Bibliothek entnehmen konnte.
Frafa stellte das letzte Buch, in dem sie geblättert hatte, entschlossen ins Regal zurück. Sie ging in die nächste Schreibstube, sah die leer geräumten Schreibtische, die vertrockneten Tintenstifte und die vergilbten, unbeschriebenen Blätter, die unten in einer Schublade vergessen worden waren.
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Thaumagel - Zähflüssige, natürlich vorkommende Substanz mit arkanen Eigenschaften, im Volksmund auch als »Blut der Erde« bekannt. Zwischen unterschiedlichen Reservoirs von Thaumagel entsteht eine hohe Anziehungskraft, die sich durch thaumaturgische Maßnahmen leicht abschirmen, umkehren oder anderweitig manipulieren lässt. Die daraus resultierenden vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten sind Grundlage der *Thaumakinetik.
In gereinigter Form lässt sich Thaumagel stark verdichten, was die Anziehungskräfte erhöht bei gleichzeitig geringerem Volumen. Allerdings ist Thaumagel hochgradig mutagen. Schon der Kontakt mit kleinsten Mengen führt im Allgemeinen zu letalen Schäden. Die Anwendung von Thaumagel ist dementsprechend nur unter hohen Sicherheitsauflagen erlaubt und erfordert eine aufwendige Abschirmung.
Aus: »T ECHNIKLEXIKON «, VON I SKWELZA VON D AUGAZBURG
19. Lichtmond 282 GdU, an der Sternenklippe
Die Sternenklippe kam in Sicht.
Majestätisch schwebte die Lichtbringer unter dünnen Wolkenfetzen vor einem stahlblauen Himmel. Das Sonnenlicht warf harte Schatten von den Aufbauten über das Deck.
Rudrogeit stand auf dem schmalen Steg vor der Brücke und betrachtete den schroffen Fels durch den Feldstecher. Er drehte
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