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Lichterfest

Lichterfest

Titel: Lichterfest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sunil Mann
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spielen in der Straßenbahn? Von Tür zu Tür gehen und Reispäckchen für ökumenische Hilfswerke verkaufen?«
    Ich zuckte mit den Schultern. »Du könntest zum Beispiel einen Beautysalon aufmachen, davon hast du doch Ahnung.«
    Sie kniff empört die Augen zusammen. »Ich kenne Leute, die so was machen. Die sagen, manchmal würde man am liebsten zu Klauenhammer und Lötkolben greifen und dann wäre es immer noch einfacher, aus einem Traktor einen Ferrari zu basteln. Zudem diese ganzen Chemikalien … das ist ganz schlecht für die Hände.«
    Ich überlegte. »Wie wär’s als Bardame?«
    Miranda lachte spitz. »Ich? Thekenschlampe? Großer Ab-, aber kaum Umsatz. Nein, nein, mein Lieber, das ginge niemals gut.« Sie hielt inne und seufzte dann. »Verstehst du, ich weiß einfach nicht, was ich mit meinem Leben anfangen soll. Es kommt mir vor, als hätte ich bisher noch nichts erreicht. Die Jahre fliegen nur so an mir vorbei und ich stecke verdammt noch mal fest. Das kann doch unmöglich schon alles gewesen sein. Ich wollte doch noch so vieles, weißt du: Aben teuer erleben, aufregende Dinge tun, einfach fantastisch sein. Manchmal fühle ich mich so nutzlos und verbraucht. Alt.«
    »Aber du bist doch erst …«
    »Pass auf, was du sagst«, zischte Miranda scharf, und an der Spülmaschine lächelte Litsche, von der böse Zungen behaupteten, sie sei früher mal ein Mann gewesen, süffisant vor sich hin.
    »Du hast eine weit vorgezogene Midlife-Crisis, würde ich in dem Fall sagen.«
    »Na toll, es gibt einen Namen dafür, aber ändern tut das rein gar nichts.« Sie trank das Glas in einem Zug aus und bestellte sich mit einem eindeutigen Nicken einen weiteren Drink. Nach kurzem Überlegen wandte sie sich wieder mir zu: »Aber was ist, wenn jetzt tatsächlich die Hormone durchzudrehen beginnen? Dann stecke ich echt in der Scheiße, Mann.«
    »Wieso? Da müssen wir doch alle durch, Frauen und Männer.«
    »Eben!« Dramatisch riss sie die Augen auf.
    Es dauerte einen Moment, bis ich begriff. »Ach so, du Ärmste! In deinen Adern schwimmen derart viele Hormone, dass denen das Blut gerade noch als Gleitmittel dient.« Ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen. »Das heißt, du wirst dir zuerst ein teures Cabrio oder Motorrad kaufen, eine Lederjacke natürlich auch und beginnst dann, jungen Dingern nachzuglotzen und die Nächte in Diskotheken durchzutanzen, danach bekommst du Hitzewallungen, Schweißausbrüche, leidest an Stimmungsschwankungen und Libidoverlust und deine Knochen werden brüchig. Vielleicht auch alles auf einmal. Meine Liebe, du bist echt nicht zu beneiden.«
    »Vielen Dank für die Aufmunterung! Vielleicht existiert ja eine Substanz, die einen außer Gefecht setzt, bis das alles vorbei ist? Litsche?«
    Die Bedienung, die gerade Mirandas Drink hingestellt hatte, hob ratlos die Hände, wirkte aber mit einem Mal sehr interessiert.
    »Apropos Substanz …« Miranda tippte sich an die Nase und verschwand erneut auf der Toilette. Wieder zurück, zwinkerte sie mir zu, als sie das Glas ansetzte. »Und wie läuft’s bei dir, Sherlock?«
    Ich verzog das Gesicht. »Auf aussichtsloser Suche nach einer Putzfrau.«
    »Schaffst du die beiden Zimmer nicht mehr allein?«
    »Ist ein Auftrag, aber es läuft harzig.«
    »Und die Putze war so tüchtig, dass dir einer Geld in den Arsch schiebt, damit du sie auftreibst?«
    »Scheint so, aber ich vermute, da ist was faul.«
    »Natürlich.« Miranda fischte einen Eiswürfel aus ihrem Glas und schob ihn in den Mund. »Die hat wahrscheinlich mehr als nur sauber gemacht.«
    »Das denke ich auch.«
    Als ich ihr die Summe nannte, die mir Blanchard geboten hatte, zerbiss Miranda knirschend den Eiswürfel und pfiff durch die Zähne. »Da hat aber eine zünftig geschrubbt!«
    »Vielleicht kennst du sie. Rosa Maria Perez Martinez de la Cruz.«
    »Ist das eine Person?«
    »Wohnt gleich ums Eck an der Brauer, scheint aber wie vom Boden verschluckt. Letzthin hat man versucht, bei ihr einzubrechen. Irgendetwas scheint tatsächlich nicht ganz sauber zu sein.«
    »Ausgerechnet bei einer Putzfrau! Ich könnte ja mal rein zufällig vorbeigehen. Ich hab da noch ein paar reizende alte Freundinnen, die sich sicher freuen würden, mich in ihrem Revier wiederzusehen.«
    »Etwa die Lady in Lackmontur?«
    »Die passt da noch rein?«
    »Teile von ihr zumindest.«
    »Ich wette, die falschen.«

Dienstag
    Ohrenbetäubendes Hämmern riss mich aus dem Tiefschlaf. Ich fuhr hoch, blickte mich verwirrt um, fand

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