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Lichterfest

Lichterfest

Titel: Lichterfest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sunil Mann
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Sake, japanisches Bier und Pflaumenlikör.«
    »Nun, wenn das so ist …«
    »Ich weiß doch, was meine Kundschaft braucht. Das habe ich immer getan.« Sie zwinkerte uns zu. »Im Ernst, Jungs. Klappt das mit der Nudelbar, beginne ich ein anderes Leben. Ihr werdet eine ganz neue Miranda kennenlernen. Natürlich werde ich etwas seriöser leben müssen, eine dauerbesoffene Nudelbarinhaberin würde sich kaum gut machen.« Sie öffnete ihre Handtasche und funkelte uns übermütig an. »Aber noch ist es nicht so weit!«, kreischte sie aufgedreht, zog eine Proseccoflasche heraus und ließ den Korken knallen. »Lasst uns anstoßen!«
     
    Nachdem wir die erste Flasche geleert hatten, der Rest der zweiten in den Gläsern schwappte und sich damit auch die aufgekratzte Stimmung etwas gelegt hatte, setzten wir uns wieder aufs Sofa, während José im nahe gelegenen Supermarkt Nachschub besorgte.
    »Was ist das denn?«, erkundigte sich Miranda, während sie sich die Fotos ansah, die immer noch auf dem Tisch lagen.
    Ich seufzte. »Ein rätselhafter Fall, den ich nicht lösen kann.«
    »Kompliziert, hm?«
    Ich nickte resigniert.
    »Die hat aber auch schon besser ausgesehen.« Sie hob das Bild von Alice Graf hoch. »Sonst hat die doch immer Stil.«
    … selbst zum Einkaufen geht sie wie aus dem Ei gepellt …, echote Claires Stimme in meinem Kopf. Ruckartig richtete ich mich auf.
    »Was sagst du da?«
    »Nun, normalerweise hat die Frau Stil. Dafür ist sie ja bekannt. Etwas altmodisch vielleicht für meinen Geschmack, aber im Vergleich zu vielen Frauen in der Politik wählt sie sich ihre Sachen nicht mit verbundenen Augen im Versandhauskatalog aus. Auf dem Foto aber sitzt sie in diesem sandfarbenen Irgendwas rum, das bestenfalls wie ein Morgenmantel aussieht, die Haare sind unordentlich … und sieh dir bloß die Schuhe an! Sind das zitronengelbe Sandalen? Die passen ja überhaupt nicht zum Kleid! Und auch nicht zur Jahreszeit. Die muss ja echt hinüber gewesen sein, dass sie sich so ablichten lässt.«
    Ich starrte sekundenlang auf die Aufnahme, dann begann ich hastig den Stapel von Illustrierten zu durchwühlen, bis ich die Zeitung in den Händen hielt. Mit zittrigen Fingern durchblätterte ich sie, dann hatte ich das Bild gefunden.
    »Und das hat sie etwa eine Stunde davor getragen.« Ich tippte aufgeregt auf das kornblumenblaue Deuxpièces und die cremefarbenen Schuhe, in welchen Alice Graf zur Kindergarteneinweihung erschienen war.
    »Sie hat zwischendurch ihre Kleidung gewechselt«, stellte Miranda erstaunt fest. »Wozu?«
    »Dafür suche ich gerade eine plausible Erklärung.«
    Ich konnte davon ausgehen, dass Alice Graf sich kaum hinter den Bougainvilleen umgezogen hatte. Demnach hatte sie dies erst getan, nachdem sie das Haus betreten hatte.
    »Vielleicht ist sie eine starke Schwitzerin? Ich hatte einmal einen Stammkunden …«
    Ich schnaubte ungehalten. »Miranda, ich versuche nachzudenken!«
    »Ich wollte ja nur helfen.« Beleidigt schürzte sie die Lippen, verschränkte die Arme und schlug die Beine übereinander.
    »Und wenn sie von einem vorbeifahrenden Auto nass gespritzt worden ist, während sie auf den Bus gewartet hat?«, meldete sie sich bereits nach wenigen Sekunden wieder zu Wort.
    »Sie ist nicht die Art von Frau, die mit dem Bus zu Veranstaltungen fährt. Zudem war sie am Montag mit ihrem BMW unterwegs und geregnet hat’s auch nicht.«
    »Verstehe.«
    Fieberhaft überlegte ich, was vorgefallen sein könnte, doch wie ich es auch wendete, ich kam immer wieder auf dieselbe Lösung: Sie hatte sich umgezogen, nachdem sie ihren Mann aufgespießt gefunden hatte. Was mir äußerst merkwürdig vorkam. Auch wenn Frauen grundlegend anders tickten – mein erster Gedanke wäre in dieser Situation jedenfalls nicht mein Outfit gewesen.
    »Was ist?«
    José kehrte zurück und riss mich aus meinen Gedankengängen. Er trug eine Plastiktüte, in der sich deutlich drei bauchige Flaschen abzeichneten. Rasch erläuterte ich ihm die neusten Entdeckungen, die ich Miranda zu verdanken hatte.
    »Hm«, machte José nur, während er aufmerksam die beiden Bilder studierte.
    »Ich sehe nur einen plausiblen Grund, weshalb sie das Kleid gewechselt hat: Es war voller Blut.«
    »Aber wie denn? Ihr Mann hing ja schon dort, und allzu nah an ihn ran kam sie auch nicht, da die Spieße noch aus ihm herausragten«, wandte José ein.
    »Vielleicht ist noch Blut aus ihm rausgespritzt?«, warf Miranda ein.
    »Du guckst zu viele Horrorfilme. So viel

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